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Drei zufällige Entdeckungen der Wissenschaft

Die Radioaktivität, ein Medikament, das bei Organtransplantationen zum Einsatz kommt, und die Mikrowelle haben eines gemeinsam: Sie alle wurden durch Zufall entdeckt. Aber wie groß ist die Rolle des Zufalls bei diesen Entdeckungen wirklich gewesen? Und was haben ein norwegischer Pilz, ein bedeckter Himmel und ein Schokoriegel mit dem Ganzen zu tun?
SSC, 25.04.2025
Symbolbild Zufälle in der Wissenschaft

© gorodenkoff (Hintergrund) und JuSun (Würfel), beide iStock

Normalerweise gehen Wissenschaftler immer mit einem bestimmten Ziel an ihre Forschungsarbeiten heran: Sie wollen Theorie A beweisen, Hypothese B überprüfen oder mehr über C herausfinden. Doch viele Entdeckungen und Dinge, die wir aus dem Alltag kennen, sind vor allem einem ganz bestimmten Faktor zu verdanken: dem Zufall. Ein berühmtes Beispiel für „Forscher Zufall“, das vermutlich die meisten von uns kennen, ist die Entdeckung des Antibiotikums Penicillin.

Der Mikrobiologe Alexander Fleming hatte einen Versuch mit Bakterienkulturen versehentlich ungekühlt stehen lassen. Nachdem er aus dem Urlaub zurückgekehrt war, bemerkte er, dass in die Bakterienkulturen hineingeratene Schimmelpilze das Wachstum der Bakterien gehemmt hatten. Doch es gibt noch weitere Fälle, in denen der Zufall der Wissenschaft unter die Arme gegriffen hat. Wir stellen drei davon vor.

Hochland von Hardangervidda
Mitte des vergangenen Jahrhunderts sammelten Forscher auf der Suche nach neuen pharmakologisch wirksamen Substanzen Bodenproben, wohin immer sie reisten. 1969 sorgte ein Mitbringsel ais Hardangervidda in Norwegen für die Entdeckung des Cyclosporins.

Nummer 1: Eine norwegische Bodenprobe revolutioniert Organtransplantationen

Nach der Entdeckung des Penicillins suchten Firmen mithilfe von Bodenproben nach weiteren Antibiotika. In einer Bodenprobe, die ein Mitarbeiter des schweizerischen Pharmaunternehmens Sandoz aus seinem Urlaub in Norwegen mitgebracht hatte, sollten die Wissenschaftler Anfang der 1970er Jahre zwar keine Schimmelpilze mit bakterientötender Wirkung finden, dafür aber einen Stoff, der die Organtransplantation revolutionieren sollte.

Dabei handelte es sich um Cyclosporin, welches sich aus zwei Schlauchpilzen isolieren lässt und gezielt Lymphozytenkulturen hemmen kann. Es kann also einen bestimmten Teil des Immunsystems unterdrücken und so das Infektionsrisiko verringern und zugleich verhindern, dass der Körper transplantierte Organe als fremd erkennt.

Die medizinische Fachwelt erkannte rasch das große Potenzial dieser Substanz: Bereits 1982 fand Cyclosporin mit großem Erfolg Anwendung bei Transplantationen. Die Überlebensraten von Patienten mit Organtransplantationen verbesserten sich dadurch schlagartig.

Porträtfoto Henri Bequerels von Paul Nadar und Belichtungsspuren auf seiner Fotoplatte.
Henri Bequerel und die verräterischen Belichtungsspuren auf seiner Fotoplatte.

© Gemeinfrei

Nummer 2: Fehlende Sonnenstrahlen und die Radioaktivität

Der französische Physiker Henri Becquerel beschäftigte sich im Jahr 1896 mit den vor einem Jahr durch Wilhelm Conrad Röntgen entdeckten Röntgenstrahlen. Becquerel vermutete, dass Sonnenlicht in der Lage ist, fluoreszierendes Material zur Abgabe von Röntgenstrahlen anzuregen. Um seine Theorie zu überprüfen, umwickelte er eine Fotoplatte mit schwarzem Papier und Alufolie, legte Uran-Kristalle darauf und ließ die Sonne darauf scheinen. Der Film wurde belichtet – Becquerels Theorie schien sich bestätigt zu haben.

Ein paar Tage später wollte der Physiker das Experiment wiederholen, doch es gab ein Problem: Drei Tage lang war es in Paris bedeckt – der nötige Sonnenschein fehlte. Also bewahrte Becquerel die Fotoplatte während dieser Zeit in seiner Schublade auf und hoffte auf besseres Wetter. Als er die Fotoplatte schließlich wieder aus der dunklen Schublade holte, fand er darauf überraschend Abdrücke der Uran-Kristalle. Das Uran hatte die Fotoplatte auch ohne Anregung durch Sonnenlicht geschwärzt.

Eine unbekannte Strahlung schien ohne Anregung aus dem Uran zu entstehen, Fotoplatten zu schwärzen und sogar durch das schwarze Papier zu dringen. In weiteren Versuchen fand Becquerel heraus, dass das uranhaltige Material die Fotoplatte komplett allein belichtet hatte und dass sich dessen Strahlung durch Metallgegenstände wie etwa eine Münze abschirmen lässt. So führte der bedeckte Himmel schließlich zur Entdeckung der Radioaktivität.

RadarRange-Modell der Firma Raytheon in der Kombüse des Handelsschiffes mit Atomantrieb, der NS Savannah
Mehr Zukunft ging nicht: frühes RadarRange-Modell der Firma Raytheon in der Kombüse des ersten Handelsschiffes mit Atomantrieb, der NS Savannah.

Nummer 3: Spencers schmelzender Schokoriegel

Mit etwas ganz anderem beschäftigt war der US-Amerikaner Percy Spencer. Er arbeitete mit Magnetronen für Radaranlagen für die Rüstungsfirma Raytheon. Schon zuvor war Technikern aufgefallen, dass das Magnetron neben elektromagnetischen Wellen auch Wärme erzeugt, doch eine Idee zur Anwendung gab es nicht. Beim Arbeiten an einem Radargerät bemerkte Spencer, wie ein Schokoriegel in seiner Tasche schmolz. Das brachte ihn auf die Idee, Speisen mithilfe des Radars zu erwärmen.

Weitere Versuche zeigten, dass Maiskörner in der Nähe des Radars aufplatzten und Eier explodierten sogar. Bald darauf wurde der erste Prototyp eines Mikrowellenherdes gebaut. Die dann im Jahr 1947 erste kommerziell erhältliche Mikrowelle namens „Radarange“ war fast 1,80 Meter groß und kostete umgerechnet 65.000 Euro.

Diese Entdeckungen sind jedoch nur einige Beispiele dafür, wie sehr der Zufall in der Geschichte der Wissenschaft mitgespielt hat. Auch in der Zukunft wird „Forscher Zufall“ bestimmt wieder das ein oder andere Mal mit im Labor stehen.

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