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Wasserstoff: Antrieb der Zukunft?

Wasserstoff liegt voll im Trend: Das energiereiche Gas gilt als wichtiger Helfer bei der Energiewende und als "grüne" Alternative zu Benzin, Diesel und Co. Denn bei Wasserstoffautos kommen aus dem Auspuff weder Kohlendioxid noch Feinstaub oder Stickoxide, sondern nur Wasserdampf. Aber wie grün ist Wasserstoff als alternativer Antrieb tatsächlich? Und wie weit sind die Technologien?
NPO, 27.01.2020

Wasserstoff ist nicht nur das häufigste Element im Universum – er hat auch eine hohe Energiedichte und ist noch dazu vielseitig einsetzbar. So kann man Wasserstoffgas direkt verbrennen, aber man kann es auch zur elektrochemischen Produktion von Strom und Wärme nutzen. Das energiereiche Gas lässt sich zudem zum Antreiben von Fahrzeugen, Schiffen und sogar Flugzeugen einsetzen. Als Abgas entsteht dann statt Feinstaub, Stickoxiden und anderen Luftschadstoffen nur Wasserdampf.

Komplexes System: Elektromotor und Leistungsregler im Motorraum, Brennstoffzelle und Wasserstofftank im Unterbau der Fahrgastzelle und Antriebsbatterie im Heck.

Fahren mit Brennstoffzellen

Beim Wasserstoffantrieb sorgen meist Brennstoffzellen dafür, dass aus dem Gas Strom für Elektromotoren entsteht. In ihnen reagieren Wasserstoff und Sauerstoff zu Wasser und produzieren dabei als Nebenprodukt Wärme und elektrischen Strom. Dieser Strom wird dann von Elektromotoren in die Bewegung der Räder, Schiffsschrauben oder Flugzeugturbinen umgesetzt.

Sonderlich effizient sind die Brennstoffzellen solcher Antriebe bislang allerdings nicht: Nur 40 bis 50 Prozent der im Wasserstoff gespeicherten Energie werden in Strom umgesetzt. Im gängigen Wasserstoffauto sind es sogar nur 30 bis 40 Prozent. Elektroautos mit Batterien erreichen dagegen einen Wirkungsgrad von rund 70 Prozent.

Dafür jedoch haben Wasserstoff-Fahrzeuge eine erheblich größere Reichweite: Während ein Elektroauto nur 150 bis 300 Kilometer weit kommt, kann ein Wasserstoffauto mit einer Tankfüllung zwischen 500 und 800 Kilometer weit fahren. Ein weiterer Vorteil: Das Auftanken dauert nur wenige Minuten – kaum länger als der gängige Tankstopp beim Benziner oder Diesel.

In ganz Deutschland gibt es gerade einmal 80 öffentlich zugängliche Wasserstoff-Tankstellen, denen etwa 18.000 Ladestationen für Elektrofahrzeuge gegenüberstehen.

iStock.com, jeremyiswild

Alternative zum klassischen Elektroauto?

Doch noch steht Wasserstoff als PKW-Antrieb ziemlich am Anfang. Weltweit waren Ende 2019 nur knapp 12.000 Brennstoffzellen-Autos zugelassen und auch die Infrastruktur für Wasserstoff-Fahrzeuge ist alles andere als üppig: In ganz Deutschland gibt es gerade einmal 80 öffentlich zugängliche Wasserstoff-Tankstellen. In anderen Ländern sieht es noch weit schlechter aus.

Hinzu kommt, dass auch die Autos selbst noch relativ teuer sind: Das kleinste Modell von Toyota oder Hyundai kostet mehr als 60.000 Euro, einen Elektrokleinwagen bekommt man schon für rund die Hälfte.  Wissenschaftler gehen aber davon aus, dass die Preise für Wasserstoffautos schon bis zum Jahr 2030 dank größerer Produktionsmengen deutlich sinken werden.

Ob sich Wasserstoff langfristig gegen die Batterie-Autos durchsetzen kann, bleibt zumindest bei PKWs dennoch offen. Immerhin fördern einige Länder die Brennstoffzell-Technologie inzwischen aktiv und haben sich konkrete Zielvorgaben gesetzt: Japan will bis zum Jahr 2030 800.000 Wasserstoffautos auf die Straße bringen, China sogar eine Million. Deutschland und Großbritannien wollen bis 2040 aus der Produktion von PKW mit Verbrennungsmotoren aussteigen. Zu welchem Teil die "Zero-Emission"-Fahrzeuge dann aber mit Batterien oder Wasserstoff angetrieben werden, bleibt vorerst offen.

Für Hochleistungs-Transportfahrzeuge wie Busse und Laster könnte Wasserstoff eine konkurrenzfähige Energiequelle werden.

Wasserstoff für Busse und LKW

Deutlich konkurrenzfähiger könnte der Wasserstoff aber bei Bussen und LKW sein. "Für Hochleistungs-Transportfahrzeuge wie Busse und Laster könnten Brennstoffzellen die beste und möglicherweise einzige realistische Zero-Carbon-Lösung sein", sagt Ian Staffell vom Imperial College London. Denn bei diesen Fahrzeugen haben Brennstoffzellen gegenüber dem Akku einige entscheidende Vorteile.

Beim Akkuantrieb erfordern das große Gewicht der Fahrzeuge und die benötigte starke Antriebskraft eine enorme Anzahl an Akkus pro Fahrzeug – das bringt zusätzliches Gewicht und nimmt Platz ein. Zudem haben Fahrzeugbatterien oft nur eine begrenzte Lebensdauer – Tesla gibt dafür zehn bis 15 Jahre an. Busse und Laster aber sind quasi im Dauereinsatz und durchlaufen entsprechend viele Ladezyklen – das verkürzt ihre Haltbarkeit zusätzlich.

Brennstoffzellen dagegen sind von Natur aus langlebiger und können auch im Dauerbetrieb problemlos immer wieder aufgetankt und entladen werden, wie Staffell erklärt. Zudem fasst der typische Tank eines Wasserstoff-Busses nur rund 40 Kilogramm komprimierten Wasserstoff und fällt damit buchstäblich kaum ins Gewicht.  Tatsächlich gibt es in Europa bereits gut 80 Brennstoffzellen-Busse, die zusammen schon rund sieben Millionen Kilometer zurückgelegt haben. Bei den LKW allerdings stagniert die Entwicklung noch – auch wegen der im Vergleich zu Dieselfahrzeugen höheren Anschaffungskosten. Das aber könnte sich mit strengen Umweltauflagen und höheren Spritpreisen ändern.

Nicht jeder Wasserstoff ist grün

Doch es bei allen Wasserstoffantrieben gibt es einen großen Haken: Bisher wird ein Großteil des weltweit erzeugten Wasserstoffs fast ausschließlich aus fossilen Brennstoffen gewonnen – zu drei Vierteln durch chemische Umwandlung aus Erdgas, aber auch aus Kohle oder Erdölkomponenten. Bei dieser Umwandlung entsteht jedoch genauso viel klimaschädliches Kohlendioxid wie bei der direkten Verbrennung der fossilen Brennstoffe. Dadurch ist die weltweite Wasserstoffproduktion jährlich für die Emission von 830 Millionen Tonnen CO2 verantwortlich – das entspricht den gesamten Treibhausgas-Emissionen Großbritanniens und Indonesiens zusammen.

Es geht aber auch anders. Statt durch chemische Umwandlung fossiler Brennstoffe kann man Wasserstoff auch durch die Elektrolyse gewinnen – durch die Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff mithilfe von Strom. Wenn für diese Wasserspaltung Strom aus erneuerbaren Energien verwendet wird, ist das Ganze sogar komplett emissionsfrei.

Das sogenannte Power-to-Gas-Konzept sieht vor, dass überschüssiger Strom dazu verwendet wird, per Wasserelektrolyse und gegebenenfalls nachgeschalteten Verarbeitungsstufen ein Brenngas zu produzieren. Dieses Brenngas kann gespeichert und später für verschiedene Zwecke verwendet werden.

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Zwischenspeicher für Wind- und Sonnenstrom

Ein weiterer Vorteil: Nutzt man den überschüssigen Wind- oder Solarstrom für die Elektrolyse, fungiert der dabei erzeugte Wasserstoff als chemischer Zwischenspeicher für die Energie. Er wird hergestellt, wenn die Anlagen mehr Strom erzeugen, als im Stromnetz benötigt wird. Herrscht dann wieder erhöhter Strombedarf, kann dieses Gas in Gaskraftwerken verbrannt oder zur Erzeugung von Strom und Wärme genutzt werden.  Wasserstoff gilt deshalb heute als einer der wichtigsten Helfer bei der Dekarbonisierung der Energiesysteme – und als wichtige Ergänzung zu erneuerbaren Energien.

Praktisch getestet wird diese Wasserstoffproduktion aus erneuerbaren Energien unter anderem im Energiepark Mainz. Hier wird seit dem Jahr 2015 Windstrom mit einer Maximalleistung von sechs Megawatt mittels Elektrolyse in Wasserstoff umgewandelt. Das Gas wird dann sowohl von Industrieverbrauchern genutzt als auch für öffentliche Wasserstoff-Tankstellen verwendet. Ein Teil des Wasserstoffs wird zudem dem Erdgas des benachbarten Stadtteils Ebersheim beigemischt. Die Betreiber werten ihr Projekt inzwischen als vollen Erfolg: Die Elektrolyseanlage funktioniere nicht nur technisch einwandfrei, sondern lasse sich in absehbarer Zukunft auch wirtschaftlich betreiben, so das Konsortium.

Ob sich Wasserstoff als Energiespeicher und Antriebsmittel durchsetzen wird, müssen die nächsten Jahre zeigen. Nach Ansicht von Experten könnte sich die Nutzung von Wasserstofftechnologien aber durchaus lohnen: "Die Welt sollte die einzigartige Chance nicht verpassen, Wasserstoff zu einem wichtigen Teil unserer sauberen und sicheren Energiezukunft zu machen", sagt Fatih Birol, Exekutivdirektor der Internationalen Energieagentur (IEA).
 

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