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Akupunktur: Was bringt sie und wie wirkt sie?
Die Akupunktur ist eine traditionelle, mehr als 2.500 Jahre alte Behandlungsmethode aus China. Dort glaubt man, dass durch Leitungsbahnen im Körper „die Lebensenergie“ fließt, das Qi. Bei Störungen dieser Energie kommt es zu Erkrankungen und Schmerzen. Um den Fluss des Qi wiederherzustellen und die Beschwerden zu lindern, setzt die traditionelle chinesischen Medizin darauf, die gestörten Leitungsbahnen mithilfe einer gezielten Reizung per Nadelstichen an bestimmten Punkten wieder freizumachen.
Dazu werden meist mehrere dünne Nadeln in die Akupunkturpunkte am Körper des Patienten gesteckt. Die Nadeln sind dabei so geschliffen, dass man nur einen kleinen Schmerz beim Einstich spürt. Die Patienten bleiben dann mit den Nadeln in ihrer Haut bis zu einer halben Stunde lang liegen. Dabei entsteht dann häufig ein dumpfes Wärmegefühl in den behandelten Bereichen. Bei der eng verwandten Akupressur wird dagegen nicht in diese Punkte gestochen, sondern sie werden mit Druck massiert oder erwärmt.
Wirkmechanismus unklar
Auch bei uns hat die Akupunktur besonders in der Schmerztherapie an Beliebtheit gewonnen und wird mittlerweile sogar von einigen Krankenkassen bei bestimmten Leiden bezahlt. Doch welche Wirkungen durch die Nadeln im Körper ausgelöst werden, ist bisher unklar – klare Belege für einen Wirkmechanismus gibt es nicht.. Manchen Forschern zufolge könnten die Nadelstiche am Körper dafür sorgen, dass im Gehirn mehr schmerzlindernde und stimmungsaufhellende Botenstoffe ausgeschüttet werden. Zu diesen sogenannten "Glückshormone" gehören unter anderem Serotonin und Endorphine.
An der Einstichstelle sollen die Akupunkturnadeln zudem weitere Stoffe freisetzen, die möglicherweise die schmerzlindernde Wirkung auslösen könnten. So konnten einige Wissenschaftler nachweisen, dass in der Nähe der Einstichstelle der Gehalt des Moleküls Adenosin auf das Mehrfache des üblichen Wertes steigt. Adenosin bildet sich normalerweise, wenn wir müde werden, und hemmt als körpereigener Botenstoff Entzündungsprozesse.
Andere gehen davon aus, dass durch das Einstechen am Akupunkturpunkt sogenannte Reflexbögen im Rückenmark aktiviert werden, die Schmerzen hemmen, die Muskulatur lockern und beispielsweise den Magen entspannen. Zudem glauben einige Forscher, dass Nerven-Schaltstellen in Gehirn und Rückenmark beeinflusst und so weniger Schmerzreize ins Großhirn geleitet werden.
Positive Effekte
Obwohl also das Wie unklar bleibt, konnten Wissenschaftler dennoch in Studien belegen, dass die Akupunktur bei manchen Krankheiten positive Wirkung haben kann. So soll die Akupunktur vor allem bei chronischen Schmerzen, wie Rücken- oder Kopfschmerzen helfen, wenn die Behandlung mehrfach wiederholt wird. Beispielsweise konnte damit in manchen Fällen die Zahl der Tage mit Kopfschmerzen auf die Hälfte reduziert werden.
Auch Beschwerden durch Gelenkverschleiß im Knie soll die Akupunktur lindern können. Gegen Migräne wird sie sogar vorbeugend angewendet. Zudem bieten manche Heilpraktiker und Mediziner sie auch bei Übelkeit nach Operationen oder einer Chemotherapie an. Zusätzlich gibt es anekdotische Hinweise darauf, dass Akupunktur bei Heuschnupfen, Menstruationsbeschwerden, allergischem Asthma oder Magen- und Darmbeschwerden helfen könnte – kontrollierte klinischen Studien liefern allerdings widersprüchliche Ergebnisse. Auch für Geburten zu einer leichteren Entbindung sollen die Nadelstiche hilfreich sein, indem sie die Frauen körperlich und mental darauf vorbereiten.
Ebenso könnten bei weiteren Krankheiten und Beschwerden wie Nackenschmerzen oder Schlaflosigkeit möglicherweise positiven Effekte erzielt werden. Zudem sollen Verspannungen in den Muskeln gelöst und die Durchblutung gefördert werden. Auch beim Abnehmen sollen die Stiche angeblich helfen können. Und sogar gegen psychische Belastungen wie Stress oder Depressionen. Bewiesen wurden diese Wirkungen aber bislang nicht.
Hilfe nur gegen die Symptome
Ob und wann eine Wirkung nach der Akupunktur eintritt, hängt dabei immer von den Beschwerden und dem Patienten ab. Bei Akupunktur gegen Stress oder bei plötzlichen Kopfschmerzen hilft die Behandlung bei einigen Menschen innerhalb weniger Stunden. Bei chronischen Schmerzen tritt eine Schmerzlinderung aber manchmal auch erst nach der fünften Sitzung und für manche Menschen auch überhaupt nicht auf.
Dabei gilt immer, dass die Akupunktur nur Symptome und nicht die Ursachen der Krankheiten behandelt. So können zum Beispiel zwar Schmerzen im Nacken gelindert werden, sie stellen sich aber nach einiger Zeit wieder ein, wenn man etwa viel am Computer arbeitet und den Nacken dabei überlastet. Gleiches gilt auch für bereits geschädigte Körperteile oder -funktionen. Wenn also zum Beispiel die Knie bei Arthrose stark abgenutzt, Knochen gebrochen sind oder etwa Gewebe nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall zerstört wurde, kann die Akupunktur den Körper davon nicht heilen.
Auch Nebenwirkungen möglich
Sie gelten zwar als selten, dennoch kann es auch durch die Akupunktur zu Nebenwirkungen kommen. Zu den häufigsten Symptomen zählen Rötungen und leichte Blutungen an der Einstichstelle, die nach rund 15 Prozent der Therapien auftreten. Wird zu tief gestochen, kann es auch zu blauen Flecken kommen. Zu Entzündungen an der Einstichstelle kommt es dagegen kaum, weil normalerweise saubere Einmalnadeln benutzt werden.
Während der Behandlung können neben den Hautreaktionen auch leichte Kreislaufprobleme auftreten, wenn bei der Akupunktur kurzzeitig der Blutdruck sinkt. Und auch Taubheitsgefühle sind möglich. Deshalb wird empfohlen, dass man nach dem Entfernen der Nadeln noch etwas liegen bleibt. Zudem ist es ratsam, nach der Akupunktur auf körperlich anstrengende Aktivitäten zu verzichten.
Stark geschwächte Menschen sollten sich generell keiner Akupunkturbehandlung unterziehen. Auch bei starken psychischen Störungen, Gerinnungsstörungen und bei Beschwerden, deren Ursache nicht geklärt ist, wird davon abgeraten. Bei schwangeren Frauen und Kindern unter zwölf Jahren sollte eine Akupunktur möglichst vermieden oder zumindest besonders vorsichtig durchgeführt werden. Für Kinder gibt es auch eine Laserakupunktur, bei der die Nervenpunkte nicht mit Nadeln, sondern mit Licht anvisiert werden. Der Effekt dieser Behandlung ist aber meist nicht ausreichend, um Schmerzen zu lindern.
Rücksprache halten
Entscheidet man sich für eine Akupunktur-Behandlung, sollte man in jedem Fall vorsichtig sein: Um das Risiko von Nebenwirkungen möglichst gering zu halten, sollte man die Behandlung mit seinem Arzt gründlich absprechen. Zudem sollte der behandelnde Therapeut unbedingt fachlich auf Akupunktur geprüft sein. Das Problem dabei ist, dass es keine weltweite einheitliche Ausbildung gibt, durch die Behandelnde ausgezeichnet werden können.
Wichtig ist, dass die Therapeuten vor der Behandlung über alle zu beachtenden Risiken aufklären. Und auch nach der Akupunktur sollte man weiter in Kontakt bleiben, um gegebenenfalls über Besserungen, Verschlechterungen oder einem Gleichbleiben der Beschwerden zu sprechen. Anhand dessen kann dann die Therapie angepasst oder, wenn nötig, auch abgebrochen werden.