“Unternehmen Olympia”
Durch die Vergabe der Winterspiele an Albertville avancierte Frankreich neben den USA zum bis dahin einzigen Land, das die Veranstaltung dreimal ausrichtete. 1924 war Chamonix, 1968 Grenoble Austragungsort gewesen.
Die erfolgreiche Kandidatur hatte Albertville der Initiative des dreifachen alpinen Ski-Olympiasiegers von 1968, Jean-Claude Killy, zu verdanken, der im Organisationskomitee als Präsident zusammen mit dem Politiker Michele Barnier fungierte. Mit staatlicher Unterstützung wollte er durch Ausrichtung der Spiele die für Wintersport und Ski-Tourismus noch kaum erschlossene Region Savoyen wirtschaftlich beleben. Die Vermarktung des “Unternehmens Olympia” gelang durch Sponsorenverträge, die Vergabe von Exklusivübertragungsrechten an eine US-Fernsehgesellschaft und durch Lizenzabkommen, mit denen Unternehmen zu “offiziellen Lieferanten” wurden.
Während der Vorbereitung mehrten sich Stimmen, die die Verteilung der Wettkämpfe auf zwölf Austragungsorte bemängelten. Zudem führten die Baumaßnahmen zu Protesten von Umweltschützern. IOC-Präsident Samaranch kündigte daraufhin an, das IOC würde künftig Spiele in verschiedenen Landesteilen bzw. grenzüberschreitend gestatten, wenn dadurch Eingriffe in die Natur abgemildert werden.
Im Hauptort Albertville kamen die Aktiven aus 64 Ländern nur zur Eröffnungs- und Schlussfeier zusammen. Die Nachwirkungen des politischen Umbruchs in Osteuropa waren beim Einmarsch der Nationen deutlich spürbar: Sportler aus Estland, Lettland und Litauen starteten erstmals seit 1936 wieder mit eigener Mannschaft und Staatsflagge, andere Teilnehmer aus der früheren Sowjetunion fanden sich im Team der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten zusammen. Nach 28 Jahren marschierten die Sportlerinnen und Sportler des vereinten Deutschland bei Winterspielen wieder zusammen ins Stadion ein.
Zu den olympischen Disziplinen kamen Short-Track-Rennen im Eisschnelllauf und der Trickskilauf auf der Buckelpiste hinzu. Erfolgreichste Teilnehmerin war die nordische Skiläuferin Ljubow Jegorowa (GUS) mit drei Gold- und zwei Silbermedaillen. Einen goldenen Abschluss ihrer Karriere feierte ihre Teamkollegin Raissa Smetanina in der Staffel: Bei fünf Olympia-Teilnahmen holte die inzwischen 39jährige Athletin zehn Medaillen.
Nach Bronze 1984 und Silber 1988 sicherten sich die russischen Eistänzer Marina Klimowa und Sergej Ponomarenko den Olympiasieg. Die Eisschnelllaufnation Niederlande feierte mit Bart Veldkamps Erfolg über 10 000 m den ersten Olympiatitel nach Piet Kleines Triumph 1976.