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Ausländische Studis in Deutschland
Xin chào, ¡Hola, Hei, Marḥaba, Priwét. Wer nach Deutschland kommt, um hier seine Hochschulkarriere zu beginnen oder ihr den letzten Schliff zu geben, der muss sich nicht nur in einem ihm vielleicht bis dato vollkommen unbekannten Bildungswesen zurechtfinden, sondern auch einer Kultur, die sich vielleicht dramatisch unterscheidet. Der folgende Artikel möchte ein kleiner Wegweiser dazu sein. Er zeigt ausländischen Studenten nicht nur einige hochschulische Grundlagen, sondern auch kleine Einblicke darüber, wie Germany und seine Bewohner ticken.
1. We all speak English – more or less
Es mag selbst in einem kulturellen Schmelztiegel wie Berlin schwierig werden, auf die schnelle jemanden zu finden, der auf Vietnamesisch oder Serbisch den Dolmetscher spielen kann. Allerdings darf man vor allem bei allen, die jünger als 40 sind, davon ausgehen, dass sie des Englischen mächtig sind. Zugegeben, unser Akzent mag häufig lustig bis grob klingen, aber man wird sich schon verständigen können.
2. Günstig sind nur staatliche Hochschulen
Wie in vielen anderen Ländern auch, so gibt es auch bei uns eine Trennung der Hochschularten, vor allem zwischen staatlichen und privaten Hochschulen. Allerdings sei angemerkt, dass die Privat-Unis, was ihre Kosten anbelangt, keinen Deut unterhalb anderen Nationen liegen.
Zwar gab es vor einigen Jahren mal den Versuch, flächendeckende Semestergebühren an öffentlichen Hochschulen einzuführen. Allerdings wurde dies nach scharfen Protesten bis auf ganz wenige Ausnahmen wieder abgeschafft. Was heute noch übrig ist, sind die Semestergebühren, die aber nicht höher als 50 Euro pro Semester beträgt.
Aber: Für ausländische Studierende aus Ländern, die nicht Mitglied von EU bzw. EWG sind, gibt es nach wie vor im Bundesland Baden-Württemberg eine Gebühr.
3. Bierchen geht immer – Zigarette nur draußen
In Deutschland gibt es einen Spruch „in jedem Klischee liegt ein Funken Wahrheit“. Und was unseren Weltruf als Bier-Nation anbelangt, stimmt er. Wir haben vielleicht nicht den höchsten Bierkonsum pro Kopf (aber fast), anderswo gibt es mehr und größere Brauereien. Aber Bier ist eben doch eine Art Nationalgetränk. Und dazu muss man folgendes wissen:
- Es ist, mit Ausnahme des Fahrersitzes in Fahrzeugen und in manchen öffentlichen Verkehrsmitteln fast überall erlaubt, Bier zu trinken – auch auf offener Straße.
- Bier zählt, weil es nur einen geringen Alkoholgehalt hat, zu jenen Getränken, die Jugendliche hier schon ab 16 konsumieren dürfen.
- Jeder Behälter, in dem man Bier kaufen kann, ist mit Pfand belegt – also nicht wegwerfen, sondern zurückbringen.
Wesentlich schärfer reguliert sind dagegen Zigaretten. Sie gibt es erst ab 18 und man sollte grundsätzlich davon ausgehen, in keinem öffentlichen Gebäude, oft auch nicht auf dazugehörigem Freigelände (etwa dem Campus) rauchen zu dürfen. Gleiches gilt auch für Kneipen und Restaurants – auch wenn es hier manchmal Ausnahmen gibt.
4. Es gibt Geld – unter Umständen
Ausländische Studierende müssen zunächst verstehen, dass dem deutschen Staat viel daran gelegen ist, dass Menschen hier ihre Ausbildung frei von externen Faktoren, etwa wirtschaftlichen Verhältnissen, genießen können. Dazu gibt es für faktisch jede Ausbildungsform eigene Programme (siehe Grafik).
Für Studierende aus dem Ausland ist dabei vor allem folgendes von Bedeutung: unsere finanzielle Studentenförderung („Bafög“) steht so erst mal nur Studierenden offen, die hierzulande ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht oder die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Aber: es gibt auch andere Mittel und Wege. Dahinter stecken zwar etwas komplizierte Gesetze. Im Zweifelsfall gibt es aber an jeder Hochschule einen Ansprechpartner mit dem zumindest die Ansprüche abgeklärt werden können. Allerdings sei unterstrichen, dass vieles davon nur EU-Bürgern zusteht - und auch nur unter klar geregelten Umständen. Wer beispielsweise ein Elternteil hat, das hier in Deutschland arbeitet, kann davon profitieren. Generell sollte man jedoch nicht vertrauen, in den Genuss dieser staatlichen Leistungen zu kommen
5. Man muss versichert sein
Deutschland ist sehr darum bemüht, dass niemand, der sich hierzulande verletzt oder krank wird, auf seinen Kosten sitzen bleibt. Wichtig ist deshalb, dass hier jedes Mitglied einer Krankenversicherung ist. Und die zahlt praktisch alles, was notwendig ist, um nach Unfall oder Krankheit wieder „wie neu“ zu werden.
Als Ausländer allerdings ist das auch ein (kleines) Dilemma: Man ist verpflichtet, ebenfalls krankenversichert zu sein, sobald man sich hier länger aufhält. Kommt man aus Ländern, bei denen man für eine Einreise ein Visum braucht, musste man diesen Nachweis sowieso erbringen. Kommt man aus der EU, lässt man sich von seiner Krankenversicherung zuhause einen europäischen Krankenschein ausstellen. Alle anderen jedoch müssen sich pflichtversichern. Das kostet je nach Kasse einen Beitrag von ungefähr 80 Euro. Wichtig: Die meisten Hochschulen verlangen bei der Einschreibung einen Versicherungsnachweis. Diese Angelegenheit also nicht schleifen lassen.
6. Selbst ist der Student
In vielen Ländern werden Studierende von den Hochschulen stark an die Hand genommen und können dort einen ähnlichen Komfort wie in einer Schule genießen. Wer hingegen nach Deutschland kommt, sollte wissen, dass hier eine Grundregel gilt: Hilf dir selbst. Es gibt zwar an jeder Hochschule genügend Anlaufstellen, bei denen Studenten bei Fragen Antworten finden. Aber was das Einschreiben anbelangt, das Ordnen der Lehrpläne, das Strukturieren des eigenen Alltags und das Lernen, ist man vollkommen auf sich gestellt.
Das ist keine Gemeinheit. Viel mehr wird das Studium nach wie vor als etwas angesehen, das aus jungen Menschen selbstständige Erwachsene machen soll. Und daher wird das mit der Selbstständigkeit vielleicht auch manchmal strenger gehandhabt, als es unbedingt nötig wäre. Aber: Im Zweifelsfall helfen Studenten sich immer gegenseitig. Das ist Ehrensache.
7. Work hard, party hard
Früher, als das System von Bachelor und Master noch nicht in Deutschland etabliert war, hatte man als Student noch mehr Freiheiten. Allerdings gilt heute hier eine eiserne Regel: Wir müssen zwar hart arbeiten, aber auch hart feiern.
Bedeutet soviel wie: Nicht wundern, wenn einen die Kommilitonen Mittwochsmittags plötzlich zu ein paar Bieren in die nächste Studentenkneipe mitnehmen wollen. Das ist hier normal. Allerdings gilt das Ganze auch umgekehrt: Egal wie hart man gefeiert hat, Vorlesungen müssen besucht werden – auch wenn man einen dicken Kopf hat.