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Der Anglikanismus: Heinrich VIII. sagt sich von Rom los
Was war der Auslöser für den Bruch mit dem Papst?
Papst Leo X. verweigerte die Zustimmung, als der englische König Heinrich VIII. seine Ehe mit Katharina von Aragonien scheiden lassen wollte. Dies versetzte Heinrich VIII. so in Zorn, dass er sich 1531 von Rom lossagte und den englischen Klerus zwang, ihn selbst als Oberhaupt der Kirche anzuerkennen. 1534 billigte das englische Parlament die so genannte Suprematsakte, die den König offiziell als »oberstes Haupt der englischen Kirche auf Erden« anerkannte.
Als nunmehr ranghöchster Geistlicher der englischen Kirche erklärte der Erzbischof von Canterbury die Ehe Heinrichs VIII. mit Katharina für nichtig und der König heiratete die von ihm geliebte Hofdame Anna Boleyn. Allerdings hielt er auch ihr nicht sehr lange die Treue, sondern schickte sie 1536 bereits aufs Schafott. Danach ging er bis zu seinem Tode 1547 noch vier weitere Ehen ein.
Warum war Heinrich ein Reformer wider Willen?
An theologischen und den Kultus betreffenden Reformen hatte er wenig Interesse. Die von Heinrich VIII. begründete englische (auf Latein »anglikanische«) Staatskirche orientierte sich in Sachen Verfassung und Dogma – mit Ausnahme der Anerkennung des Papsttums – zunächst eng am römisch-katholischen Vorbild. Dann erließen seine Theologen 1536 zehn Glaubensartikel, die die Prinzipien der Bibelauslegung und der Rechtfertigungslehre der deutschen Reformatoren unterstützten. Überdies enteignete Heinrich – für die Krone sehr lukrativ – 300 Klöster in England.
Doch nur drei Jahre später schenkte der König den konservativen Vertretern der Geistlichkeit sein Vertrauen und diese lehnten sich theologisch wieder enger an die römische Kirche an. Das so genannte Blutige Statut von 1539 verpflichtete die Engländer unter Androhung schwerster Strafen auf die römische Abendmahlslehre, bekräftigte das Zölibat der Priester und führte die Ohrenbeichte und Privatmessen wieder ein. Der äußerst rabiate König ließ 1540 seinen engen Mitarbeiter Thomas More enthaupten. Dieser hatte sich geweigert, die antipäpstliche Politik des Königs zu unterstützen.
Wann gelangte die Reformation nach England?
Erst als Heinrich VIII. 1547 starb, kam die Reformation in England substanziell weiter voran. Thronfolger Eduard war neun Jahre alt und der Lordprotektor Somerset nutzte seinen Einfluss, um die Reformation der englischen Kirche voranzutreiben. Die katholische Messe wurde endgültig abgeschafft und die Vorstellung vom Fegefeuer verworfen. Bezüglich der Rechtfertigungslehre orientierte man sich immer stärker an den Lutheranern. Außerdem wurde das Zölibat der Priester aufgehoben. Die neue reformatorische Liturgie fand im 1549 eingeführten allgemeinen Gebetbuch (Book of Common Prayer) ihren Niederschlag. Zu dieser Zeit wurde der theologische Einfluss der Lutheraner auf die anglikanische Kirche abgelöst durch den der reformierten Theologen, die sich an den Schweizer Reformatoren Zwingli und Calvin orientierten. So wirkte der reformierte Theologe Martin Bucer mehrere Jahre in Cambridge.
Wer versuchte, England zu rekatholisieren?
1553 kam es zu einer erneuten Wende, als Maria Tudor dem bereits mit 15 Jahren verstorbenen Eduard auf den Königsthron folgte. Die Tochter Heinrichs VIII. und Katharina von Aragoniens begann sofort, eine völlige Rekatholisierung Englands in die Wege zu leiten. Sie führte nach über 20 Jahren wieder die päpstliche Rechtsprechung in der englischen Kirche ein und verfolgte erbarmungslos alle protestantischen Regungen. Viele Engländer flohen aus religiösen Gründen in die Niederlande und Maria erhielt den Beinamen »die Blutige«. Ihr Schreckensregiment und ihre spanienfreundliche Politik förderten jedoch unter Englands Adel und Volk nur die Abneigung gegen das Papsttum und den römischen Katholizismus.
Wie festigte Elisabeth I. den Protestantismus?
Als Maria Ende 1558 einer Krankheit erlag, atmete das Land auf, und Elisabeth I., die Tochter Heinrichs VIII. und Anna Boleyns, bestieg den Thron. Sie errichtete von neuem eine von Rom unabhängige englische Staatskirche und führte England endgültig in das protestantische Lager. 1559 wurde die Suprematsakte von 1534 erneuert und die evangelische Liturgie aus der Zeit vor Maria wiederhergestellt. Im Jahr 1563 erhielt die anglikanische Kirche 39 Glaubensartikel, die die Lehre der englischen Kirche im reformatorischen Sinn formulierten. Damit war England endgültig ins protestantische Lager übergewechselt und wurde in der weiteren Geschichte ein, wenn nicht sogar das Hauptland des Protestantismus.
Wussten Sie, dass …
König Heinrich VIII. als junger Mann eine umfangreiche theologische Ausbildung genossen hatte und der Reformation Martin Luthers auf dem Festland zunächst sehr ablehnend gegenüberstand?
Heinrich im Jahr 1521 sogar eine Streitschrift gegen die lutherische Sakramentenlehre verfasste und dafür von Papst Leo X. den Titel »Verteidiger des Glaubens« verliehen bekam?
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