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Skelettmuskulatur: Power aus jeder Faser

Was bringen Muskeln auf die Waage?

Die für die Bewegung zuständigen Muskeln – die Skelettmuskulatur – stellen in ihrer Gesamtheit etwa 40 Prozent der gesamten Körpermasse. Muskeln erlauben die Bewegungen einzelner Körperteile und Organe. Ein Teil der Muskeln ist für den Ablauf körpereigener automatischer Funktionen zuständig. Ein anderer Teil ermöglicht die verschiedensten Körperbewegungen und unterliegt der bewussten Steuerung des Gehirns und des Nervensystems. Es gibt mehr als 640 verschiedene Muskeln.

Im menschlichen Körper finden sich drei verschiedene Typen von Muskelgewebe: Ske- lettmuskulatur, glatte Muskulatur und Herzmuskulatur. Die Skelettmuskulatur ist an die Knochen angeheftet und ermöglicht dem Körper Bewegung und Halt. Die glatte Muskulatur findet sich in den Wandungen von Hohlorganen wie der Blase und den Blutgefäßen. Die Herzmuskulatur findet sich nur in der Herzwand.

Welche Aufgaben übernehmen die Muskeln?

Die Hauptaufgabe der Skelettmuskeln ist die Bewegung des Körpers durch Zug an den einzelnen Knochen. Zusätzlich zu ihrer Bewegungsfunktion stabilisieren sie einzelne Gelenke wie Knie- und Schultergelenke. Bei all ihren Aktivitäten erzeugt die Skelettmuskulatur Wärmeenergie, die eine große Rolle bei der Aufrechterhaltung der normalen Körpertemperatur von etwa 37 ° C spielt.

Der größte Teil der Skelettmuskulatur befindet sich in einem Zustand der teilweisen Anspannung, Muskeltonus genannt. Dieser ist zuständig für die Haltung des Körpers und übt eine aufrichtende und stützende Wirkung aus.

Die Skelettmuskulatur wird auch als willkürliche Muskulatur bezeichnet, da durch sie Körperteile willentlich bewegt werden können. Im Gegensatz dazu werden die fast automatischen Bewegungen der glatten Muskulatur und der Herzmuskulatur unwillkürlich genannt.

Übrigens: Die lateinische Bezeichnung für Muskel lautet Musculus, die Verkleinerungsform vom lateinischen mus (das bedeutet: Maus). Musculus = das »Mäuslein« fand denn auch Eingang in die medizinischen Bezeichnungen, beispielsweise des deutschen Barocks: Den großen Gesäßmuskel bezeichnete man hier als »größtes arschbackmäußlein«.

Wussten Sie, dass …

der größte Muskel in unserem Körper der ist, auf dem Sie sitzen? Es ist der Musculus glutäus maximus des Gesäßes.

der stärkste Muskel – gemessen an seiner Größe – der Kaumuskel ist? Er heißt Musculus masseter und befindet sich im Bereich des Unterkiefers.

der flexibelste Muskel die Zunge ist? 14 Muskeln ermöglichen ihr die enorme Beweglichkeit.

wir zum Lächeln nur die Hälfte der 40 Gesichtsmuskeln benötigen, zum Stirnrunzeln jedoch annähernd alle? Dagegen aktiviert ein Programmierer zur Erzeugung eines lachenden Computergesichts lediglich zwei virtuelle Muskeln.

Wie kommen die Muskeln zu ihren Namen?

Die Benennung der einzelnen Skelettmuskeln richtet sich entweder nach ihrer Funktion, ihrer relativen Größe oder der Anzahl der Muskelursprünge. Ein Streckmuskel (Extensor) öffnet, ein Beugemuskel (Flexor) schließt ein Gelenk. Muskeln, deren Namen die Bezeichnung brevis (lat. kurz) enthält, sind relativ kurz, während die Bezeichnung longus (lat. lang) auf einen längeren Muskel hinweist.

Die Bezeichnung eines Muskels reflektiert auch oft Form oder Lage im Körper. So wird der Bizeps nach der Anzahl seiner Muskelursprünge auch zweiköpfiger Muskel genannt, der Trizeps ist dementsprechend dreiköpfig, der Quadrizeps vierköpfig. Die Benennung des Trapezmuskels erfolgt nach seiner Form, während der Hinterhauptmuskel nach seinem Verlauf über das Hinterhaupt benannt wird.

Die einzelnen Skelettmuskeln weisen die unterschiedlichsten Größen auf. Sie reichen vom großen Oberschenkelstrecker, der das Bein im Kniegelenk streckt, zu dem winzigen Steigbügelmuskel im Mittelohr, der gerade einmal einen Millimeter lang ist.

Müssen wir den aufrechten Gang lernen?

Nein. Dafür sorgt das Gehirn. Es steuert ununterbrochen die Anpassung des Muskeltonus in den einzelnen Muskelgruppen und sorgt so für die Einhaltung unserer aufrechten Körperhaltung im Sitzen oder Stehen. Ohne diese unterstützende Kraft könnte der Körper sein Gleichgewicht nicht halten und würde unter dem Einfluss der Schwerkraft zusammenbrechen. Im Tiefschlaf, wenn sich die Muskulatur total entspannt, geht der Muskeltonus verloren. Deswegen fällt unser Kopf zur Seite, wenn wir in aufrechter Haltung vom Schlaf überwältigt werden.

Womit köpft der Fußballspieler?

Mit dem Nacken, genauer gesagt mit der Nackenmuskulatur, die sich anspannt, wenn der Ball auf die Stirn prallt. Zur Erzeugung von Bewegung ziehen sich die hochspezialisierten Zellen des Muskelgewebes – die Muskelfasern – zusammen und kehren danach wieder zu ihrer ursprünglichen Länge zurück (Kontraktion – Expansion). Jede Muskelfaser enthält Tausende von winzigen, stabförmigen Muskelfibrillen (Myofibrillen), die in Faserrichtung verlaufen. Diese enthalten die Proteine Aktin und Myosin, die durch ihr Zusammenwirken die Muskelfasern und somit die Muskeln zur Kontraktion veranlassen.

Muskelfasern können sich auf bis zu 70 Prozent ihrer ursprünglichen Länge kontrahieren. Sie sind elastisch genug, um danach wieder zu ihrer eigentlichen Länge zurückzukehren. Je nach Größe besteht ein Skelettmuskel aus Hunderten oder Tausenden von Muskelfasern, von denen jede einen Durchmesser zwischen 0,001 und 0,1 Millimeter aufweist und bis zu 30 Zentimeter lang ist. Skelettmuskeln werden von drei dichten Bindegewebsschichten geschützt und verstärkt, nämlich der Muskelfaserhülle (Endomysium), der Muskelbündelhülle (Perimysium) und der Muskelhülle (Epimysium).

In den Muskelfibrillen sind die Aktin- und Myosinfilamente genannten fadenförmigen Gebilde in sich wiederholenden Mustern oder Segmenten angeordnet, die als Sarkomere bezeichnet werden. Die dünnen Aktinfilamente überlappen dabei die dickeren Myosinfilamente, wodurch ein gestreiftes Bild entsteht, das zu der Bezeichnung »quer gestreifte Muskulatur« geführt hat.

Warum schwinden die Muskeln im Weltall?

Die Skelettmuskulatur ist daraufhin ausgerichtet, die Last unseres Körpers auch über einen längeren Zeitraum hin zu tragen und zu bewegen. Im Weltraum führt das Fehlen der Schwerkraft praktisch zur Gewichtslosigkeit eines Körpers, die als Schwerelosigkeit bezeichnet wird. Da die Muskeln im Zustand der Schwerelosigkeit kein Gewicht tragen müssen, stehen sie auch nicht unter Belastung und beginnen deshalb langsam mit dem Abbau von Muskelzellen. Experimente, die mit Astronauten bei ihrem Aufenthalt im All durchgeführt wurden, zeigten erstaunliche Parallelen zwischen dem schwerelosigkeitsbedingten Muskelabbau im All und dem Muskelschwund auf der Erde, der aufgrund von Nichtbelastung bei Behinderungen, Erkrankungen oder auch durch längere Zeit anhaltenden Bewegungsmangel entsteht.

Die Rückbildung der Muskulatur hat keine Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der Astronauten im All. Da jedoch hauptsächlich diejenigen Muskeln betroffen sind, die für die Körperhaltung oder bestimmte Routinebewegungen wie das Gehen zuständig sind, können bei der Rückkehr zur Erde Probleme entstehen. Im Zusammenhang mit der Muskelrückbildung kommt es nämlich auch zu einer Entmineralisierung der Knochen und zu Sensibilitätsstörungen bestimmter Nervenendigungen, z. B. bei der Wahrnehmung von Vibrationen in den Füßen. Beide Phänomene sind eine Folge mangelnder Belastung.

Was bezeichnet der Arzt als …

Muskelatrophie? Die auch »Muskelschwund« genannte Abnahme der Muskelmasse oder einer Muskelgruppe ist oft die Folge von Trainingsmangel, z. B. nach Ruhigstellung einer Extremität durch einen Gipsverband.

Muskeldystrophie? Hiermit wird eine Gruppe von erblich bedingten Muskelerkrankungen bezeichnet, die zu allgemeiner Muskelschwäche führen.

Myasthenia gravis? Bei dieser autoimmunen Erkrankung kommt es durch fehlende Botenstoffe zu rascher Ermüdbarkeit und Kraftlosigkeit. Als erste Muskeln sind oft die Augenlider und die Augenmuskeln betroffen.

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