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Die dunkle Seite der Delfine

Delfine gelten gern als stets grinsende, lebensfrohe Meeresbewohner und als freundliche Retter von Schiffbrüchigen. Doch dieses heitere „Flipper-Image“ bröckelt in der Realität. Denn die Meeressäuger wurden auch schon bei Verhaltensweisen beobachtet, die wir ganz und gar nicht süß finden: Delfine vergewaltigen, sie töten den Nachwuchs von Artgenossen und sind gerne high. Ihr Dauergrinsen zeugt außerdem nicht von wahrer Freude, sondern ist anatomisch bedingt.
AMA, 14.11.2022
Großer Tümmler vor Fischschwarm

Andrea Izzotti, GettyImages

In Filmen, Serien und Büchern sind Delfine meist die Guten. Mit kunstvollen Salti und fröhlichem Flossenklatschen erheitern sie uns und retten den Tag. Doch die Realität sieht anders aus. Delfine haben auch eine dunkle Seite, die ihrem unschuldigen Image widerspricht.

Extremer Sextrieb

Delfine haben einen sehr ausgeprägten Sexualtrieb. Wenn ein Weibchen diesen nicht befriedigen möchte, nehmen sich die Männchen mitunter trotzdem das, was sie wollen. So haben Meeresbiologen vor der Küste Westaustraliens etwa schon brutale Gruppenvergewaltigungen beobachtet. Zwei bis drei männliche Tümmler „entführen“ ein Weibchen aus der Gruppe, umzingeln es und hindern es an der Flucht. Es kommt vor, dass sie sich über Wochen hinweg gewaltsam mit ihr paaren.

Im Zweifel tut es aber auch etwas anderes als ein Delfin-Weibchen. Die Männchen dieser Meeressäuger sind offenbar nicht sonderlich wählerisch, wie die amerikanische Delfin-Expertin Georgia Cranmore jüngst gegenüber der Zeitung "Welt" erklärte: „Sie versuchen es mit allem, und es muss nicht einmal lebendig sein. Sie tun es auch mit einem Abflussrohr.“

Gewöhnlicher Schweinswal (Phocoena phocoena)
Nach Delphinbesuchen werden in Dänemark, Deutschland und Schottland regelmäßig tote Schweinswale gefunden. Die im Durchschnitt nur etwa 1,5 Meter langen Tiere sind kein Gegner für den Großen Tümmler, der unser Bild von Delphinen geprägt hat.

Getötete Delfinkälber

Doch damit nicht genug: Die Meeressäuger bringen außerdem Kälber der eigenen Art um. Der schottische Meeresbiologe Ben Wilson musste bereits mitansehen, wie ein erwachsener Delfin ein wohl bereits totes Jungtier eine Stunde lang auf die Wasseroberfläche schlug. Berichten zufolge werden zudem immer mal wieder tote Delfinkälber mit Biss-Spuren, Rippenbrüchen und Prellungen an Küsten angespült.

Der Grund für dieses Verhalten könnte laut Wissenschaftlern darin liegen, dass Tiere gängiger Theorie nach von Natur aus danach streben, möglichst viele Nachkommen zu zeugen, um ihr Erbgut an die kommenden Generationen weiterzugeben. Wenn Delfine den Nachwuchs anderer Männchen töten und sich dann selbst mit dem Delfinweibchen paaren, erhöhen sie ihren Fortpflanzungserfolg af Kosten ihrer Rivalen . Ein solches Verhalten ist auch bei anderen Säugetieren wie Löwen bekannt. Delfine töten allerdings nicht nur Kälber der eigenen Art, sondern auch die von Schweinswalen. Forschende vermuten, dass sie das als eine Art „Übung“ für das Töten von Delfinkälbern tun.

High vom Kugelfisch

Als wenn diese Gewalttaten noch nicht ausreichen würden, um das Image der Delfine zum Bröckeln zu bringen, nehmen die Meeressäuger zu allem Überfluss auch noch Drogen. Bei den Dreharbeiten für eine BBC-Dokumentarserie aus dem Jahr 2014 haben Tierfilmer erstmals beobachtet, wie eine Gruppe Delfine einen Kugelfisch herumreicht. Wenn sich Kugelfische bedroht fühlen, blasen sie sich auf und produzieren ein potentes Gift zur Abwehr. Die Delfine scheinen dieses Gift bewusst in kleinen Dosen zu sich zu nehmen, um davon „high“ zu werden – so zumindest die Vermutung von Biologen.

Entgegen ihrem allgemeinen Ruf haben Delfine also durchaus auch eine weniger bekannte, dunkle Seite. Dennoch: Das macht sie nicht gleich zu Teufeln. Ähnliche Verhaltensmuster sind auch bei anderen Tierarten bekannt. Aus menschlicher Sicht mag ihr Verhalten vielleicht schockieren, doch am Ende sind Delfine trotzdem auch einfach nur Tiere.

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