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Drei geniale Pyramiden, die nicht in Ägypten stehen
Beim Wort Pyramiden denken die meisten wahrscheinlich an die Pyramiden von Gizeh. Und ihr Weltruhm kommt nicht von ungefähr. Schließlich sind die drei großen Pyramiden des Gizeh-Plateaus das letzte noch erhaltene Weltwunder der Antike und wahre Meisterwerke der Baukunst. Die größte von ihnen – die heute 138 Meter hohe Cheops-Pyramide – war über 3.500 Jahre lang das höchste Gebäude der Welt.
Doch Ägypten ist längst nicht das einzige Land, in dem Menschen beeindruckende, pyramidenförmige Gebäude errichtet haben. Wir stellen drei Pyramiden rund um den Globus vor, die ähnlich imposant sind wie die Pyramiden von Gizeh.
Nummer 1: Die Pyramide des Kukulcán, Mexiko
Unsere Reise zu den Pyramiden der Welt beginnt in Mexiko, in der Ruinenstadt Chichén Itzá. Vor rund 1000 Jahren hat das Volk der Maya dort ein Bauwerk errichtet, das Wissenschaftler bis heute verblüfft: die Pyramide des Kukulcán. Sie ist 30 Meter hoch und an allen vier Flanken mit Treppen versehen, die zu einem kleinen Tempel an der Spitze der Pyramide führen. Dort wurde einst der gefiederte Schlangengott Kukulcán verehrt, der Gott der Auferstehung.
Zweimal im Jahr – während der Tagundnachtgleichen Ende März und Ende September – demonstriert Kukulcán seine Auferstehungsfähigkeiten sogar recht bildlich. Dann wirft das Sonnenlicht nämlich einen besonderen Schatten auf eine der Pyramidentreppen und erweckt so den Eindruck, eine Schlange krieche dort hinab.
Doch die Pyramide des Kukulcán hat auch unabhängig vom Sonnenstand einen besonderen Trick auf Lager. Stellt man sich vor die Treppe an der Nordflanke und klatscht in die Hände, hallt ein ganz besonderes Echo zurück – der Ruf des Quetzal, des heiligen Vogels der Maya. Wie den Erbauern dieser Effekt gelang, stellt Akustiktechniker bis heute vor Rätsel.
Nummer 2: Die Qín-Pyramide, China
Auch in Asien gibt es Pyramiden zu bewundern, auch wenn man sie dort vielleicht nicht unbedingt vermuten würde. Eine der beeindruckendsten ist die des chinesischen Kaisers Qín Shǐhuángdì. Anders als die alten Ägypter und Maya ließ er das Monument nicht aus Steinblöcken errichten, sondern stattdessen 56 Quadratkilometer Landschaft umformen. Das entspricht der Fläche Manhattans. In der Mitte des Großprojekts haben die Arbeiter die einst 120 Meter hohe, bergartige Qín-Pyramide aufgeschüttet. Sie sollte dem Herrscher vor über 2000 Jahren als letzte Ruhestätte dienen.
Fast noch beeindruckender als der massive Umbau der Landschaft ist allerdings der Untergrund des Areals. Denn rund zwei Kilometer von seinem Grabmal entfernt hat Kaiser Qín ein Heer aus rund 8000 unsterblichen Kriegern unter der Erde platzieren lassen: die berühmte Terrakotta-Armee. Jede der lebensgroßen Soldatenfiguren war einst individuell bemalt – unter anderem in knalligem Rot, Rosa, Blau, Lila und Grün – und sollte den Kaiser bis in alle Ewigkeit beschützen.
Das ist den Kriegern sogar gewissermaßen gelungen, denn seit dem Tod des Kaisers hat niemand dessen Grabkammer geöffnet – unter anderem aus Angst vor dem Zerfall des Grabinhaltes bei Kontakt mit Sauerstoff. Doch wenn man den Schriften zeitgenössischer Chronisten glaubt, dann ist in der Kammer das gesamte Universum nachgebaut, inklusive Flüssen aus Quecksilber. Rückstände des flüssigen Metalls hat man tatsächlich überall im Boden der Anlage nachweisen können, doch ob sie wirklich zu einem unterirdischen Flusssystem gehören, ist noch unklar.
Nummer 3: VIA 57 West, Vereinigte Staaten
Pyramiden sind aber längst nicht nur ein Phänomen der Vergangenheit. Eine eindrucksvolle Pyramide der Moderne steht zum Beispiel in New York City. Dort hat sich der dänische Architekt Bjarke Ingels mit dem pyramidenförmigen Wohngebäude VIA 57 West verewigt. Es ist 142 Meter hoch und beherbergt 750 Wohnungen. Den Bewohnern stehen in ihrer Freizeit unter anderem ein Hallenschwimmbad, ein kleines Kino, eine Wellness-Lounge und ein über 2000 Quadratmeter großer begrünter Innenhof zur Verfügung.
Noch ambitioniertere Pläne für eine Wohnpyramide wurden vor einigen Jahren in Dubai vorgestellt. Auf 5,3 Quadratkilometern soll dort eine komplette Stadt in Pyramidenform entstehen, die rund einer Million Menschen Platz zum Leben und Arbeiten bietet. Noch haben die Bauarbeiten allerdings nicht begonnen.
Warum sind wir so vernarrt in Pyramiden?
Die genannten Beispiele machen nur einen winzigen Teil der Pyramidenfülle unserer Welt aus. Pyramiden stehen neben Ägypten, China, Mexiko und den USA zum Beispiel auch in Peru, Kambodscha und Indonesien, im Iran und Irak, aber auch in Frankreich und Deutschland. Hierzulande gibt es unter anderem die pyramidenförmige Autobahnkirche in Baden-Baden und die Bülow-Pyramide in Großbeeren zu bestaunen. Doch was fasziniert die Spezies Mensch so sehr an der Pyramidenform?
Archäologen gehen davon aus, dass die meisten Hochkulturen der Vergangenheit mit ihren Pyramiden Berge nachahmen wollten. Diese gelten in vielen Religionen als heilig – darunter auch im Christentum. Auch spielen Berge in vielen Schöpfungsmythen eine wichtige Rolle, zum Beispiel in Form eines Ur-Hügels, der sich aus den Ur-Fluten erhebt, oder als die Überreste göttlicher, urzeitlicher Lebewesen. Mit dem Bau der Pyramiden wollten die Menschen wahrscheinlich dem Göttlichen ihrer Welt ein Stück näher sein oder im Falle der alten Ägypter sogar den Weg ins Jenseits ebnen.
Moderne Pyramiden-Architekten hingegen gehen den Entwurf ihrer Gebäude wahrscheinlich deutlich weltlicher an. Die Form sorgt einerseits für Stabilität, sticht andererseits in einer Welt der quaderförmigen Gebäude aber auch unweigerlich hervor und sorgt so für Aufmerksamkeit.