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Elektroschrott - problematische Müllflut
Ob Handy, Fernseher oder Waschmaschine: Alles, was einen Stecker oder eine Batterie hat, wird über kurz oder lang zu Elektroschrott. 44,7 Millionen Tonnen solcher elektronischen Geräte landeten allein im Jahr 2016 weltweit im Müll - das entspricht in etwa dem Gewicht von neun Pyramiden von Gizeh oder 4.500 Eifelltürmen. Pro Kopf hat jeder Erdenbürger damit 6,1 Kilogramm elektronischen Schrott generiert.
Und es wird immer mehr: Mit der zunehmenden Technisierung und Digitalisierung unserer Gesellschaften steigt zwangsläufig auch die Zahl von Elektrogeräten. Haben sie ausgedient, werden sie zu Müll. Dabei kommt verschärfend hinzu, dass die Lebensdauer dieser Geräte dank niedriger Preise und kurzen Innovationszyklen immer weiter sinkt. Heute bleibt ein Smartphone in den USA, China oder der Europäischen Union zum Beispiel im Schnitt nicht länger als eineinhalb bis zwei Jahre bei seinem Besitzer.
Schadstoffe und wahre Schätze
Doch wohin mit all den alten Geräten? Anders als gewöhnlicher Abfall darf Elektroschrott nicht einfach über den Hausmüll entsorgt werden - unter anderem, weil er häufig Schadstoffe enthält. So können in Kühlschränken und Klimaanlagen etwa umweltschädliche FCKWs stecken und in LED-Fernsehern giftiges Quecksilber. Aus diesem Grund muss der Müll separat gesammelt, entsorgt und im Idealfall recycelt werden.
Denn im Elektroschrott stecken nicht nur problematische Stoffe, sondern auch wahre Schätze. So enthalten viele elektronische Geräte wertvolle Metalle wie Gold, Kupfer, Platin oder Palladium. Selbst begehrte Technologiemetalle wie Indium oder Seltene Erden lassen sich aus den Produkten wiedergewinnen. Allein aus dem weltweiten Schrott von 2016 hätten einer Studie zufolge Materialien im Wert von 55 Milliarden US-Dollar wiedergewonnen werden können.
Schlechte Recyclingquoten
Eine Regelung der Europäischen Union sieht daher vor, dass mindestens 45 Prozent aller Altgeräte in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt werden müssen - ab 2019 steigt diese Quote sogar auf 65 Prozent. Von solchen Recyclingraten sind viele Länder allerdings noch weit entfernt, auch Deutschland hinkt hinterher. So wurde bei uns zuletzt gerade einmal etwas mehr als 40 Prozent des Elektroschrotts recycelt.
Damit in Zukunft weniger Rohstoffe verschwendet werden, hat die Politik seit Juli 2016 auch den Handel in die Pflicht genommen: Wer in einem Geschäft ein neues Gerät kauft, darf dort ein Altgerät gleicher Art kostenlos abgeben. Ab einer Verkaufsfläche von 400 Quadratmetern müssen Elektromärkte zudem jederzeit Kleingeräte wie Smartphones zurücknehmen - auch ohne den Kauf eines Neugeräts.
Illegale Exporte
Dies soll Verbrauchern den Gang zum Recyclinghof oder speziellen Sammelstellen ersparen und sie dazu motivieren, ihre Elektrogeräte fachgerecht zu entsorgen anstatt sie in die heimische Mülltonne zu werfen oder einfach in der Schublade liegen zu lassen. Doch Untersuchungen zeigen, dass längst nicht jeder Händler seiner Verpflichtung nachkommt.
Selbst wenn der Elektroschrott korrekt eingesammelt wird, landet er aber mitnichten immer dort, wo er soll. Anstatt den Müll zu recyceln werden in Europa jedes Jahr nachweislich tausende Tonnen davon illegal ins Ausland exportiert - zum Beispiel in afrikanische Länder. Allein nach Nigeria verschifft Europa einer Studie zufolge jährlich 60.000 Tonnen Elektrogeräte, ein Viertel davon ist Schrott.
Was tun?
Es scheint daher nicht verwunderlich, dass Experten Handlungsbedarf sehen. Sie fordern angesichts der Schrottflut schon länger, dass Hersteller ihrer Produkte haltbarer und besser recycelbar machen sollen. Zum anderen ist die Politik gefragt: Sie muss Verbraucher noch besser über Entsorgungsmöglichkeiten informieren - und den Weg des Elektroschrotts lückenlos kontrollieren.