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En Garde!

Richard Steiger

Vae victis! Wehe den Besiegten! Dies galt die längste Zeit der Menschheitsgeschichte für die kriegerische Auseinandersetzung im Zweikampf. Auch wenn uns Hollywood mit seinen Filmen über D`Artagnan & Co. die Mär vom edlen Ritter erzählen will, der seinen am Boden liegenden Rivalen großmütig das Leben schenkt: Ursprünglich lebte der Zweikampf mit der Waffe von Gewalt, Brutalität und Grausamkeit. Ob bei den Gladiatorenkämpfen im alten Rom, den Ritterturnieren im Mittelalter oder dem Duell zweier eifersüchtiger Aristokraten im 18. Jahrhundert: Wenn einmal kein Blut floss, war das die Ausnahme.

Dass das Fechten aber mehr als nur Überlebenskampf sein solle, forderte der Volksdichter Hans Sachs schon im 16. Jahrhundert:
Lass Fechten gleich nur Kunstwerk sein
Ist doch die Kunst löblich und fein.

Und tatsächlich: sieht man den heutigen Spitzenfechtern bei ihrem Tanz über die Planche zu, könnte man leicht vergessen, dass unter der schützenden Maske Schweiß fließt. Wie zwei Raubtiere lauern sie in gebückter Haltung, entspinnen einen Dialog ohne Worte, ohne Mimik. Der kleine Tod, wie die Fechter einen Treffer bezeichnen, ist immer präsent. Und nur wer die im Training tausendmal eingeschliffenen Bewegungen kreativ umzusetzen weiß, kann einen Treffer landen, darf sich die Maske vom Gesicht reißen und Emotionen zeigen.

Dass die Deutschen, neben den Franzosen, Italienern, Russen und Ungarn in diesem außergewöhnlichen Sport seit langen Jahren internationale Spitze sind, hat Tradition. Schon immer haben die Germanen ihr Schwert als treuen Weggefährten geschätzt, so wie der nordische Sagenheld Siegfried, der seine Waffe auf den Namen Balmung taufte.

So ist es für den interessierten Laien auch nirgends so einfach in den Fechtsport hineinzuschnuppern wie in Deutschland. Zahlreiche Vereine bieten ein Probetraining an und stellen auch einen Großteil der nötigen Ausrüstung. Dabei sollte man sich von der Exotik dieser Sportart oder eventuellen Kosten nicht abschrecken lassen. Fechten trainiert Ausdauer, Schnelligkeit, Kraft und geistige Beweglichkeit gleichermaßen und ein Fechtanzug kostet nicht mehr als eine Laufausstattung. Auch sein Leben muss heute keiner mehr riskieren, der mit Degen, Säbel oder Florett kämpft. Den Schmiss im Gesicht riskieren heute nur noch eine Handvoll “tapfere Recken“, die letzten wahren Krieger des Abendlandes?

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