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G8 vs. G9: Schadet das Turbo-Abi der Intelligenz?
Für den gleichen Abschluss ein Jahr weniger die Schulbank drücken: So lautete die Devise der G8-Reform kurz nach der Jahrtausendwende. Nach und nach wurde die Gymnasialzeit dabei in fast allen Bundesländern in Deutschland um ein Jahr verkürzt. Das Abitur sollten Schüler nun nach acht Jahren auf dem Gymnasium ablegen – anstatt, wie zuvor in den meisten Ländern üblich, nach neun Jahren.
Durch die Umstellung sollte die Wirtschaft schneller mit Hochschulabsolventen versorgt werden. Außerdem sollten Schüler die Möglichkeit erhalten, jünger in den Arbeitsmarkt einzusteigen und damit auch im internationalen Wettbewerb bessere Chancen haben. Doch das achtjährige Gymnasium wurde schnell unpopulär, als Turbo-Abi verschrien und zum Stresstest für Schüler erklärt. Kritiker befürchteten: G8 überfordere die Schüler, raube ihnen ihre Kindheit und die nötige Zeit für geistige Reifeprozesse. Doch was ist dran an diesem Vorurteil?
Wer ist intelligenter?
Tatsächlich zeigen Studien, dass sich jedes zusätzliche Jahr Beschulung positiv auf das Abschneiden in Intelligenztests auswirkt. Doch ist dieser Effekt tatsächlich auf eine "echte" Intelligenzsteigerung zurückzuführen oder helfen den Schülern lediglich ihr höheres Alter und die in der Schule vermittelten Fähigkeiten dabei, solche Tests zu bearbeiten – etwa, weil sie schon besser lesen können oder mehr Faktenwissen haben als jüngere Kinder?
Sebastian Bergold von der Technischen Universität Dortmund und seine Kollegen haben das nun im Rahmen von zwei Studien untersucht und dabei die Intelligenzwerte von G8- und G9-beschulten Jugendlichen im Alter von 15 und 16 Jahren verglichen. Zum Zeitpunkt der Untersuchungen waren die Schüler gerade in die Oberstufe gekommen. Die G8-Schüler befanden sich somit in der zehnten, die G9-Schüler in der elften Jahrgangsstufe.
Im Auftrag der Wissenschaftler bearbeiteten insgesamt 244 G8-Schüler und 204-G9 Schüler aus Nordrhein-Westfalen den Intelligenz-Struktur-Test 2000 R. Dieser Test gilt als seriöser IQ-Test und überprüft Fähigkeiten aus unterschiedlichen Kategorien. Faktenwissen wird dabei in der Regel nicht abgefragt.
G9-Schüler liegen vorn
Die Ergebnisse scheinen deutlich: Bei beiden Studien schnitten die G9-Schüler in nahezu allen getesteten Bereichen besser ab als die G8-Schüler. Diese Differenzen zeigten sich auch dann, wenn die Forscher den Alterseffekt statistisch herausrechneten. "Die Unterschiede können also nicht vollständig durch das jüngere Alter der G8-Schüler erklärt werden", sagt Bergolds Kollegin Linda Wirthwein.
Die Auswertung der Testergebnisse deute vielmehr daraufhin, dass die Dauer der Beschulung mit einer Steigerung intelligenznaher Fähigkeiten – also einer "echten" Steigerung der Intelligenz – einhergeht. Wie genau die längere Beschulung Fähigkeiten wie logisches Schlussfolgern oder das Kurzzeitgedächtnis fördert, lässt sich aus den Daten selbst zwar nicht schlussfolgern. Es gibt jedoch Vermutungen darüber.