Lexikon

Deutscher Orden

Deutscher Ritterorden; Deutschherren; Marienritter
jüngster (nach Templern und Johanniterorden) in Palästina während der Kreuzzüge entstandener geistlicher Ritterorden; 1190 vor Akko als Spitalbrüderschaft von deutschen Kaufleuten gegründet, 1198 in einen geistlichen Ritterorden umgewandelt. Der Deutsche Orden erwarb Besitz im Mittelmeerraum, in Frankreich, vor allem aber in Livland, Preußen und Deutschland. An seiner Spitze stand der vom Generalkapitel lebenslänglich gewählte Hochmeister, beraten von den fünf Großgebietigern: Großkomtur (Stellvertreter des Hochmeisters, innere Verwaltung), Marschall (Kriegswesen), Spittler (Wohlfahrtswesen), Trappier (Bekleidungswesen) und Tressler (Finanzen). Die Zusammensetzung des Generalkapitels war nicht gesetzlich geregelt. Eine Ordensprovinz, Ballei genannt, wurde vom Landkomtur, ein Haus mit einem vollständigen Konvent von einem Komtur geleitet. Seit dem 14. Jahrhundert gab es auch Schwestern. Ordenskleid: weißer Mantel, schwarzes Kreuz.
Der erste Sitz des Hochmeisters war Akko, seit 1291 Venedig, seit 1309 die Marienburg, seit 1457 Königsberg. Als der Orden 1225 von Herzog Konrad von Masowien zur Christianisierung der Pruzzen gegen Überlassung des Kulmerlandes gerufen worden war, verlieh Kaiser Friedrich II. durch die Goldbulle von Rimini (1226) dem Hochmeister für dieses Land landesherrliche Hoheitsrechte. Die Eroberung Preußens begann unter dem Land- und Deutschmeister Hermann Balk von der Weichsel her. Die Aufnahme des Schwertbrüderordens in Livland 1237 erbrachte dessen Landdrittel Livlands; ein Vorstoß auf Nowgorod scheiterte 1242 in der Schlacht auf dem Eis des Peipussees. Ebenso wenig gelang die Unterwerfung Litauens. Kurland wurde 1267, Sudauen 1283, Semgallen 1290 erobert, 1309 (endgültig 1343) wurde Pommerellen mit Danzig erworben,
Der Verzicht Kasimirs III.
Der Verzicht Kasimirs III.
Aus dem Friedensschluss des polnischen Königs Kasimir III. Wielki mit dem Deutschen Orden in Kalisch, 8. Juli 1343:

...Es möge daher die gegenwärtige Zeit und die zukünftige Nachkommenschaft wissen, dass wir... einen dauernden Frieden schließen, der ein Ende, Verzeihung und Eintracht für alle Zukunft sein und unzerbrechlich dauern soll gegenüber allem Unrecht, allen Übeltaten, Kränkungen, Beleidigungen, Schädigungen und Streitigkeiten in Wort und Tat, die beide Parteien sich zugefügt haben. Kraft des körperlich geleisteten Eides versprechen wir, dass wir den genannten Frieden für immer als Ende, Verzeihung und Eintracht fest, freundlich und rechtskräftig halten werden...

Da wir ferner auf Eingebung des Höchsten im Vorsatz eines einmütigen Willens übereinstimmen, erkennen wir in geneigtem Vorbedacht an..., nämlich die Schenkung des Kulmer Landes, der Burg Nassau, der Dörfer Orlau und Morlin mit ihren Rechten, Freiheiten und Nutzungen... Wir, unsere Erben und alle unserer Nachfolger verzichten auf die Länder Pommerellen, Kulm und Michelau, auch auf jeden Teil davon, nach direktem oder abgeleiteten Erbrecht oder irgendeinem anderen Rechtsanspruch oder irgendeiner Gewohnheit, die wir jetzt haben oder in Zukunft haben könnten, und auf alle Ansprüche in der Gegenwart ausdrücklich, ganz und gar, eindeutig und vollständig...
1346 Nordestland von Dänemark, 1398 Gotland und 1402 als Pfandbesitz die brandenburgische Neumark (bis 1455). Damit war die größte Ausdehnung des Ordensgebiets erreicht.
Die Leistung des Ordens als staatsbildender Faktor, in Kunst, Literatur und Wissenschaft, bei der Christianisierung und Kultivierung des Landes war bedeutend. Die Gründe für den inneren Niedergang sind in der mangelnden Verwurzelung der zur Ehelosigkeit verpflichteten Ordensangehörigen im Land und im Wegfall der ursprünglichen Aufgabe nach der von Polen her erfolgenden Christianisierung der Litauer zu suchen; für den äußeren in der übermächtigen Umklammerung nach der Vereinigung Polens und Litauens 1386.
Polen kritisiert Deutschordensstaat
Polen kritisiert Deutschordensstaat
Nach der polnisch-litauischen Vereinigung 1386 verschärft sich Polens Frontstellung gegen den expansiven Deutschen Orden in von Polen beanspruchte Gebiete. Der Gelehrte Paulus Vladimiri fasst die ideologischen Argumente gegen die als Bekehrungsmission verbrämte Ostexpansion des Ordens in 52 Punkten zusammen:

1. Wenn auch die Heiden keine Schafe der Kirche sind, so sind sie doch zweifellos als Geschöpfe Schafe Christi.

3. Christliche Fürsten dürfen keine Juden und andere Heiden ohne gerechte Ursache aus ihren Wohnsitzen vertreiben oder sie berauben.
5. Es ist unerlaubt, den Heiden... ihre Herrschafts-, Besitz- und gerichtsrechte wegzunehmen, die sie ohne Sünde und von Gott als Urheber verliehen besitzen.
27. Der [deutsche[ Kaiser kann keine Erlaubnis geben, die Länder der Heiden zu besetzen...
28. Die kaiserlichen Privilegien für die Kreuztragenden von Preußen [der Deutsche Orden] und andere zur Besetzung der Heidenländer geben den Empfängern kein Recht, sondern täuschen die Christgläubigen, da derjenige, der nichts hat, auch nichts geben kann.
29. Die Kreuztragenden von Preußen [der Deutsche Orden], die mit friedlichen Heiden kämpfen, oder besser: sie angreifen, führen mit diesen keinen gerechten Krieg.
31. Es ist unerlaubt, die Heiden mit Waffen oder Bedrückung zum Glauben zu zwingen.
33. Es ist ein völlig unerträglicher Irrtum, dass Christen bei diesen Kreuzztragenden...zusammenströmen, um Hilfe beim Angriff auf friedfertige Heiden zu leisten, nur weil diese Heiden sind...
43. Wenn man die Einflle der Kreuzträger ins Heidenland oder ihr anderes Betreiben kriegerischer Geschäfte betrachtet, so ist dies als eine Art von Aberglauben zu beurteilen und nicht als ein Werk der Frömmigkeit."
1410 unterlag der Orden unter Hochmeister Ulrich von Jungingen bei Tannenberg zum ersten Mal Polen und Litauen. Heinrich von Plauen versuchte vergeblich, den Orden zu reformieren. Als er zum Krieg gegen Polen rüstete, wurde er 1414 von einer Friedenspartei gestürzt. Die mit der Ordensherrschaft unzufriedenen Stände (Adel und Städte) schlossen sich 1440 zum Preußischen Bund zusammen und bekämpften 14541466 den Orden, der im 2. Thorner Frieden Polen das Kulmerland, das Ermland und Pommerellen mit Danzig, Elbing und der Marienburg abtreten und die polnische Oberhoheit über seine restlichen Besitzungen anerkennen musste. Im Anschluss an die Reformation säkularisierte Hochmeister Albrecht von Brandenburg-Ansbach 1525 das preußische Ordensgebiet und nahm es als erbliches Herzogtum von Polen zu Lehen. 1561 nahm Gothard Kettler Kurland von Polen zu Lehen; Livland fiel an Polen, Estland an Schweden.
Der katholisch gebliebene Teil der Ordensritter behauptete sich im Besitz der Ordensgüter in Deutschland. Sitz des Deutschen Ordens wurde Mergentheim; 1809 löste Napoleon ihn auf. In Österreich nahm Franz I. den Deutschen Orden unter seinen Schutz und garantierte ihm seine Besitzungen; bis 1918 war stets ein österreichischer Erzherzog Hochmeister (Hoch- und Deutschmeister). 1929 wurde der priesterliche Zweig des Deutschen Ordens vom Papst in einen rein geistlichen Orden mit dem alten Namen Brüder des Deutschen Ordens S. Mariens zu Jerusalem umgewandelt; Sitz: Wien. Der Deutschherrenorden (als Laienorden) wurde 1960 neu gebildet; Sitz: Frankfurt am Main.
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