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Ratlosigkeit nach Bismarcks Abgang

Ratlosigkeit nach Bismarcks Abgang
Während sich im Deutschen Reich nach dem Sturz von Reichskanzler Otto von Bismarck eher Erleichterung breitmacht, zeigt sich das Ausland besorgt über den zukünftigen Kurs der deutschen Außenpolitik, wie die folgenden Pressestimmen vom März 1890 zeigen:

"Deutsche Revue", 18. 3.: "Heute ist die Krise da und ... nicht eine Hand hat sich gerührt, nicht eine Feder bewegt, so weit Personen und Blätter unabhängig sind, um für das Verbleiben des Fürsten Bismarck im Amte einzutreten. Den eisernen Kanzler hatte die Sicherheit verlassen, er begann zu schwanken, während der Wille des jugendlich-tatkräftigen Herrschers sich immer stärker betätigte ... Seit dem ersten Tage seiner Regierung hat es keine vollständige Einheit in der Staatsleitung mehr gegeben. Und wie wäre sie möglich gewesen? Dort der Kanzler, der in vormärzlicher Zeit wurzelt, in dem System Metternichs aufgewachsen ist, hier der Kaiser, der den Geist der Tage seit dem erhebenden Kriegsjahre in sich aufgenommen! Dort die bedachte Vorsicht, die Anhänglichkeit an die Überlieferung, hier der kühne Wagemut und neben dem Selbstvertrauen das Vertrauen zu anderen! Dort die Erinnerung an persönliche Gegnerschaften, hier die frische Vorurteilslosigkeit gegen alle Parteien ..."

"Soleil" (Paris), 19. 3.: "Die Schildwache des europäischen Friedens ist abgelöst, der deutsche Kaiser leitet jetzt die Regierung selbst. Von jetzt an hört er auf, unter Bismarcks Vormundschaft zu stehen. Seine Regierung aber ist das Unbekannte."
"Justice" (Paris), 19. 3.: "Niemand kann wissen, was der junge Kaiser tun wird, der sich augenblicklich dem christlichen Sozialismus hingibt."
"Fremdenblatt" (Wien), 19. 3.: "Kaiser Wilhelm wird ebenso wenig wie seine Vorgänger von dem strengen Einhalten der friedliebenden Richtung abweichen und an den Bündnissen festhalten, welche zum Nutzen der drei Reiche geschlossen worden."
21. 3.: "Der Dank des Vaterlandes wird dem Fürsten Bismarck niemals fehlen; aber man wird sich auch der Erkenntnis nicht verschließen, dass in der inneren Politik des deutschen Reichs ein durchgreifender Wandel seit langer Zeit notwendig und endlich unvermeidlich war."
"Grashdanin" (Petersburg), 20. 3.: "Der Rücktritt des Fürsten Bismarck ist ein Schauspiel, das für Deutschland ein Drama werden kann. Ist schon das Spiel mit den Sozialisten eine Gefahr, so birgt die Trennung vom Fürsten eine noch viel größere Gefahr für den Kaiser in sich ... Es gibt wohl nur wenige Deutsche, bei denen der Fürst und Deutschland nicht identisch sind."
"Times" (London), 24. 3.: "Gleichwohl liegt in dem Satz, dass der Kaiser sein eigener Kanzler sein wird, ein Körnchen Wahrheit. Das parlamentarische System wird wahrscheinlich nicht eingeführt. Aber das System der auch über die Krone ausgedehnten ministeriellen Alleinherrschaft ... wird gebrochen. Fürst Bismarck sägte den Ast ab, auf dem er saß, indem er der Krone die Freiheit verschränken wollte. Fortan wird, was Fürst Bismarck als notwendig bezeichnete, ohne dass es vorhanden war, durchgeführt: der Kaiser wird, wenn auch nicht regieren, so doch herrschen."
27. 3.:"Wenn der Kanzlerwechsel etwas geändert hat, so ist es die Stelle, auf die sich Ansehen und Verdienst der Friedenspolitik in den Augen der öffentlichen Meinung bildete, von jetzt ab will und wird es der deutsche Kaiser selbst sein. Der feste Entschluss des Kaisers, an der bisherigen Friedenspolitik festzuhalten, vermag den Verlust umso eher aufzuwiegen, als der Friedensbau heute nicht erst gezimmert zu werden braucht, sondern in festem, solidem Gefüge aller Welt vor Augen steht."
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