Lexikon

Sprachwissenschaft

Linguistik
die Wissenschaft von der (menschlichen) Sprache; sie beschäftigt sich mit der Sprache als Verständigungsmittel und als Zeichensystem, um über ihre Struktur oder über die Sprache schlechthin Aussagen zu machen. Methodisch unterscheidet man gewöhnlich:
1. die allgemeine Sprachwissenschaft (Sprachtheorie), die allen Sprachen gemeinsame Züge (Eigenschaften) festzustellen sucht. Sie ist Teil einer allgemeinen Zeichentheorie (Semiotik).
2. die historisch-vergleichende (diachrone) Sprachwissenschaft (z. B. Indoeuropäistik). Sie verfolgt Veränderungen im lautlichen System von Einzelsprachen durch Vergleich mit den lautlichen Erscheinungen genetisch verwandter Sprachen und anderer Epochen der betreffenden Einzelsprache selbst. Eines ihrer Ziele ist die Rekonstruktion der gemeinsamen Grund- bzw. Ursprache einer Sprachfamilie.
3. die synchrone oder deskriptive Sprachwissenschaft untersucht und beschreibt die Struktur einer lebenden oder toten Einzelsprache in ihrem Zustand, nicht ihrem Wandel.
Sachlich sucht die Sprachwissenschaft jede nur denkbare Seite an der menschlichen Sprache zu erfassen: Sprachlaute (Phonetik, Phonologie), Strukturen (Grammatik mit Morphologie, Lexikologie und Syntax) und Sprachinhalte (Semantik, Sprachinhaltsforschung). Im weiteren Sinne gehören zur Sprachwissenschaft Sprachpsychologie, Sprachsoziologie (Sprache in Wechselwirkung mit der Sprachgemeinschaft) und Sprachgeographie mit Dialektologie (Mundartenkunde). Methodisch werden die Ergebnisse der Sprachwissenschaft entweder systematisch als Regelwerk (Grammatik, Sprachlehre) oder anhand der Wörter (Wörterbuch, als Ergebnis der Lexikographie) oder topographisch in Sprachatlanten dargestellt.

Geschichtliches

Am Anfang der Beschäftigung mit der Sprache stand die Sprachphilosophie (Platons Kratylos). Im europäischen Mittelalter wurden speziell logische und ontologische Fragen im Zusammenhang mit der Sprache erörtert. Die Sprachwissenschaft im heutigen Sinn begann 1816 mit F. Bopps Traktat über ein Problem der morphologischen Verwandtschaft der indoeuropäischen Sprachen. In Bopps Nachfolge war die Sprachwissenschaft des 19. Jahrhunderts fast ausschließlich historisch vergleichende Indoeuropäistik. Daneben konnte sich eine geistbetonte vergleichend-allgemeine Sprachwissenschaft mit sprachtypologischen Tendenzen (W. von Humboldt,, H. Steinthal) nicht voll entfalten.
Der Aufschwung der allgemeinen Sprachwissenschaft zu Anfang des 20. Jahrhunderts geht auf F. de Saussure zurück. Gleichzeitig begann eine ständig zunehmende Internationalisierung der Sprachwissenschaft. Unabhängig von Europa entwickelte sich in den USA der Strukturalismus, in Europa u. a. vertreten durch die Prager Schule, in den USA von L. Bloomfield. Wichtig für die jüngere Entwicklung der Sprachwissenschaft sind vor allem die generative Transformationsgrammatik A. N. Chomskys, die auf den Theorien J. L. Austins und J. R. Searles fußende Sprechakttheorie sowie die Computerlinguistik.
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