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Wie gefährlich ist die Vogelgrippe?

In Deutschland starben gerade tausende Vögel an einer aggressiven Form der Vogelgrippe, zudem mussten schon mehr als 400.000 Hühner, Puten, Enten und Gänse getötet werden, um eine weitere Ausbreitung dieses Influenza-Virus zu verhindern. Aber wie bedrohlich die der aktuelle Ausbruch der Geflügelpest? Was macht das H5N1-Virus so besonders? Und wie groß ist die Gefahr für uns Menschen?
NPO, 29.10.2025
Symbolbild Vogelgrippe H5N1

© wildpixel, iStock

Die Vogelgrippe, auch Geflügelpest genannt, ist eigentlich nichts Neues: Immer wieder kommt es unter Vögeln zu Ausbrüchen von vogelspezifischen Influenzaviren. Doch seit einigen Jahren breitet sich eine besonders aggressive Variante des Vogelgrippevirus H5N1 aus. Weltweit fielen diesem Subtyp 2.3.4.4b schon Millionen Wild- und Nutzvögel zum Opfer. Auch Meeressäuger und in den USA Milchkühe wurden von diesem Virus infiziert.

Vogelgrippe breitet sich in Deutschland aus

Jetzt grassiert diese hochansteckende und aggressive Variante der H5N1-Vogelgrippe auch bei uns in Deutschland. Durch den herbstlichen Vogelzug ist es in den letzten Wochen vermehrt zu Ausbrüchen der Vogelgrippe gekommen, weil nun mehr Vögel miteinander in Kontakt kommen und sich gegenseitig anstecken können. Besonders betroffen sind zurzeit Kraniche, die auf ihrem Zug in die Winterquartiere auch bei uns in Deutschland Rast machen. Allein an den Kranich-Rastplätzen in Brandenburg sind bereits tausende Kraniche gestorben. Betroffen sind neben Kranichen aber auch verschiedene Wasservogelarten, darunter Wildenten und Gänse.

„Aufgrund der gegenwärtig starken Zugaktivität von Kranichpopulationen und anderen Wildvögeln, muss mit einer weiteren, möglicherweise großflächigen Ausbreitung von Infektionen in der nächsten Zeit gerechnet werden“, warnt das für Tierseuchen zuständige Friedrich-Loeffler-Institut (FLI). Übertragen wird das Vogelgrippe-Virus durch direkten Kontakt, aber auch durch Kot, Kadaver und andere Überreste. Weil der Erreger bei niedrigen Temperaturen wochenlang außerhalb eines Lebewesens überdauern kann, bleibt die Ansteckungsgefahr an kontaminierten Orten hoch.

Was sind die Folgen für Nutzgeflügel?

Doch nicht nur Wildvögel sind betroffen: Durch eingeschleppte Erreger oder Kontakt mit infizierten Wildvögeln hat sich auch Nutzgeflügel angesteckt. Weil in den meisten Geflügelhaltungen tausende Tiere eng zusammenleben, breitet sich die Vogelgrippe unter ihnen rapide aus. Aus Seuchenschutzgründen müssen dann die Vögel im gesamten Stall oder Betrieb getötet werden, denn ein Gegenmittel gibt es nicht.

Im aktuellen Ausbruch der Vogelgrippe mussten schon mehr als 400.000 Hühner, Puten und andere Nutzgeflügelarten getötet werden. In Mecklenburg-Vorpommern wurden allein in zwei Legehennenbetrieben zusammen rund 150.000 Tiere gekeult. 130.000 weitere Hennen mussten in Brandenburg getötet werden. Das Risiko eines Eintrags der Vogelgrippe in weitere Geflügelbestände stufen die Experten als sehr hoch ein. Auch Vögel in Zoos und Wildparks sind aktuell durch H5N1 gefährdet.

Elektronenmikroskop-Aufnahme von H5N1 (goldfarben)
Elektronenmikroskop-Aufnahme von H5N1 (goldfarben) mit den stäbchenförmigen Virionen – der extrazelluläre Form des Virus, in der es von einer Zelle zur nächsten weitergegeben wird

Wie gefährlich ist die Vogelgrippe für uns Menschen?

Bisher befällt der hochpathogene Subtyp der Influenza H5N1 vor allem Vögel, aber auch Säugetiere und Menschen können sich anstecken. Dies geschieht aber selten und meist nur durch engen Kontakt mit infizierten Vögeln oder deren Ausscheidungen. Weltweit haben sich laut Angaben des Europäischen Zentrums für Seuchenkontrolle (ECDC) in den letzten Jahren insgesamt 992 Menschen mit H5N1 angesteckt, die meisten Fälle ereigneten sich in Asien, aber auch in der Türkei, in Spanien, Großbritannien und den USA gab es Fälle.

Für uns Menschen ist das H5N1-Virus aber (noch) nicht gefährlich, in der Regel zeigen infizierte Personen nur schwache Symptome. Dies liegt unter anderem daran, dass der aktuellen Subtyp 2.3.4.4b des Influenzavirus noch nicht optimal an entsprechende Andockstellen unserer menschlichen Zellen binden kann. Allerdings: Schon eine Mutation könnte reichen, um dies zu ändern. „Unsere Experimente zeigten, dass die Q226L-Mutation die Fähigkeit des Virus, Rezeptoren vom menschlichen Typ anzugreifen und an diese zu binden, signifikant erhöhen könnte", berichtet James Paulson vom Scripps Research Institute.

Aber auch dann fehlt dem Vogelgrippevirus noch eine weitere Anpassung: H5N1 ist nicht von Mensch zu Mensch übertragbar. Anstecken können wir uns nur durch Kontakt mit infizierten Vögeln oder anderen Tieren und deren Ausscheidungen. Um über Tröpfcheninfektion oder direkten Kontakt auch von einem Menschen zum anderen zu springen, benötigt das Vogelgrippevirus noch weitere Mutationen, die seine Vermehrung und Ausscheidung in unserem Körper optimieren.

Für H5N1 ist es noch nicht so weit. Aktuell gehen die Seuchenkontrollbehörden daher nicht von einer Gefahr für uns Menschen durch die aktuelle Vogelgrippe aus. Man sollte jedoch den direkten Kontakt mit kranken oder toten Wildvögeln vermeiden. In Geflügelhaltungen werden erhöhte Schutzmaßnahmen und Desinfektionsmaßnahmen empfohlen.

Was ist mit den H5N1-Fällen bei Milchkühen?

Seit 2024 gab es in den USA zahlreiche Ausbrüche der Influenza H5N1 in Milchkuhherden, die Grippeviren wurden anschließend auch in Rohmilch und Milchprodukten nachgewiesen. Zeitweise wurden sogar bis zu 20 Prozent aller Proben von Supermarktmilch in den USA positiv auf das Influenzavirus oder Virenbestandteile getestet. Der Großteil dieser Fälle wurde aber nicht vom aggressiven Subtyp 2.3.4.4b, sondern von einer anderen, weniger pathogenen Variante verursacht.

Für uns in Europa schätzt das Friedrich-Loeffler-Institut die Gefahr für Rinder oder kontaminierte Rohmilch als sehr gering ein. "Grundlage dieser Einschätzung ist, dass nach den vorliegenden Handelsdaten weder Rohmilch noch lebende Rinder aus den USA nach Deutschland importiert werden", so das FLI. "Importierte Milcherzeugnisse sind so behandelt, dass eine Infektiosität eventuell enthaltener HPAI-Viren unwahrscheinlich ist."

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