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Endometriose: Gewebe auf Irrwegen

Endometriose ist die zweithäufigste gynäkologische Erkrankung. In Deutschland sind etwa zwei Millionen Frauen davon betroffen. Bei ihnen wächst gebärmutterähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutter, was zu zahlreichen Beschwerden führen kann. Welche Symptome treten bei der Erkrankung auf? Und wie kann sie behandelt werden?
SSC, 29.09.2025
Arzt erklärt der Patientin Veränderungen der Eierstöcke am künstlichen Modell der Gebärmutter und zeigt Ultraschallbild

© Nadzeya Haroshka, iStock

Bei Endometriose-Erkrankten vergehen vom Auftreten der ersten Symptome bis zur Diagnosestellung im Durchschnitt siebeneinhalb Jahre – bei Betroffenen mit Schmerzen sogar bis zu zehn. Auch stellen Ärzte häufiger Fehldiagnosen, wie psychisch bedingte Beschwerden oder Prämenstruelles Syndrom (PMS), als die richtige Diagnose. Das liegt vor allem daran, dass Endometriose sich sehr unterschiedlich äußert. Zu der langen Diagnosezeit trägt aber auch bei, dass manche Ärzte die Beschwerden der Patientinnen nicht ernst nehmen und als „normale“ Menstruationserscheinungen abtun. Am heutigen Tag der Endometriose wollen Mediziner und Betroffene auf die Krankheit aufmerksam machen, über Irrtümer aufklären und ihre Erfahrungen teilen.

Gewebe am falschen Ort

Die Ursachen für Endometriose sind bislang ungeklärt. Jedoch steht fest, dass alle Menschen mit Gebärmutter an ihr erkranken können. Nur in seltenen Fällen haben Mediziner die Krankheit auch bei an Prostatakrebs erkrankten Männern diagnostiziert.

Bei Endometriose-Erkrankten wächst gebärmutterähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutter. Es siedelt sich vor allem an den Eierstöcken, im Bauch- oder Beckenraum sowie am Darm oder Bauchfell an. Prinzipiell kann dieses Gewebe jedoch an jeder Stelle wachsen, sodass es in seltenen Fällen beispielsweise auch außerhalb des Bauchraums, zum Beispiel in der Lunge, auftritt.

Vorkommen von Endometriose-Gewebe
Das Endometriose-Gewebe siedelt sich meist an den Eierstöcken, im Bauch- und Beckenraum, am Darm oder Bauchfell an.

© BruceBlaus, Blausen.com staff (2014). "Medical gallery of Blausen Medical 2014". WikiJournal of Medicine 1 (2). DOI:10.15347/wjm/2014.010. ISSN 2002-4436. / CC BY 3.0

Das Chamäleon der Gynäkologie

Mediziner bezeichnen Endometriose auch als „Chamäleon der Gynäkologie“: Denn manche Betroffene haben gar keine Beschwerden und benötigen deswegen auch keine Behandlung. Andere Erkrankte können wiederum eine Vielzahl verschiedener Symptome spüren.

Am häufigsten äußert sich Endometriose durch starke Krämpfe vor und während der Periode oder wiederkehrende Schmerzen im Unterbauch – auch unabhängig von der Regel. Zusätzlich kann es zu Zwischenblutungen, einer außergewöhnlich starken Menstruation, Rückenschmerzen oder Schmerzen bei gynäkologischen Untersuchungen und Geschlechtsverkehr kommen. Aber auch im Verdauungstrakt kann sich die Erkrankung äußern. Zum Beispiel in Form von Übelkeit, Durchfall oder Verstopfung.

Generell können die Symptome der Erkrankung schon mit der ersten Periode auftreten und bis zu den Wechseljahren und darüber hinaus bestehen bleiben. Die höchste Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Endometriose liegt jedoch im Alter von 35 bis 45 Jahren. Die Häufung in diesem Zeitraum kommt unter anderem durch die lange Diagnosezeit, die zunehmende Zahl der Perioden im Leben einer Frau sowie gezielte Untersuchungen bei unerfülltem Kinderwunsch in dieser Lebensphase zusammen. Denn Endometriose kann die Fruchtbarkeit einschränken und ist bei 40 bis 50 Prozent der Frauen, die ungewollt kinderlos bleiben, die zugrunde liegende Ursache.

Bislang keine Heilung

Die Ursache für Endometriose ist bislang nicht bekannt und verschiedene Theorien zur Entstehung konnten nicht wissenschaftlich bestätigt werden. Dadurch gibt es bislang keine heilende Behandlung. Betroffene können sich zwar medikamentös durch die Gabe von Hormonen behandeln lassen, um die Bildung neuen Gewebes zu verhindern. Bereits entstandene Endometriose-Herde können auch operativ entfernt werden. Da die Krankheit chronisch verläuft, können jedoch immer wieder neue Herde entstehen.

„Neben den etablierten medikamentösen und operativen Verfahren suchen viele Frauen ergänzende Wege. Wir sehen eine ausgewogene Ernährung und Naturheilkunde als wertvolle Bestandteile einer integrativen Therapie, wenn sie unter ärztlicher Begleitung erfolgt“, erklärt Reinhild Georgieff vom Berufsverband der Frauenärzte. „Patientinnen profitieren aus meiner Erfahrung häufig von einer entzündungsarmen Ernährungsweise und manche auch durch den Verzicht auf Fleisch oder stark verarbeitete Lebensmittel.“

Lindernde Maßnahmen bei Endometriose

Darüber hinaus konnten bestimmte Nahrungsergänzungsmittel wie Omega-3-Fettsäuren, Vitamin D (bei bestehendem Mangel), Vitamin E, Magnesium und Zink in Studien die Schmerzen der Betroffenen lindern. Auch pflanzliche Wirkstoffe wie Curcumin in Kurkuma, Resveratrol in Traubenkernextrakt, Rosmarinöl oder Grüntee-Extrakt werden im Zusammenhang mit der Erkrankung erforscht, da sie entzündungshemmend wirken und möglicherweise das Wachstum von Endometriose-Herden hemmen können.

Bewegung und Entspannung können Betroffenen ebenfalls helfen: Achtsamkeitsübungen, Yoga oder Entspannungstechniken können Schmerzen und Stress reduzieren. Physiotherapie sowie Beckenboden-Training unterstützen die Beweglichkeit und helfen, Verspannungen zu lösen. Akupunktur kann die durch Endometriose entstandenen Unterbauch- und Regelschmerzen lindern, kann lindern. Auch sogenannte TENS-Geräte – Geräte, die per Elektroden elektrische Impulse an den Körper abgeben – können zur Schmerzlinderung beitragen.

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