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Wie realistisch sind Lufttaxis?
Im Film „Das fünfte Element“ fliegt Protagonist Korben Dallas – gespielt von Bruce Willis – im Jahr 2263 mit einem gelben Lufttaxi durch die Stadt. Zwar liegt die Handlung noch über 200 Jahre in der Zukunft, doch schon jetzt testen verschiedene Unternehmen Luftfahrzeuge, die Helikoptern oder kleinen Jets ähneln. Sie kommen damit allerdings nur stockend voran. Ende Januar 2025 legte Flugzeughersteller Airbus sein Projekt „CityAirbus“ sogar erst einmal komplett auf Eis, da die Batterien des Fluggeräts zu schwach waren. Mitte März meldete Lilium, Entwickler eines elektrisch angetriebenen, senkrecht startenden und landenden Luftfahrzeugs, zum zweiten Mal Insolvenz an. Lohnen sich Lufttaxis also doch nicht?
Größerer Stromverbrauch als Elektroautos
Die Klimaökonomin Anna Straubinger vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung hat mehrere Veröffentlichungen zu urbaner Luftmobilität (UAM) und elektrisch betriebenen Fluggeräten ausgewertet, um die Vor- und Nachteile von Lufttaxis zu analysieren.
„Urban Air Mobility wird häufig als nachhaltig, schnell und günstig angepriesen“, sagt Straubinger. „Unsere Studien zeigen aber, dass die tatsächlichen Vorteile sehr begrenzt sind. So stoßen die Fluggeräte zwar im Vergleich zum Verbrenner weniger CO2-Emissionen aus. Gegenüber Fahrten mit E-Autos benötigen die Flugtaxis aber mehr Energie. Daher leisten sie keinen positiven Beitrag zur Energiewende im Verkehrssektor.“
Ein Multikopter – ein unbemanntes Fluggerät mit mehreren Rotoren – verbraucht im Flug 0,408 Kilowattstunden Strom pro Kilometer, ein Elektroauto im Vergleich dazu jedoch nur 0,2 Kilowattstunden pro Kilometer. Aber damit nicht genug: Bei Start und Landung verbraucht das Luftvehikel zusätzlich 6,08 Kilowattstunden Strom. Flugtaxis sind also deutlich energieintensiver als Elektroautos. Kommt der Strom nicht ausschließlich aus CO2-neutralen Quellen, haben die Fluggeräte auch einen größeren CO2-Fußabdruck.
Entlastung nur bei viel Stau
Aber ein Flug mit dem Lufttaxi wäre doch wenigstens schneller als mit dem Auto, oder? Tatsächlich kaum. „Durch die benötigte Start- und Landeinfrastruktur beinhaltet eine Reise mit dem Flugtaxi immer auch die Anreise zum und die Abreise vom Vertiport“, erklärt Straubinger. Während wir in ein Taxi auf vier Rädern in der Regel direkt vor der Haustür einsteigen können, müssten wir, um mit dem Lufttaxi zu fliegen, erst zum Flugplatz kommen – das kostet Zeit. Nur in Ballungsräumen mit vielen Staus würden Flugtaxis normalen Taxis in nichts mehr nachstehen.
Doch selbst dann würde das den Stadtverkehr kaum entlasten: „Aufgrund des begrenzten Marktanteils ist es unwahrscheinlich, dass urbaner Luftverkehr viel Verkehr von der Straße weglenken wird“, sagt die Forscherin. Denn in Flugtaxis können meist nur zwei bis fünf Menschen Platz nehmen. „Selbst bei einem UAM-Anteil von 0,1 Prozent am Verkehrsaufkommen einer Großstadt mit rund einer Million Einwohnern wären dies um die 1.500 Starts und Landungen pro Tag“, so Straubinger.
Fünf Euro versus 30 Cent
Eine Fahrt mit einem vierrädrigen Taxi ist oft nicht gerade günstig. Leider gilt das auch für Lufttaxis: Mögliche Betreiber peilen einen Preis von fünf Euro pro Kilometer an. Zwar zählt dann die Luftlinie zwischen Start- und Landepunkt, die kürzer ist als das Straßennetz am Boden, aber mit einem durchschnittlichen Preis von 30 Cent pro Kilometer mit dem eigenen Auto oder dem ÖPNV ist das Lufttaxi im Verhältnis immer noch deutlich teurer.
„Mittelfristig ist die Nutzung der UAM also zweieinhalbmal so teuer wie die Nutzung eines Taxis und mehr als 15-mal so teuer wie die Nutzung des ÖPNV oder eines Autos“, berichtet Straubinger. „Von den Flügen profitieren vor allem Haushalte mit hohem Einkommen. Die negativen Folgen wie Lärm und visuelle Beeinträchtigungen am Himmel betreffen jedoch alle, auch den voraussichtlich großen Anteil der Bevölkerung, der die UAM nicht nutzen wird.“
Wo wären Fluggeräte sinnvoll?
Dennoch könnten elektrisch betriebene Fluggeräte in bestimmten Fällen sinnvoll sein, wie die Wissenschaftlerin ermittelt hat. Einen wirklichen Mehrwert bieten sie beispielsweise bei Notfalleinsätzen, weil sie flexibler und günstiger sind als Hubschrauber. Aber auch bei der Anbindung abgelegener Regionen wie Inseln oder Gebirgsdörfern, die bisher schlecht in die bestehende Verkehrsinfrastruktur eingebunden sind, könnten elektrische Flugvehikel nützlich sein.
Wichtig sei laut Straubinger aber auch, Flugtaxi-Routen in das bestehende ÖPNV-Netz zu integrieren, damit sie nicht in Konkurrenz zu Bus und Bahn stehen, sondern diese nur ergänzen. „Beim Entwurf des UAM-Netzwerks sollte darauf geachtet werden, dass die Flugvehikel nicht als Ersatz auf gut ausgebauten ÖPNV-Strecken angeboten werden, sondern das bestehende ÖPNV-Angebot ergänzen und Lücken im Netz schließen“, so die Forscherin. „Stattdessen könnten durch On-Demand-Services auf schlecht ausgelasteten Linien möglicherweise sogar Kosten gespart werden.“
Nach Ansicht von Straubinger können elektrische Fluggeräte demnach durchaus eine Ergänzung für den Verkehr sein – aber nur in begrenztem Maße und nur dann, wenn sie sinnvoll und überlegt eingesetzt und geplant werden.