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E-Fuels: Sind synthetische Kraftstoffe eine Alternative?

Über sie wird im Moment hitzig debattiert: E-Fuels. Diese synthetischen Kraftstoffe werden nicht aus Erdöl und anderen fossilen Brennstoffen hergestellt, sondern aus erneuerbaren Rohstoffen. Sie gelten daher als weitgehend klimaneutral, können aber trotzdem in normalen Verbrennermotoren eingesetzt werden. Aber was genau ist ein E-Fuel? Woraus wird es produziert? Und wie klimafreundlich sind die synthetischen Kraftstoffe wirklich?
NPO, 31.03.2023
Symbolbild E-Fuels in Form von Wasserstoff

© Scharfsinn86, GettyImages

Die klassischen Auto-Kraftstoffe wie Benzin und Diesel werden aus Erdöl hergestellt – einem fossilen Brennstoff. Bei der Verbrennung dieser auf Kohlenwasserstoffen basierenden Treibstoffe werden erhebliche Mengen an Kohlendioxid und anderen Gasen sowie Schwebteilchen frei, die die Luft verschmutzen und zum Treibhauseffekt beitragen. Um den Verkehr klimafreundlicher zu machen, muss daher dringend etwas verändert werden.

Als momentan sinnvollste Alternative für Fahrzeugantriebe gilt neben Wasserstoff und Brennstoffzellen vor allem die Elektromobilität. Direkt mit Strom getriebene Autos stoßen kein CO2 und keine sonstigen Abgase aus und tragen somit nicht direkt zum Klimawandel bei. Wenn ihr Strom aus erneuerbaren Energien produziert wird, können Elektrofahrzeuge im Betrieb sogar weitgehend klimaneutral sein.

Streit um den Verbrennermotor

Um die Umstellung des Autoverkehrs voranzubringen und den Verkehrssektor klimafreundlicher zu machen, wollte die Europäische Union ursprünglich schon ab 2035 keine Neuwagen mit Verbrennermotoren mehr zulassen. Gegen diese Entscheidung sperrte sich aber unter anderem der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing (FDP). Er und seine Partei sind der Ansicht, dass Autos mit Verbrennermotor auch nach 2035 erlaubt bleiben sollen, sofern sie mit E-Fuels betrieben werden -synthetischen Kraftstoffen.

Dies bringe mehr Technologie-Offenheit, so das Argument. Auch einige andere Länder, darunter Italien, Polen und Bulgarien, waren mit dem ursprünglichen Vorschlag der EU nicht einverstanden. Inzwischen hat sich die EU nach langen Debatten doch noch auf einen Kompromiss geeinigt: Ab 2035 dürfen keine Neuwagen mehr zugelassen werden, die mit Benzin oder Diesel fahren. Autos mit Verbrennermotor, die ausschließlich mit E-Fuels laufen, sollen hingegen weiter erlaubt bleiben.

Wie werden E-Fuels hergestellt?

Doch was genau sind E-Fuels? Anders als Benzin und Diesel werden diese synthetischen Kraftstoffe nicht aus Erdöl hergestellt. Stattdessen synthetisiert man sie aus einfachen chemischen Rohstoffen wie Wasser und CO2. Durch elektrochemische Reaktionen wandelt man diese Ausgangsstoffen in Wasserstoff und Methanol um, die entweder direkt verbrannt oder über weitere Reaktionsschritte zu Kohlenwasserstoffen synthetisiert werden – E-Fuels.

Im Prinzip können diese synthetischen Kraftstoffe daher den klassischen Autotreibstoffen chemisch ähnlich sein – man erhält synthetischen Diesel oder synthetisches Benzin. Aber anders als die fossilen Treibstoffe entstehen die E-Fuels nicht aus Erdöl. Genau dies macht den Unterschied: Weil für ihre Synthese CO2 benötigt wird, das man beispielsweise aus der Luft extrahiert, geben diese synthetischen Kraftstoffe beim Verbrennen theoretisch nicht mehr CO2 ab als zuvor in sie hineingesteckt wurde – sie sind damit im Idealfall klimaneutral. Genau dies ist das Argument, mit dem Befürworter der E-Fuels ihre Entwicklung vorantreiben.

Wasserstofftanks
Der Wirkungsgrad von E-Fuels liegt aktuell bei durchschnittlich 15 Prozent – ein katastrophaler Wert.

© audioundwerbung, GettyImages

Hoher Stromverbrauch und geringer Wirkungsgrad

Das Problem jedoch: Die Produktion der E-Fuels benötigt viel Strom und ist wenig effizient. Je nach Verfahren werden nur etwa 10 bis 35 Prozent der eingesetzten elektrischen Energie in nutzbare chemische Energie umgewandelt – das ist weniger als fast allen anderen Antriebstechniken. Um dieselbe Strecke zu fahren, braucht man bei einem Auto mit E-Fuel-Antrieb fünf bis sechsmal mehr Strom als für ein Elektroauto.

Das wirft die Frage auf, woher der ganze Strom kommen soll? Nutzt man für die Synthese der E-Fuels Strom aus fossilen Energien wie Gas- oder Kohlekraftwerken, verschlechtert sich die Klimabilanz der synthetischen Kraftstoffe erheblich – sie sind dann alles andere als klimaneutral. Sinnvoll und für den Klimaschutz nützlich sind E-Fuels daher nur dann, wenn der Strom für ihre Synthese aus erneuerbaren Energien kommt, beispielsweise aus Solaranlagen oder der Windkraft.

Bisher reichen diese alternativen Stromquellen aber nicht einmal aus, um den bestehenden Strombedarf zu decken. Kommt dann noch die Umstellung der Industrie auf strombasierte, emissionsarme Technologie dazu und die Elektromobilität, wird der Bedarf an grünem Strom stark ansteigen. Würde man nun vorwiegend Autos mit E-Fuels betreiben, würde sich dies noch weiter verschärfen: Man bräuchte fünfmal so viele Solar- oder Windanlagen wie für die Elektromobilität.

Wo sollen die ganzen E-Fuels herkommen?

Und noch ein Problem gibt es: E-Fuels sind wegen der aufwendigen Verfahren und dem hohen Energiebedarf noch sehr teuer. Ein Liter synthetischer Kraftstoff kostet zurzeit noch rund vier Euro. Der ADAC und auch der Interessensverband "eFuel-Alliance" gehen allerdings davon aus, dass sich dieser Preis im Laufe der Zeit verringern wird. Möglich wird dies, wenn mit dem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien die Kosten für "grünen" Strom sinken – und wenn die E-Fuels im großtechnischen Maßstab hergestellt werden.

Allerdings: Bisher gibt es weltweit noch so gut wie keine Produktionsanlage, die solche synthetischen Kraftstoffe in großem Maßstab herstellen kann. Eine erste große E-Fuel-Fabrik wird zurzeit in Chile gebaut. Selbst wenn sie aber ihren gesamten synthetischen Kraftstoff nach Deutschlandliefern würde, könnte diese Menge bis 2030 gerade einmal ein Prozent des heutigen Bedarfs an Benzin und Diesel der deutschen Autos decken, wie Maximilian Fichtner vom Helmholtz-Institut in Ulm gegenüber dem ZDF erklärte. Selbst der ADAC räumt ein, dass der Bau von neuen Produktionsanlagen für E-Fuels sehr aufwendig und teuer ist.

Hinzu kommt, dass viele Herstellungsverfahren für synthetische Kraftstoffe bisher erst im Labormaßstab oder in kleinen Pilotanlagen erprobt wurden. Ob sie auch im industriellen Maßstab funktionieren und wirtschaftlich rentabel sind, ist noch ungeklärt.

Brauchen wir E-Fuels überhaupt?

Ob synthetische Kraftstoffe im Autoverkehr sinnvoll sind, ist stark umstritten. Selbst die meisten Autohersteller sind in diesem Punkt eher skeptisch und setzen eher auf Elektroantriebe oder Brennstoffzellen. E-Fuels gelten wegen ihrer relativ hohen Kosten bisher eher als Nischen-Kraftstoffe, mit denen beispielsweise Flugzeuge oder Schiffe betrieben werden könnten. Denn diese können wegen der benötigten hohen Leistungen des Antriebs bisher nicht ohne weiteres auf Elektroantrieb umgerüstet werden. Synthetischer Schiffsdiesel oder synthetisches Kerosin könnten aber dazu beitragen, auch diese Verkehrsmittel klimafreundlicher zu machen.

Im Autoverkehr gelten E-Fuels maximal als Brückentechnologie. So könnten die synthetischen Kraftstoffe nach Ansicht des ADAC dabei helfen, die Verbrennerautos nach und nach klimafreundlicher zu machen: "Es sollte jetzt die Chance ergriffen werden, den fossilen Anteil durch Beimischung von E-Fuel kontinuierlich zu reduzieren und so schon jetzt einen wichtigen Beitrag für den Umweltschutz zu leisten," sagt Karsten Schulze vom ADAC. Seiner Ansicht nach wären die CO2-neutralen Kraftstoffe eine gute Ergänzung zum Markthochlauf der Elektromobilität, denn sie könnten parallel einen Beitrag zum Umweltschutz leisten.

Tests des ADAC zufolge können die heute verfügbaren synthetischen Kraftstoffe auch mit gängigen Verbrennerautos genutzt werden. Konkret ergaben die Untersuchungen, dass die synthetischen Alternativen für Benzin mit der Norm EN 228 können in jedem Benziner problemlos verwendet werden. Paraffinische Dieselkraftstoffe wie HVO sind den Tests zufolge dagegen nicht hundertprozentig mit der Dieselnorm EN 590 kompatibel, weshalb ein Dieselmotor explizit dafür freigegeben sein muss.

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