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30 Jahre Smiley :-)

Sie lachen, weinen oder winken: Smileys sind im Internet so selbstverständlich wie Google oder Katzenvideos. Heute feiern sie ihren dreißigsten Geburtstag - und sind so beliebt wie nie zuvor. Nur einer mag sich nicht so recht über den Jahrestag freuen: ihr Erfinder.
von wissen.de-Autor Christoph Fröhlich

Tastenkombination Smiley
thinkstockphotos.de/Getty Images/Hemera/Dzianis Kazlouski
Es waren nur drei Zeichen, doch die machten den Informatikprofessor Scott Fahlman weltberühmt: Als er vor dreißig Jahren, am 19. September 1982, einen Doppelpunkt, einen Strich und eine offene Klammer zu einem :-) kombinierte, erfand er das Smiley und brachte so den Humor in die digitale Welt. Das Internet in seiner jetzigen Form existierte damals noch nicht, E-Mails und Diskussionsforen aber schon - mitsamt den dazugehörigen Problemen. "Die Leute haben dort alles reingeschrieben: Konferenzankündigungen ebenso wie Meinungen oder Witze", sagt Fahlman im Gespräch mit wissen.de. Nicht alle Kommentare dort waren ernst gemeint, erinnert sich der Informatiker, aber einige Leser hätten die teils sarkastischen Mitteilungen nicht verstanden und ziemlich wütend reagiert. "Darüber ärgerten sich wieder andere. Es gab richtige Schimpfattacken."

 

Auf der Suche nach dem digitalen Lächeln

Um weiteren Missverständnissen vorzubeugen, rätselte Fahlman mit seinen Kollegen: Wie konnte man eine witzige Bemerkung schreiben, ohne dass sie falsch verstanden wird? Das gemeinsame Brainstorming brachte einige skurrile Vorschläge zutage: So meinte der heutige Webentwickler Neil Swartz, man könne in jeder Betreffzeile ein Sternchen (*) hinterlassen, wenn die Nachricht als Witz gemeint wäre. Ähnlich kurios war die Idee seines Kollegen Keith Wright: "Sicher wird mir jeder zustimmen, dass das '&' das witzigste Zeichen auf der Tastatur ist." Seine Begründung: Das Zeichen sehe mit viel Fantasie aus wie dicker Mann, der sich vor Lachen auf dem Boden windet.

"Es gab kein Zeichen, das eindeutig für Witze stand", kritisierte Fahlman die Vorschläge seiner Kollegen. Deshalb schrieb er am 19. September 1982: "Ich schlage die folgende Sequenz als Witz-Symbol vor: :-)." Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, lieferte er gleich die passende Lesemethode: "Bitte seitwärts lesen." Für traurige Anlässe empfahl er dagegen die Zeichenkette :-(.

 

Die Welt lacht seitwärts - außer Japan

Fahlman traf mit dem Smiley, auch bekannt als Emoticon - ein Kunstwort aus Emotion ("Gefühl") und Icon ("Zeichen") - ins Schwarze: In nur wenigen Monaten bahnte sich das lachende Gesicht den Weg durch die Uni-Netzwerke bis zu James Morris, der heute als Informatik-Professor an der Carnegie Mellon Universität lehrt. Er war von Fahlmans Vorschlag so begeistert, dass er eilig an seine Kollegen eine Nachricht mit dem Betreff "Kommunikations-Durchbruch" verschickte. Darin erklärte er nicht nur die Funktionsweise des Smileys, sondern begann auch, sich völlig neue Gesichter auszudenken. (:-) stand beispielsweise für "Nachrichten, die sich mit Fahrradhelmen beschäftigen", <:-) sollte "dumme Fragen" symbolisieren.

Das war der Beginn einer wahren Flut von Grinsegesichtern. So gibt es mittlerweile ein eigenes Emoticon für Frankenstein [:-|I, Harry Potter ~8-) oder für den verstorbenen US-Präsidenten Abraham Lincoln (=|:)=), der mit Zylinder und Vollbart in die Geschichtsbücher einging. "Für manche Menschen war es ein Hobby, neue Smileys zu erschaffen, es gibt sogar ganze Bücher darüber", sagt Fahlman. "Mir hat es aber nie Spaß gemacht."

 

Emoticons bringen Gefühle in die digitale Welt
istockphoto.com/Scott Dunlap

Andere Länder, andere Smileys

Seit dreißig Jahren erschaffen Kreative nun neue Gesichter. Nur in Japan wird in Chats anders gelacht, dort setzten sich die sogenannten Emojis durch: ^_^ ist beispielsweise ein Lächeln, ó_ò ein Zeichen für Trauer. Der Vorteil: Diese Smileys können gelesen werden, ohne den Kopf zu neigen. Doch warum gibt es zwei unterschiedliche Zeichensysteme?

Die Antwort gibt der japanische Psychologe Masaki Yuki. In einer 2007 veröffentlichten Untersuchung zeigte er, dass in Japan Gefühle vor allem über die Augen transportiert werden, in den USA wird dagegen der Mund als wichtigstes Kriterium für Stimmungen wahrgenommen. Diese Verhaltensweise schlägt sich auch in der Gestaltung der Smileys wieder.

Doch die textbasierten Smileys sterben allmählich aus: Webdienste wie Skype und Facebook setzen vermehrt auf gelbe, animierte Gesichter, die lachen, winken oder denen Tränen über die Wangen laufen. Die sind vor allem deshalb erfolgreich, weil sie überall verstanden werden. Einige Nutzer zahlen sogar Geld, um mit speziellen Apps ihre Smartphones mit weiteren Emoticons auszustatten.

Scott Fahlman will davon nichts wissen: Er nutzt weiter die klassischen Smileys, die er einst in die Tastatur gehämmert hat. Die gelben Fratzen seien seiner Meinung nach potthässlich: "Wenn man jemandem mit einem lachenden Gesicht erfreuen will, kann man heutzutage auch einfach ein Foto oder Video verschicken, auf dem man selbst lacht. Warum probiert man das nicht mal?"

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