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Amtseinführung Joe Bidens – eine Zeremonie mit Hindernissen
Die Amtseinführung des Präsidenten der Vereinigten Staaten, die sogenannte „Presidential Inauguration“, markiert den offiziellen Amtsantritt eines neuen US-Oberhaupts. Diese Einführung findet immer am 20. Januar nach der Präsidentenwahl statt. Um 12 Uhr diesen Tages beginnt offiziell die Regierungszeit des neuen Amtsinhabers.
Wie läuft die Amtseinführung ab?
Obwohl die offizielle Amtseinführung des US-Präsidenten schon lange Tradition ist, ist der genaue Ablauf nicht fest vorgeschrieben. In der US-Verfassung ist aber festgelegt, dass der neu gewählte Präsident einen Amtseid leisten muss: „Ich gelobe feierlich, dass ich das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten getreulich verwalten und die Verfassung der Vereinigten Staaten nach besten Kräften erhalten, schützen und verteidigen will.“
Der Präsident des Obersten Gerichtshofs nimmt diesen Eid ab. Die Präsidenten müssen dabei nicht zwingend auf die Bibel schwören, was die meisten bisher aber getan haben. Dazu bekräftigen sie ihren Eid meist zusätzlich, indem sie zum Abschluss den Satz „So help me God“ anhängen.
Von Feierlichkeiten umrahmt
Dem Eid folgt meist eine Rede des neuen Präsidenten zu seinem Amtsbeginn, die unter einem persönlichen Motto steht und in der er die Schwerpunkte seiner künftigen Regierungszeit umreißt . So wählte Donald Trump beispielsweise „einzigartig amerikanisch“ aus. Der Eid und die Rede werden von Hymnen, Gebeten und normalerweise auch feierlichen Paraden, Gottesdiensten und einem zeremoniellen Lunch in den Räumen des Kongresses umrahmt.
Zur Vereidigungsfeier werden unter anderem auch Botschafter anderer Länder ins Kapitol eingeladen - dem Sitz des Kongresses in Washington, vor dem die Feier meist abgehalten wird. Zur Inauguration versammeln sich traditionell hunderttausende Menschen auf der National Mall, den Straßen und dem breiten Grünstreifen, der zum Kapitol führt.. Per Rundfunk und Fernsehen verfolgen weitere Millionen Menschen weltweit die Feiern.
Dieses Jahr ist vieles anders
Die Amtseinführung Joe Bidens wird jedoch in vieler Hinsicht anders verlaufen als sonst üblich: Entgegen der Tradition wird der scheidende US-Präsident bei der Inauguration seines Nachfolgers nicht zugegen sein. Der noch amtierende US-Präsident Donald Trump hat bekannt gegeben, dass er nicht teilnimmt und wird stattdessen schon am Morgen nach einer eigenen Abschiedsfeier Washington in Richtung Florida verlassen.
Zudem gelten erhöhte Sicherheitsvorkehrungen wegen der Vorfälle am 6. Januar 2021, als Trumpanhänger das Kapitol stürmten und in die normalerweise streng geschützten Sitzungssäle und die Büros der Abgeordneten eindrangen. Um Anschlagsversuche und Aufruhr durch enttäuschte Trumpanhänger bei der Amtseinführung zu vermeiden, ist das gesamte Zentrum Washingtons von 25.000 Soldaten der US Nationalgarde abgeriegelt und der Zutritt stark beschränkt.
Wegen der Corona-Pandemie werden zudem nur wenige geladene Gäste, darunter auch ehemalige US-Präsidenten sowie die Kongressmitglieder, der Zeremonie auf einer Tribüne beiwohnen. Statt des Publikums auf der National Mall wurde dort eine Kunstinstallation aus US-Flaggen aufgestellt. Die Parade und ein kulturelles Begleitprogramm am Abend der Inauguration werden live übertragen und im Internet gestreamt.
Seit wann gibt es diese Vereidigung?
Die erste Amtseinführung erfolgte im Jahr 1789, als George Washington offiziell zum Präsidenten der USA ernannt wurde. Damals trat er sein Amt im März in der Federal Hall in New York City an. Thomas Jefferson war 1801 schließlich der erste Präsident, der in Washington vereidigt wurde, wo seitdem üblicherweise alle Amtseinführungen stattfinden.
Der Zeitpunkt der Amtseinführung wurde im Jahr 1933 von März auf den bis heute geltenden 20. Januar nach der Präsidentschaftswahl verschoben. Er gilt seit dem Übergang des Präsidenten Herbert Hoover zu Franklin Roosevelt in der Zeit der Weltwirtschaftskrise 1932 und ist seither gesetzlich im 20. Verfassungszusatz festgeschrieben.
Wie die Feierlichkeiten entstanden
Neben dem Austragungsort und dem Zeitpunkt der Amtseinführung haben sich im Laufe der Zeit auch die feierlichen Veranstaltungen um den Amtsbeginn verändert: Die Liste der Feierlichkeiten wurde länger und immer mehr Menschen nahmen daran teil. So wurde es zum Beispiel seit der zweiten Amtseinführung Thomas Jeffersons im Jahr 1805 Tradition, dass jeder US-Präsident nach der Ablegung des Eides die Strecke vom Kapitol bis zum Weißen Haus über die Pennsylvania Avenue paradiert. Seit 1837 ist es zudem üblich, dass der scheidende und der neu gewählte Präsident gemeinsam zur Zeremonie fahren.
1877 führte Rutherford Hayes die Tradition ein, dass sich der alte und neu gewählte Präsident vorher am Weißen Haus treffen und dann gemeinsam zum Kapitol fahren. Seit 1933 besuchen die neu gewählten Präsidenten zudem nach dem Vorbild Franklin Roosevelt am Tag der Amtseinführung einen morgendlichen Gottesdienst. 1953 wurde schließlich zum ersten Mal zu Ehren des neuen Präsidenten ein Mittagessen im Kapitol ausgerichtet, was auch heute noch üblich ist.
Entgegen der Tradition
Während diese Traditionen bis heute generell beibehalten werden, gab es auch immer wieder Ausnahmen. So lehnte etwa William Henry Harrison, der 1841 vereidigt wurde, die Fahrt zum Kapitol ab. Stattdessen ritt er mit einem Pferd dort hin. Im Anschluss hielt er zudem bei eisiger Kälte die mit über einer Stunde längste Amtseinführungsrede der US-Geschichte. Dass er gegen die Tradition handelte, hatte schließlich böse Folgen für den neuen Präsidenten: Die Kälte setzte ihm Vermutungen zufolge so zu, dass er eine Lungenentzündung bekam. Einen Monat später, nach der kürzesten Präsidentschaft der US-Geschichte, verstarb Harrison daran.
Eine weitere Besonderheit war die Amtseinführung Lyndon B. Johnsons: Nach der Ermordung John F. Kennedys in Dallas am 22. November 1963 legte Vizepräsident Johnson den Amtseid noch am gleichen Tag in der auf dem Flughafen von Dalls geparkten Air Force One ab. Noch während der Zeremonie startete die Präsidentenmaschine ihre Triebwerke, um den Nachfolger Kennedys so schnell wie möglich aus der Gefahrenzone und zurück nach Washington zu bringen. Durchgeführt wurde die Zeremonie von der Richterin Sarah Hughes, die als bisher einzige Frau einen Amtseid entgegen nahm.
1977 schrieben der soeben vereidigte Präsident Jimmy Carter und First Lady Rosalynn Carter Geschichte, als sie zu Fuß vom Kapitol zum Weißen Haus gingen. Aus Sicherheitsgründen ist diese Ausnahme bis heute nicht wiederholt worden.
Eine besondere Amtseinführung fand auch für den ersten afroamerikanischer Präsident der Vereinigten Staaten Barack Obama 2009 statt: Obama leistete seinen Amtseid mit der Hand auf der Bibel, die einst Abraham Lincoln gehört hatte - dem Präsidenten, der die Sklaverei in den Vereinigten Staaten abgeschafft hatte.