Goethes Faust-Schlag
Superman statt Shakespeare, Arabella statt Artistoteles: Wer heute auf Partys geht, muss nicht mehr mit elitärer Bildung glänzen. Da wird Schillers “Glocke“ schon mal für eine neuartige Fahrradklingel gehalten und Goethes “Faust“ für die neue Schlagtechnik eines noch unbekannten Boxers. Literatur-Kenner wie Marcel Reich-Ranicki oder Bildungsbefürworter wie Dietrich Schwanitz können da noch so viel mit den Augen rollen und in deutschen Feuilletons rumoren: Die klassische Bildung ist perdu - pardon: kaputt.
Aber war es früher denn besser? Die ollen Germanen konnten sowieso nicht lesen und schreiben. Nur die politische Elite lernte Latein - die Sprache der damaligen Besatzer, der Römer. Als besonders gebildet galt man, wenn man zusätzlich die römische Rhetorik beherrschte. Noch zur Zeit Karls des Großen, so um 800 nach Christus, lehrten die Mönche in den Klosterschulen die lateinische Sprache in Wort und Schrift. Auch im Mittelalter sprachen und schrieben die Gelehrten lateinisch. Das einfache Volk war ungebildet: Es sprach, wie ihm das Maul gewachsen war, lesen konnte es nicht.