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Effizient bauen: Strategien für bezahlbaren Wohnraum

Trotz Mietpreisbremse und staatlicher Wohnungsbauförderung ist Wohnraum nach wie vor knapp. Gerade in vielen Städten und Metropolen in Deutschland ist die Lage noch immer angespannt. Um hier so schnell wie möglich Abhilfe zu schaffen, gilt es vor allem effizient zu bauen. Neben einem schonenden Umgang mit Ressourcen kann so auch Zeit gespart werden. Es gibt verschiedene Strategien, die dazu beitragen können, schneller mehr zu bauen.

Eine modulare Bauweise sorgt für mehr Effizienz bei der Schaffung neuen Wohnraums, ohne dabei zu stark auf Komfort verzichten zu müssen.

Fotolia / Marcus Klepper

In den Großstädten kann derzeit selbst eine erhöhte Bautätigkeit die wachsende Nachfrage kaum befriedigen. Problematisch ist hier nach wie vor, dass zu wenig günstiger Wohnraum neu geschaffen wird. Doch nicht nur bei Mietimmobilien in der Stadt, auch im ländlichen Raum ist die Lage oft ähnlich. Der Traum vom Eigenheim im Grünen ist für viele nur schwer zu realisieren. Hohe Grundstückspreise und Baukosten übersteigen dann häufig das mögliche Budget. Dennoch gibt es Möglichkeiten, die Kosten durch effizienteres Bauen niedrig zu halten.

Maximale Effizienz durch modulare Bauweise

Die aktuelle Situation ist nicht neu. Auch nach dem Krieg musste in kurzer Zeit viel neuer Wohnraum geschaffen werden. Was technisch bereits seit den 1920er Jahren möglich war, wurde damals überall verstärkt umgesetzt: Zahlreiche Siedlungen in Platten- oder Elementbauweise sind in dieser Zeit entstanden.

Doch was genau steckt hinter dieser Strategie der modularen Architektur? Die Vorgehensweise kann durch verschiedene Kriterien gleich mit mehreren Vorteilen punkten:

  • Nutzung von Fertigteilen: Die Gebäude werden in unterschiedlichen Bereichen aus Fertigteilen errichtet. Bei dem Zusammensetzen vor Ort ist so viel weniger Zeit notwendig.
  • Industrielle Fertigung: Statt dem arbeitsintensiven Bauen Stein auf Stein vor Ort können die Fertigteile industriell und wetterunabhängig hergestellt werden, was durch die höheren Stückzahlen und automatisierten Arbeitsabläufe enorme Kostenersparnisse mit sich bringt. Auch Materialien können dabei effizienter genutzt werden.
  • Einfache Erweiterung möglich: Die modulare Bauweise erleichtert ein späteres Aufstocken oder Anbauen mit weiteren Elementen auf kostengünstige Weise.
  • Große Anpassungsfähigkeit: Ein modularer Aufbau lässt sich flexibel an eine Vielzahl unterschiedlicher baulicher Situationen oder passend zu gesetzlichen Anforderungen anpassen.

Standardisierung für mehr Flexibilität

Um die Modulbauweise noch effizienter zu machen, ist es notwendig, bestimmte Standards festzulegen, damit eine möglichst große Anzahl unterschiedlicher Bauteile miteinander kombiniert werden kann. Klingt Standardisierung also zunächst nach Vereinheitlichung und einer Einschränkung der Vielfalt, ist in gewisser Weise genau das Gegenteil der Fall.  

Hier können unterschiedliche Arten der Standardisierung aufgezählt werden. Einerseits gibt es zahlreiche offizielle und gesetzliche Vorgaben und Normen, welche beim Bauen allgemein dafür sorgen, dass unterschiedliche Gewerke einfacher und effizienter aufeinander abgestimmt werden können. Eines der umfassendsten Regelwerke ist dabei der sogenannte „Neufert“, eine Bauentwurfslehre, die bereits in den 1930er Jahren vom Architekten Ernst Neufert ersonnen wurde und sich schnell zum absoluten Standardwerk etabliert hat.  

Auf der anderen Seite gibt es innerhalb dieses gesetzlichen Rahmens zahlreiche individuelle Standardisierungsmöglichkeiten. So entwickelt etwa jeder Fertighaushersteller ein eigenes modulares Produktportfolio, das auf einer bestimmten Zahl standardisierter Elemente aufgebaut ist.

Großes Maß an Individualisierungsmöglichkeiten

Auf diese Weise ist es möglich, Baukosten auch von Einfamilienhäusern um einiges zu senken. Eine spezielle Produktfamilie basiert dabei auf einem Baukastensystem, wobei die verschiedensten standardisierten Bauteile verwendet werden.

Die standardisierte Bauweise erlaubt ein hohen Gestaltungsspielraum ohne zu hohe Kosten.

Fotolia / elxeneize

Bei einem Blick auf ein solches Portfolio zeigen sich dabei ganz klar gewisse formale Gemeinsamkeiten. Dennoch erlaubt die modulare Struktur eine Vielzahl an Varianten und individuellen Gestaltungsmöglichkeiten. Verschiedene Dach-, Fenster- und Türformen, Anbauten wie Erker, Balkone oder Giebel, Varianten bei der Fassade – auf diese Weise kann die Architektur sowohl an die persönlichen Bedürfnisse und Vorstellungen, als auch an unterschiedliche Bauflächen angepasst werden.

Der Grundriss lässt sich dabei ebenfalls in einem gewissen Rahmen variieren. Je nach Größe der Grundfläche genügt meist eine tragende Wand im Inneren. Weitere Trennwände können dann zusätzlich eingeplant oder innerhalb eines Rasters verschoben werden, um die Räume zu modifizieren und passend zu den Bedürfnissen einzuteilen und zu strukturieren.    

Modulbauweise bei größeren Bauprojekten

Die Vorteile, die sich bei privaten Bauherren positiv durch eine schnellere Errichtung und günstigere Baukosten auswirken, zeigen sich auch im größeren Maßstab. Gerade was die Kosten betrifft zahlt sich eine Standardisierung und Modularisierung aus. Immer noch ist es natürlich sinnvoll, die Baufläche möglichst effizient zu nutzen, indem in die Höhe gebaut wird.

Durch einheitliche Elemente kann dabei vor allem auch der Planungsaufwand minimiert werden. Dennoch sind flexible Grundrisse und ein hoher Qualitätsstandard möglich. Meist werden Mehrfamilienhäuser dabei mit einer Reihe unterschiedlicher, sich jedoch wiederholender Grundrisse realisiert, die auf verschiedene Wohnsituationen zugeschnitten sind.

Anstelle der früher üblichen Betonfertigteile werden heute auch verstärkt vorgefertigte Holzelemente eingesetzt. Innovative Produktionsmethoden und hocheffiziente Dämmstoffe sorgen auch hier für ein hohes Maß an Komfort und Qualität bei gleichzeitig großer Flexibilität.

Auch beim Innenausbau gibt es dabei verschiedene Möglichkeiten, bestimmte Bereiche mit vorgefertigten Modulen auszustatten. Vor allem im Sanitärbereich oder in der Küche lassen sich so zusätzlich Kosten sparen.  

Kein Verzicht auf Komfort

In den Nachkriegsjahren wurde durch die Errichtung von Plattenbausiedlungen effizient der Wohnungsmangel bekämpft. Neu bei dieser Bauweise war neben der Modularisierung auch eine klare Beschränkung der Größe der einzelnen Wohneinheiten. Aufbauend auf einem Proportionsschema (der sogenannte Modulor) des französischen Architekten Le Corbusier wurde vor allem die Raumhöhe im Vergleich zu den früheren Altbauten drastisch reduziert. Die Raumgrößen orientierten sich dabei an standardisierten Platzbedürfnissen unter Berücksichtigung verschiedener ergonomischer Gesichtspunkte.  

Le Corbusiers Unité d’habitation oder „Wohnmaschine“ gilt bis heute als Paradebeispiel für effizienten Wohnungsbau.

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Heutzutage haben effizient gestaltete und gebaute Häuser jedoch meist nur noch wenig mit Le Corbusiers „Wohnmaschinen“ in Berlin oder Marseille von früher gemeinsam. Dank noch flexibler Grundrisse, moderner und umweltfreundlicher Materialien oder auch großflächiger Fensterfronten sind die einzelnen Einheiten heute deutlich offener und wirken weitaus weniger beengt wie damals. Innovative Haustechnik sorgt ebenfalls für ein großes Maß an Komfort.

Bei neu errichteten Siedlungen stehen zudem soziale Aspekte und die Einplanung von umfangreicheren Grünflächen, verschiedenen Rückzugsorten aber auch gemeinsamen Treffpunkten heute viel stärker im Vordergrund.

Digitalisierung zur Effizienzsteigerung

Auch die Nutzung digitaler Strukturen kann zu einer effizienteren Bauweise beitragen. Das sogenannte Building Information Modelling (BIM) bietet hier inzwischen verschiedene Vorteile bei der Planung von Bauvorhaben.

Dabei wird beginnend vom Entwurf die Planung mit Hilfe spezieller Software erstellt, wobei sämtliche wichtigen Informationen digital festgehalten und an zentraler Stelle gespeichert werden. Bei einzelnen Änderungen ist durch die komplexe Vernetzung gleich ersichtlich, welche weiteren Bereiche, Bauteile oder Gewerke davon betroffen sind. 

Alle Beteiligten können stets auf den aktuellen Planungsstand zurückgreifen und unkompliziert Daten und Informationen austauschen. Dies sorgt neben einem effizienteren Planungsablauf für eine geringere Anfälligkeit für Missverständnisse oder Fehler, eine verbesserte Kommunikation, oftmals für eine raschere Abwicklung und nicht zuletzt für eine Verringerung der Baukosten.

Effizientere Abläufe ermöglichen

Schlussendlich kann auch ein Abbau des verwalterischen Aufwands und notwendiger gesetzlicher Formalien zu einer effizienteren und beschleunigten Bautätigkeit beitragen. So sind viele Gemeinden bemüht, die bürokratischen Hürden in diesem Bereich klein zu halten und wenn möglich abzubauen. Auch hier gibt es verschiedene Ansatzmöglichkeiten.

  • Eine Senkung der Grunderwerbssteuer kann für private Bauherren einen sinnvollen finanziellen Anreiz darstellen, selbst Wohneigentum zu schaffen.
  • Darüber hinaus gilt es, Baugenehmigungsverfahren zu beschleunigen oder auch mit Nachdruck Flächenpotentiale zu erkennen und neues Bauland zu erschließen.

Auch bei größeren Bauvorhaben kann sich dies positiv auszahlen. Hier kann es sinnvoll sein, Vorschriften zu vereinfachen, und bestimmte Vorgaben praxisorientierter auszurichten. Oftmals passen veraltete Bauverordnungen nicht mehr zu den heutigen Herausforderungen und müssen dringend überarbeitet werden.

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