Lexikon

Inder

seltener Indier
die Bevölkerung Vorderindiens (nach der heutigen staatlichen Gliederung auf die Bevölkerung der Indischen Union und die im Ausland lebenden indischen Bürger beschränkt, also ohne die Bevölkerung der heutigen Staaten Pakistan, Bangladesch, Nepal, Bhutan und Sri Lanka). Die Inder (rund 1 Mrd.) weisen sowohl im Körperbau wie in der Kultur große Unterschiede auf. Neben den hochkultivierten Nordindern und den Küstenbevölkerungen Südindiens (Malabaren, Tamilen) finden sich im Innern des Subkontinents urtümliche Hackbauernstämme mit Brandrodung, in den Waldgebirgen und Dschungeln sogar Wildbeuterstämme.
Von den Sprachgruppen ist die der Dravida einst von Nordwesten her eingewandert und bis zur Südspitze Indiens (Tamilen) gelangt; über 200 Mio. sprechen noch Dravidasprachen. Zusammenhänge mit hinterindischen Stämmen (austroasiatische Sprachgruppe) weisen die Mundavölker (6,5 Mio.) in Chota Nagpur auf, meist Hackbauern. Die letzte große Einwanderung bildeten die Stämme mit indoeuropäischen („arischen“) Sprachen (rund 750 Mio.), die sich vor allem in Nordindien ausbreiteten und dort heute noch den Bevölkerungstypus bestimmen (z. B. Sikh, Rajputen, Maharathen). Ferner sprechen 5 Mio. Inder sino-tibetische Sprachen.
Die indische Hochkultur hat ihre Wurzeln in der wohl den Dravidagruppen nahe stehenden Ackerbau treibenden Bevölkerung der Induskultur (Fundorte: Mohenjo-Daro, Harappa in Westpakistan; 3.2. Jahrtausend v. Chr.). Sie erhielt eine entscheidende Weiterbildung im 2. vorchristlichen Jahrtausend durch die Einwanderung indoeuropäischer Viehzüchterstämme, die zwar eine gewisse Standesgliederung schon mitbrachten, aber erst im Zusammenleben und Kampf mit der Vorbevölkerung ein das indische Leben bis in die Neuzeit bestimmendes Kastenwesen entwickelten. In den letzten Jahrhunderten v. Chr. hat ferner namentlich die Kunst Indiens starke Anregungen durch den Hellenismus empfangen (Gandhara-Kunst). Zu Beginn des 2. Jahrtausends n. Chr. brachte der Einbruch des Islams weiten Teilen Nordindiens Berührung mit der islamischen Welt Westasiens, besonders Persiens. Die führenden Religionen heute sind in Pakistan und Bangladesch der Islam, in Indien der Hinduismus, während bis ins 1. Jahrtausend n. Chr. der Buddhismus Hauptreligion war, daneben in Indien die Religion der Sikh und der Jinismus. Mit der Ausbreitung des Brahmanismus und später des Buddhismus, mit der Kolonisation außerindischer Gebiete, der Ausweitung der Handelsbeziehungen und der Errichtung großer Reiche in diesen Ländern wurde auch die indische Kultur weitergetragen (Khmer, Cham, Sumatra, Java, Bali), die teilweise zur Herausbildung eigener Hochkulturen führte (Java) und in großartigen Ruinen (Angkor, Borobudur) ihre Zeugnisse bis auf den heutigen Tag erhalten hat. Das Abendland erhielt indische Kulturgüter („arabische“ Ziffern, Schachspiel, Geschichten aus Tausendundeine Nacht) auf dem Weg über die islamische Welt.
Induskultur: Ausbreitung
Ausbreitung der Induskultur
Ungefähre Ausbreitung der Induskultur, der hoch entwickelte Stadtkultur (3000-1400 v. Chr.) im Industal
Angkor: Panorama
Blick auf Angkor
In Angkor schufen Handwerker mitten im Dschungel die an berühmten Baudenkmälern reiche Residenzstadt des Khmer-Reiches.
Borobudur: Stupa
Stupa
Stupa der buddhistischen Kultstätte Borobudur auf der indonesischen Insel Java
Für eine moderne kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung war die ungleiche Verteilung des Ackerbodens von Nachteil (wenige Großgrundbesitzer, viele Mio. Bauern und Pächter, oft benachteiligt durch hohe Abgaben und Missernten, sowie Landarbeiter), der erst neuere Bestrebungen (Landschenkung, Neukultivierung, Bewässerung) entgegenzuwirken versuchen. Der Getreideanbau wird z. T. heute noch auf sehr altertümliche Art betrieben. Der wichtigste Teil der Frauenkleidung ist der Sari, ein großes Umschlagtuch aus verschiedenen Stoffen (Seide, Musselin), islamische Frauen tragen weite Hosen. Die traditionelle Kleidung der Männer besteht aus Hemd, eng anliegenden Hosen, Jacke und Rock aus weißem Baumwollstoff. Gold- und Silberstickereien, Erzeugnisse aus Kaschmir und Srinagarteppiche sind weitere Textilerzeugnisse. Stahlherstellung ist bekannt seit dem 4./3. Jahrhundert v. Chr. (Rüstungen, Rundschilde, Säbel, Dolche, Elefantenstachel, Haus- und Ackergeräte). Ebenso ist die Messing-, Bronze-, Zinn- und Edelmetallbearbeitung schon alt (Silberfiligran). Holz- und Elfenbeinschnitzereien sind regional verbreitet.
Starke Auswanderung führte zu einem bedeutenden Auslandsindertum, so vor allem auf Sri Lanka, in Nepal, Malaysia, Mauritius, Südafrika, Großbritannien, USA, Trinidad und Tobago sowie im Nahen Osten.
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