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Nachhaltigerer Versand: Pakete per Straßenbahn

Das neue Kleid oder die neue Kaffeemaschine per Straßenbahn geliefert bekommen – das könnte in Zukunft Realität werden. Bei einem Pilotprojekt in Frankfurt am Main kam die Straßenbahn bereits als Paketdienst zum Einsatz. Wie funktioniert das Ausliefern von Paketen per Tram? Welche Vorteile hat das für Städte, Verkehr und Umwelt? Und welche Herausforderungen müssen dabei bewältigt werden?
SSC, 27.11.2024

 

VGF Gütertram
Die VGF Gütertram befördert im Stadtgebiet von Frankfurt am Main im Rahmen des Forschungsprojekts LastMileTram Pakete.

© VGF

Online-Shopping gehört für viele Menschen zum Alltag. Meist werden unsere Pakete dann mit Transportern ausgeliefert. Dabei müssen die Paketdienste oft durch enge Straßen fahren, um die Pakete zu den Kunden zu bringen. Wenn dann noch starker Verkehr herrscht, erreicht uns das Paket unter Umständen später als geplant.

Die Fahrzeuge können aber nicht nur für uns zum Ärgernis werden, sondern sind auch ein ernstes Problem für die Umwelt. Denn die Transporter werden in der Regel mit Diesel oder Benzin angetrieben. Paketdienste versuchen daher ihre Emissionen zu reduzieren. DHL setzte 2023 bereits knapp über 35.000 E-Fahrzeuge für die Auslieferung ein und möchte bis 2050 gar keine Emissionen mehr ausstoßen. DPD und Amazon setzen sich bis 2040 das gleiche Ziel.

E-Transporter, Straßenbahn und Lastenrad

In Frankfurt am Main haben Forschende jetzt eine andere Art der nachhaltigen Paketzustellung getestet. An dem Pilotprojekt „LastMileTram“ waren Wissenschaftler der Frankfurt University of Applied Sciences sowie Mitarbeiter der Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main GmbH (VGF) und Amazon Logistics beteiligt. Sie testeten über einen Zeitraum von vier Wochen, wie zukünftig CO2-Emissionen bei der Paketlieferung per Tram eingespart werden könnten.

Die Pakete wurden dafür zunächst in einem elektrisch angetriebenen Transporter vom Depot zu einer Haltestelle der Straßenbahn am Stadtrand gefahren. Einmal verstaut ging es für die Pakete dann 22 Kilometer per Schiene in die Frankfurter Innenstadt. Dort angekommen verluden Mitarbeiter die Pakete auf elektrische Lastenräder, um sie bis an die Haustür zu liefern. Für das Projekt musste die Straßenbahn nur geringfügig umgebaut werden und konnte so 600 Pakete pro Fahrt transportieren. Die Kapazität kann jedoch noch vergrößert werden, wie das Team berichtet.

Lastenrad des Forschungsprojekts LastMileTram
Eines der Lastenräder, die das Paket direkt von der Tram zum Kunden bringen.

© Frankfurt UAS, Benjamin Federmann

Wie viele Emissionen spart die Lieferung per Schiene ein?

Doch wie viel trägt dieses Modell wirklich zur Reduktion von Emissionen bei? „Pro Liefertag konnten mit der LastMileTram 26,8 Kilogramm CO2 lokal eingespart werden, im Gesamtprozess waren es 56,8 Prozent. Und die Lärmbelastung war um 35 bis 32 Dezibel geringer“, erklärt Wolfgang Siefert vom Mobilitätsdezernent der Stadt Frankfurt.

Alle drei eingesetzten Transportmittel sind elektrisch angetrieben und verursachen deswegen bei der Auslieferung keine Emissionen. Ganz emissionsfrei wird unsere Online-Bestellung dadurch aber noch nicht. Denn der Weg vom Produktionsort der Waren nach Deutschland erfolgt meist per Flugzeug oder Frachtschiff, die durch fossile Brennstoffe betrieben werden. Das verursacht weiterhin erhebliche Mengen CO2. Hinzu kommen Emissionen bei der Herstellung der Produkte selbst.

Somit trägt die Zustellung per E-Transportern, Straßenbahn und Lastenrädern zwar zur Reduzierung der städtischen Emissionen bei und entlastet den Verkehr, kann den gesamten CO2-Fußabdruck unserer Online-Bestellungen aber nur teilweise verringern.

Ein Projekt mit Zukunft?

Auch wenn die Testphase des Projekts erfolgreich verlief, sieht das Forschungsteam noch Verbesserungsbedarf. Da wäre zum einen der Faktor Zeit: Noch ist das Be- und Entladen der Bahn und Lastenräder zeitaufwendig. Das soll künftig durch einen Regelfahrplan verbessert werden. Ein weiterer Faktor ist der Platz: Bisher wurden in dem Projekt nur kleinere Päckchen transportiert. Das Forschungsteam überprüft nun, ob sperrige Pakete ebenfalls mit der Straßenbahn transportiert werden könnten und wie dann die letzten Meter von der Tram zur Haustür bewältigt werden müssten.

Hinzu kommt die Finanzierung der emissionsfreien Zustellung: „Am Ende geht es natürlich immer auch darum, dass so ein Konzept sich wirtschaftlich tragen muss. Nach den Erkenntnissen, die wir jetzt haben, sind wir aber relativ zuversichtlich, dass sich so was auch im Realbetrieb bewähren kann,” sagt der hessische Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori in einem Interview mit RTL.

Das Forschungsteam gibt an, alle relevanten Vorbereitungen getroffen zu haben, um das Pilotprojekt „LastMileTram“ in Frankfurt am Main dauerhaft umzusetzen.

Cargotram vor dem Züricher Hauptbahnhof
Der Tram-Triebwagen der Strassenbahn Zürich führt bis zu zwei Güterwagen mit sich, die eine Sperrmüll-Abgabe im eigenen Quartier ermöglichen.

Eine alte Idee neu umgesetzt

Zurzeit wird auch in Straßburg von mehreren Firmen getestet, ob Pakete mittels Tram und Lastenrädern eine Alternative für den Transport von Lieferungen darstellen. Auch in Frankfurt am Main ist das Konzept nichts komplett Neues: Von 1901 bis 1951 beförderte die Straßenbahn regelmäßig Pakete und Post zwischen den verschiedenen Postämtern. Doch bereits 1872 wurde die Frankfurter Straßenbahn erstmals für den Posttransport genutzt.

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