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Persönliche Mobilität ganz entspannt: Was Elektro-Fahrer den Besitzern von Verbrennern voraushaben

Über die Elektromobilität wird derzeit viel diskutiert – so, wie es bei fast jeder neuen Technik der Fall ist. Zweifelsohne können die Besitzer von Elektrofahrzeugen jedoch auf einige Vorteile bauen, die es für Verbrenner niemals geben dürfte – zumindest nicht in dem Ausmaß.
Autofahrer beim Anschließen eines Ladekabels

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Es ist wohl noch verfrüht, dem Elektroantrieb eine dominierende Rolle auf den Straßen zuzuschreiben. Zum Stichtag 1.1.2023 waren zwar 1,01 Millionen rein elektrische PKW in Deutschland zugelassen – ein Zuwachs um höchst respektable 63,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr – dennoch stehen den reinen „Stromern“ oder „BEV“ (Kürzel für Battery Electric Vehicle) weiterhin etwa 59 Millionen andere Kraftfahrzeuge gegenüber. Darunter gut 47 Millionen PKW.

Doch obwohl nach wie vor viel rund um den (batterie-) elektrischen Antrieb diskutiert wird, so ist der Trend dennoch glasklar erkenn- und unabwendbar – und das ganz sicher nicht bloß deshalb, weil es für fossil betriebene Verbrenner mittlerweile ein politisches Ablaufdatum gibt.

Nein, wer sich heute oder in nächster Zukunft für ein BEV entscheidet, der kann schlicht eine ganze Reihe von Vorteilen genießen, die kein klassischer Verbrenner jemals nur ansatzweise so leisten kann - systembedingt.

Elektrofahrerin vor der Ladesäule einer Tankstelle
Die wohl bekannteste Lademöglichkeit stellt zwar die Stromtankstelle dar, aber moderne E-Autos können auch an Haushaltssteckdosen geladen werden.

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Die Tankstelle ist wirklich „überall“

Einer der häufig angeführten Diskussionspunkte rund um Elektrofahrzeuge besteht darin, dass der Aufladevorgang deutlich länger dauern würde als selbst das Betanken eines mit einem sehr großen Tank ausgestatteten Verbrenners. Das mag zweifelsohne stimmen – noch. Eines wird dabei jedoch fast immer unterschlagen:

  • Es gibt in Deutschland exakt 14.460 Tankstellen. Zu absolut jeder davon müssen sich Verbrenner-Besitzer im Rahmen eines Umwegs oder Stopps begeben – egal wie klein der Umweg oder kurz der Stopp mitunter sein mag.
  • Es gibt hingegen in Deutschland eine deutlich dreistellige Millionenzahl von Steckdosen nur für 230 und 400 Volt. Ausnahmslos jede davon ist geeignet, um ein BEV mit Energie zu versorgen.

Praktisch jedes (genehmigungspflichtige) Gebäude gleichwelcher Art verfügt über einen Stromanschluss. Dazu jede Menge nicht genehmigungspflichtige Gebäude – und zahllose unbebaute Grundstücke.

Damit ist für Elektrofahrer die Tankstelle buchstäblich „überall“. Und es braucht nur rudimentäres Planungsgeschick, um elektrische Fahrten niemals nur zum „Tanken“ unterbrechen zu müssen.

Strom mag teuer sein – Kraftstoffe sind jedoch noch viel teurer

Deutschland hat mit die höchsten Strompreise der gesamten Welt, daran gibt es nichts schönzureden. Dadurch ist das Aufladen eines BEV hier ebenfalls vergleichsweise teuer. Aber: Selbst solche Preise sind absolut nichts im Vergleich zu den Kosten für fossile Kraftstoffe. Das gilt selbst dann, wenn man das extrem kostspielige Jahr 2022 betrachtet.

Es gilt sogar noch viel stärker, wenn man in die Zukunft schaut: Fossile Kraftstoffe sind schlicht und ergreifend endlich. Die Reserven werden immer weniger, die Preise steigen deshalb automatisch. Und durch die CO2-Bepreisung wird dieser Kostensatz zusätzlich immer weiter an Schärfe hinzugewinnen.

Der Anstieg bei den Strompreisen hat selbst bei uns eine natürliche Grenze. Dann, wenn die Erzeugung weitgehend von fossilen Energieträgern entkoppelt und der Netzausbau beendet ist. Sprechen wir zudem von privaten PV-Anlagen des Fahrzeugbesitzers, dann hilft das Aufladen a) beim Amortisieren und erfolgt b) nach diesem Punkt tatsächlich weitgehend kostenlos.

Anders formuliert: Strom wird langfristig nicht mehr signifikant teurer und danach deutlich günstiger. Fossile Kraftstoffpreise kennen jedoch nur einen Weg, den nach oben.

Antriebseinheit eines Elektrofahrzeugs
Im Vergleich zu Verbrennern ergibt sich bei der Wartung meist ein Kostenvorteil, weil weniger Verschleißteile vorhanden sind.

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Das Thema Wartung ist einfach entspannter und günstiger

Auch ein Stromer teilt sich unterschiedlichste Baugruppen mit seinen fossil angetrieben Gegenübern – Kraftfahrzeug ist nun einmal Kraftfahrzeug. Das bedeutet, wenn beispielsweise eine Inspektion ansteht (die beim BEV ebenfalls im Jahres- oder vorgegebenen Kilometer-Turnus erfolgen muss), dann muss der Mechaniker ungeachtet des Antriebs einige Arbeiten ebenso zwingend durchführen.

Aber:

  • Motoröl- und -filterwechsel,
  • Zahnriemenwechsel,
  • Kontrolle von Auspuffbauteilen,
  • Zündkerzenwechsel,
  • Kupplungswechsel,
  • Keil(rippen)riemenwechsel.

Selbst, wenn wir uns nur auf Wartungsarbeiten konzentrieren und alles außenvorlassen, was außer der Reihe ausfallen kann, dann gewinnt das Elektrofahrzeug haushoch. So vieles muss beim Verbrenner nur rund um den Antrieb geprüft und regelmäßig getauscht werden.

Was das bedeutet? Schnellere Inspektionen, geringere Arbeitskosten, niedrigere Materialkosten. Allein, was ein Zahnriemenwechsel kosten kann, erlaubt bei so manchen BEV gleich mehrere große Inspektionen.

Noch für viele Jahre keinerlei Steuern

Es dürfte nur wenige Durchschnittsverdiener geben, die das schmerzhafte Steuerniveau Deutschlands positiv sehen. Zumal der Verbrenner die Last noch weiter erhöht. Schließlich fallen nicht nur sehr hohe Staatsabgaben auf den Kraftstoff an, sondern ebenso auf die bekannte Kombination aus Antriebsart, Hubraum und Schadstoffklasse für die Kfz-Steuer.

Unter dieser Betrachtung sind Elektrofahrzeuge geradezu „rebellisch“. Zumindest, was die Steuerthematik anbelangt. Nicht nur wird der Kauf staatlich gefördert, sondern es fallen aktuell und noch für sehr lange Zeit keinerlei Kraftfahrzeugsteuern an. Noch bis Ende des Jahres 2030 muss kein einziger Cent an den Staat überwiesen werden – und was die Steuern für die Energie anbelangt, so gibt es eben in Form privater Photovoltaik eine Option, diese ebenfalls zu unterlaufen.

Wird es ab 2031 deutlich teuer? Nein. Denn in dem Fall wird die Steuer gewichtsbezogen angesetzt. Laut dem ADAC sprechen wir im Vergleich zu Verbrenner-Varianten eines PKW von einem um die Hälfte reduzierten Steuersatz.  

Entspanntes Gleiten ohne Störungen

Zugegeben, einige moderne Automatikgetriebe von Verbrenner-PKW können je nach Bauweise so butterweich schalten, dass man es kaum noch mitbekommt. Allerdings bilden solche Getriebe eine echte Minderheit – und kosten erhebliche Aufpreise. Die Mehrheit ist nach klassischem Muster konstruiert oder gleich ein herkömmliches Handschaltgetriebe. Wie unangenehm letzteres sein kann, dürfte jeder wissen, der schon einmal im Stop-and-Go-Verkehr mitunter hunderte Male kuppeln musste.

Anders das BEV: Wo der Motor systembedingt über ein extrem breites Drehzahlband hinweg gleichbleibende Leistungen und Drehmomente liefert, ist schlicht kein Getriebe klassischer Prägung nötig. Nicht einmal fürs Anhalten, um ein Ausgehen zu verhindern, wird es gebraucht (weshalb Berg-Anfahren bei Stromern niemals ein Problem ist).

Die allermeisten Elektroautos haben schlicht eine feste Übersetzung zwischen Motor und Rädern. Und wenn sie rückwärtsfahren sollen? Dann wird einfach der Stromfluss durch einen Tastendruck umgelenkt. Der ganze Elektromotor dreht dann andersherum. Theoretisch könnten E-Autos deshalb rückwärts sogar genau so schnell fahren wie vorwärts.

Autostraße bei Calgiari auf Sardinien
Entspanntes Gleiten

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Mehr im Akku dank Rekuperation

Der Fahrer eines Verbrenners hat hinsichtlich des Kraftstoffverbrauchs nur eine Option: Er kann ihn unterwegs höchstens durch Rollen auf Null drücken. Einerseits funktioniert diese „Motorbremse“ jedoch nicht bei allen Getriebearten. Andererseits ist die sogenannte Schubabschaltung nur bis zu einer gewissen Drehzahl aktiv. Darunter gibt das Motorsteuergerät unweigerlich wieder ein Einspritzsignal.

Bedeutet, beim Verbrenner ist der Verbrauch stets positiv oder neutral. Jeder Elektro-Fahrer hat hingegen die Option, ein Minus vor diesen Wert zu setzen, indem er die sogenannte Rekuperation nutzt. Denn jeder Elektromotor kann sowohl Motor als auch Generator sein. Beim BEV wird deshalb beim Rollen und Bremsen die Bewegungsenergie des Autos als „Motor“ genutzt, der den „Generator“ antreibt, der seinerseits Energie zurück in den Akku leitet.

Etwa 70 Prozent derjenigen Energie, die beim Verbrenner zu 100 Prozent in Wärme umgewandelt wird, gelangt so beim Stromer zurück in den Energiespeicher. Der Nebeneffekt: Bei vielen BEV ist es möglich, das Rekuperationsniveau einzustellen. Dadurch kann das Fahrzeug nur mit dem „Gas“pedal gefahren werden. Lässt man es bei einer hohen Einstellung schnell komplett los, wirkt das ähnlich wie ein beherzter Tritt ins Bremspedal – also Vollbremsung.

Deutlich weniger Angriffsfläche für Kritik

Es gibt manche Personen, die lehnen beinahe jegliche Form von motorisierter Individualmobilität ab; insbesondere in Innenstädten. Solche Menschen sind also auch (privat benutzten) E-Autos gegenüber nicht sonderlich positiv eingestellt. Was allerdings den generellen „kritischen Blick“ der Bevölkerung und nicht zuletzt der Politik anbelangt, so gibt es dennoch eine bemerkenswerte Abstufung – an deren oberen Ende die Besitzer von Verbrennerfahrzeugen stehen. Besonders solche der großen, lauten und/oder leistungsstarken Sorte.

Elektrofahrzeuge hingegen bieten einfach weniger Angriffsfläche:

  • Mehr Energieeffizienz (umgerechnet verbraucht ein Mittelklasse-Elektroauto das Äquivalent von etwa zwei Litern Kraftstoff auf hundert Kilometern).
  • Deutlich geringeres Geräuschniveau innerorts (darüber dominiert das Abrollgeräusch der Reifen).
  • Lokale Emissionsfreiheit und generelle Freiheit, sofern der Strom aus regenerativen Quellen stammt.
  • Nicht durch Umwelt- oder sonstige Fahrverbotszonen betroffen.

Das alles ist selbst im Stand durch den Buchstaben „E“ am rechten Ende der Kennzeichenkombination ersichtlich. Und für so manche Fahrer dürfte es wirklich beruhigend sein, nicht mehr andauernd ihrer Umwelt gegenüber aufgrund ihrer Fahrzeugwahl Rede und Antwort stehen zu müssen.

Fazit

Keine Form von Mobilität ist absolut perfekt. Selbst ein Elektroauto hat beispielsweise noch einen gewissen Fußabdruck und beansprucht Raum auf öffentlichen und privaten Flächen. Aber: Wenn man sich nur auf den durchschnittlichen Fahrer und seine alltäglichen Realitäten fokussiert, dann macht der Elektroantrieb schlicht sehr vieles entspannter.

Sei es, weil er buchstäblich „ruhiger“ läuft, oder weil das damit verbundene Fahrzeug seinem Besitzer eine ganze Menge finanzielle Fragestellungen abnimmt. Es ist im besten Sinn eine Vernunftentscheidung – selbst für Menschen, bei denen die Klima-Thematik im Privatleben nicht alleroberste Priorität genießt.

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