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Ramadan: Fasten auch mit Diabetes?

Vor etwas über zwei Wochen hat für Muslime der Fastenmonat Ramadan begonnen. Wer ihn einhält, isst und trinkt tagsüber nichts. Das ist für den Körper eine echte Herausforderung. Doch was Gesunde meist problemlos vertragen, kann für Menschen mit Diabetes riskant sein. Sollten Menschen mit Zuckerkrankheit daher an Ramadan fasten? Müssen sie es? Und was sollten Betroffene beachten?
SSC, 10.03.2025
Familie beim Fastenbrechen während des Ramadan

© Rani Nurlaela Desandi, iStock

Das Fasten im Ramadan gilt als eine der fünf Säulen des Islam – neben dem Glaubensbekenntnis, dem Gebet, der Almosengabe und der Pilgerfahrt nach Mekka. Der Fastenmonat Ramadan soll – ähnlich wie die christliche Fastenzeit vor Ostern – durch Verzicht und Fasten die innere Einkehr fördern. Während des Ramadans essen und trinken Muslime für rund vier Wochen lang nur vor der Morgen- und nach der Abenddämmerung.

Ein solcher Verzicht auf Essen und vor allem Trinken während der Tagesstunden ist für den Körper eine echte Belastung und setzt den Stoffwechsel unter Stress. Deshalb müssen Kranke, Schwangere, stillende Mütter oder Kinder laut islamischer Regelung nicht fasten. „Trotzdem entscheiden sich viele dafür – was aus religiösen und sozialen Gründen verständlich ist“, erklärt Ina Danquah, Vorsitzende der Arbeitsgruppe Diabetes und Migration der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). „Doch für manche Menschen mit Diabetes kann das Fasten erhebliche gesundheitliche Risiken bergen.“

Warum Diabetiker besonders aufpassen müssen

Der Grund: Gerade bei Diabetes ist es wichtig, den Blutzuckerspiegel stabil zu halten. Denn bei diesen Menschen produziert der Körper nur noch wenig oder gar kein Insulin mehr. Dadurch können Blutzuckerschwankungen nur schwer ausgeglichen werden – das gilt sowohl für ein Zuviel wie ein Zuwenig. Beim Ramadan jedoch isst man den ganzen Tag nichts, am Abend nach Sonnenuntergang dafür aber umso mehr.

Für Diabetiker bringt dies eine doppelte Gefahr mit sich: Wenn sie ihre Medikamente oder Insulindosis nicht anpassen, können sie während des Fastens in eine gefährliche Unterzuckerung abrutschen. Denn das gespritzte Insulin wirkt weiterhin, es kommt aber keine Glukose aus der Nahrung nach. Als Folge bekommen Muskeln, Gehirn und wichtige Organe nicht genug Energie. Eine schwere Unterzuckerung kann dadurch Bewusstlosigkeit verursachen und sogar lebensbedrohlich sein. „Das Risiko für schwere Unterzuckerungen ist während des Ramadans fast fünfmal so hoch wie im restlichen Jahr“, erklärt Alain Barakat, Diabetologe im Diabetes Zentrum Duisburg-Mitte.

Umgekehrt kann beim abendlichen Fastenbrechen Iftar wiederum eine Überzuckerung drohen, da dann oft zucker- und fettreiche Speisen auf den Tisch kommen. Das kann den Blutzucker plötzlich und stark in die Höhe treiben. Experten raten Muslimen mit Diabetes daher, auch beim abendlichen Essen möglichst wenige Kohlenhydrate zu essen und typische Süßigkeiten wie Baklava nur in Maßen zu sich zu nehmen. Stattdessen sollten Betroffene versuchen, vorwiegend Speisen mit Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Gemüsen und magerem Eiweiß zu sich zu nehmen.

Auch der Verzicht auf Getränke während des Fastens kann problematisch sein: Besonders an warmen Tagen kann der Flüssigkeitsmangel zu Dehydrierung führen. Das belastet die Nieren und kann für Diabetiker mit bereits geschwächter Nierenfunktion gefährlich sein.

Süßspeisen eines Ramadanfestmals
Nicht erst zum an den Ramadan anschließenden Zuckerfest werden viele Süßspeisen aufgefahren.

© Raul C, iStock

Wer sollte besser aufs Fasten verzichten?

Menschen mit Diabetes Typ 1 raten die Experten daher vom Fasten ab. Weil ihr Körper gar kein Insulin mehr produziert, ist bei ihnen das Risiko für eine gefährliche Unter- oder Überzuckerung besonders hoch. Zudem kann das Fasten bei Typ-1-Diabetikern eine sogenannte Ketoazidose auslösen. Da ihr Körper kein Insulin produziert, kann er ohne regelmäßige Insulinzufuhr keine Glukose verwerten. Stattdessen beginnt der Körper, Fett abzubauen, wobei saure Ketonkörper entstehen. Das kann zu einer lebensbedrohlichen Übersäuerung des Blutes führen. „Wer dennoch fasten möchte, sollte dies nur unter engmaschiger ärztlicher Kontrolle und mit kontinuierlichem Glukosemonitoring tun“, sagt Barakat. Eine Insulinpumpe kann dabei helfen, die Risiken zu verringern.

Bei Menschen mit dem häufigeren Diabetes Typ 2 sieht dies anders aus. Diese Form der Zuckerkrankheit entwickelt sich meist erst allmählich und tritt besonders häufig bei Älteren auf. Auch bei Typ-2-Diabetikern funktioniert die Blutzucker-Regulierung nicht mehr richtig, meist erzeugt der Körper aber noch etwas eigenes Insulin. Dadurch sind die Blutzuckerwerte stabiler und viele Betroffene müssen zwar Medikamente nehmen, aber kein Insulin spritzen.

Daher ist das Ramadan-Fasten für Muslime mit Diabetes Typ 2 weniger riskant. Sie können fasten, sofern sie ihren Stoffwechsel genau im Blick haben. „Dennoch steigt das Risiko für Über- und Unterzuckerungen deutlich an“, erklärt Ina Danquah. Grundsätzlich sollten Diabetiker mit ihrem Arzt oder Diabetologen abklären, ob sie fasten können.

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