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Riskanter Blick in den Mutterleib?
Dass im eigenen Körper ein neues Leben heranwächst: Manch werdende Mutter kann das zu Beginn der Schwangerschaft kaum glauben. Mit der ersten Ultraschalluntersuchung wird dieses Wunder jedoch plötzlich real. Das Kind im Mutterleib zeigt sich auf dem Bildschirm - und seine gesamte Entwicklung kann von nun an mitverfolgt werden. Wie groß ist der Fötus? Sind alle Finger dran? Welches Geschlecht hat der Nachwuchs? Der Ultraschall wird während der Schwangerschaft zum Fenster in den Bauch der Mutter.
Möglich wird dies, weil die für das menschliche Gehör nicht wahrnehmbaren Ultraschallwellen zurückgeworfen werden, wenn sie im Körperinneren auf ein Hindernis treffen. Diese je nach Körpergewebe unterschiedlich starken "Echos" werden bei der Untersuchung aufgenommen und anschließend von einem Computersystem ausgewertet. Aus den Mustern des reflektierten Schalls entsteht ein bewegtes Bild, das auf einem Monitor erscheint.
Angst vor Folgeschäden
In Deutschland können schwangere Frauen drei sogenannte Basis-Ultraschalluntersuchungen wahrnehmen, die von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt werden. Diese finden in der Regel um die zehnte, die 20. und die 30. Schwangerschaftswoche herum statt. Bei diesen Terminen kontrolliert der Arzt, ob sich das Baby normal entwickelt und ob es Hinweise auf mögliche Probleme wie Fehlbildungen gibt. Ergeben sich Auffälligkeiten oder besteht eine Risikoschwangerschaft, werden gegebenenfalls weitere von der Kasse finanzierte Untersuchungen durchgeführt. Darüber hinaus kann die Mutter auf eigene Kosten zusätzliche Untersuchungen veranlassen.
Doch welche Folgen hat die Sonografie für das Baby im Bauch? Manche Eltern machen sich Sorgen, dass die für die Untersuchung verwendeten Schallwellen ihrem Kind schaden könnten. Tatsächlich wurde in der Vergangenheit immer wieder öffentlich über dieses Thema diskutiert. So wurde unter anderem vermutet, dass der Schall beim Fötus Zellschäden verursachen könnte oder das Risiko für Autismus erhöht. Doch was steckt aus wissenschaftlicher Sicht dahinter?
Unbegründete Sorgen
Laut der neuen Strahlenschutzverordnung ist ein Einsatz des Ultraschalls in der Schwangerschaft in nicht-medizinischen Kontexten ab Ende 2020 verboten. Dies impliziert, dass ein zu häufiges "Schallen" mit Risiken behaftet ist - zu Unrecht, sagt Kai-Sven Heling von der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM): "Trotz jahrzehntelanger Forschungsarbeit gibt es nach wie vor keine Studienergebnisse, die darauf hindeuten, dass Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft irgendeine Gesundheitsbelastung für das ungeborene Kind darstellen."
Lediglich bei dem sogenannten Doppler-Ultraschall entsteht dem Mediziner zufolge erwiesenermaßen eine Temperaturerhöhung im Gewebe, die bei einer langandauernden Anwendung bedenklich sein könnte. "Dieser Ultraschall wäre nur dann potenziell gesundheitsschädigend für den Fötus, wenn er kontinuierlich für mehrere Minuten eingesetzt würde", betont Heling. In der Praxis wird diese spezielle Untersuchungsmethode jedoch sehr selten und jeweils nur für ein paar Sekunden angewendet. Dabei wird dem Untersucher die zu erwartende Wärmeentwicklung kontinuierlich angezeigt.
Nicht immer eindeutig
Doch auch wenn die Anwendung des Ultraschalls zu diagnostischen Zwecken sinnvoll und aus medizinischer Sicht unproblematisch ist: Es gibt durchaus Argumente, die gegen den Blick in den Mutterleib mittels Schallwellen sprechen. So sind nicht alle Untersuchungsergebnisse eindeutig und nicht alle Probleme, die bei einer Sonografie festgestellt werden können, lassen sich auch behandeln.
Für die werdenden Eltern bedeutet dies: Ein Ultraschall kann belasten, verunsichern und schwierige Entscheidungen erforderlich machen. Wer das für sich nicht möchte, muss selbst die von der Kasse finanzierten Basis-Untersuchungen nicht durchführen lassen. Jede Frau hat das Recht, auf alle oder einzelne Ultraschalluntersuchungen während der Schwangerschaft zu verzichten. Auch für ihren Versicherungsschutz hat eine solche Entscheidung keine negativen Folgen