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So gelangt das Trinkwasser in den Wasserhahn
Was im Haus als Leitungswasser ankommt, entnimmt der Betreiber der örtlichen Wasserwerke zuerst als Oberflächenwasser, Quellwasser oder Grundwasser aus dem Wasserkreislauf. Dabei handelt es sich um das sogenannte Rohwasser, welches es im Wasserwerk aufzubereiten gilt, damit es den hohen Trinkwasseransprüchen auch genügt.
Dieses Rohwasser ist häufig schon so rein, dass es nur noch wenig oder gar nicht aufbereitet werden muss. Falls aber eine Behandlung notwendig ist, wird es auf natürliche Weise - beispielsweise mit Sandfiltern - gereinigt. Die Unternehmen der Wasserversorgung sind darauf bedacht, dass das Produkt, welches bei den Kunden in der Leitung ankommt, so naturbelassen wie möglich ist, haben gleichsam aber Normen und Richtlinien einzuhalten. Über das öffentliche Leitungsnetz gelangt das Trinkwasser schließlich ins Haus, wo es über Rohrleitungen zu den jeweiligen Wasserhähnen weiterverteilt wird.
Wo das Trinkwasser herkommt
Trinkwasser aus dem Hahn entstammt in Deutschland zwar immer einer Anlage, in der es kontrolliert und gefiltert wurde. Woher diese Anlage jedoch ihr Wasser bezieht, ist unterschiedlich. Hierzu ist es wichtig, die Unterschiede der Wässer zu kennen:
Oberflächenwasser
Damit wird prinzipiell jedes Wasser bezeichnet, das sich auf der Erdoberfläche befindet. Hierzu zählt vor allem Wasser aus stehenden und fließenden Gewässern. Allerdings gehört ebenso Regen (Niederschlagswasser) dazu.
Grundwasser
Grundwasser ist hingegen Wasser, das nur unter der Erdoberfläche vorhanden ist. In der Hauptsache handelt es sich dabei um durch Versickerung eingedrungenes Niederschlagswasser. Zumindest in der Nähe von Oberflächengewässern kann jedoch ein Teil des Grundwassers aus von dort versickertem Wasser bestehen.
Dabei sinkt Grundwasser so lange durch das Erdreich ab, bis es an einer wasserundurchlässigen Erdschicht angelangt ist. Dadurch ist die Tiefe regional völlig unterschiedlich. Sie wird zudem weiter durch geologische Formationen an der Erdoberfläche bestimmt. Übrigens ist Grundwasser aufgrund der sehr langsamen Versickerung äußerst alt: mehrere hundert bis tausend Jahre kann es unter der Erdoberfläche verweilen.
Ein Vorteil des Grundwassers für die Trinkwasseraufbereitung ist, dass beim Einsickern zahlreiche Schwebstoffe zurückgehalten werden, die das vorherige Oberflächenwasser verunreinigten. Die meisten Wasserversorger setzen deshalb auf Brunnen, um an dieses Wasser zu gelangen – das senkt ihren Reinigungsaufwand und die Kosten erheblich.
Die Bedeutung von Oberflächen- und Grundwasser für die Nutzung
Zwar gibt es mehrere Möglichkeiten, Wasser zu nutzen. Was jedoch unser Trinkwasser anbelangt, so hat Grundwasser die größte Bedeutung. Mehr als die Hälfte unseres Trinkwassers entstammt aus dieser Quelle. Nur dort, wo das nicht ausreicht, muss weiteres Wasser zugesetzt werden – etwa abermals im Wasserwerk gereinigtes, bereits geklärtes Wasser.
Regenwasser hingegen wird typischerweise für völlig andere Aufgaben genutzt, bei denen die Verschmutzung keine Rolle spielt. Hierunter vor allem das Wässern von öffentlichen Grünflächen, aber auch für die Reinigung von Straßen und Abwassersystemen. Das ist nicht nur aufgrund der im Vergleich zu Grundwasser aufwendigeren Filtrierung bis zur Trinkwasserqualität sinnvoll: Da Regenwasser vor dem Niederschlag verdampftes Wasser (also Wolken) war, fehlen ihm viele Mineralien, die für menschlichen Genuss zwingend enthalten sein müssen. Würde ein Wasserwerk Regenwasser nutzen, müsste es dies also nicht nur aufwendiger reinigen, sondern mit Mineralien versetzen.
Was genau ist Trinkwasseraufbereitung?
Als Trinkwasseraufbereitung versteht man grundsätzlich das zielgerichtete Verändern der Wasserqualität. Dazu zählt die Entfernung unerwünschter Stoffe (beispielsweise Kohlensäure und Schadstoffe) sowie die Anreicherung des Wassers mit erwünschten Stoffen. Die Aufbereitung für industrielle Zwecke geschieht dabei teilweise nach anderen Vorgaben, als sie für das Trinkwasser gelten. Wasser, welches der Trinkwasserverordnung entspricht, lässt sich ohne gesundheitliche Risiken trinken.
Die Aufbereitung des Trinkwassers
Um eine gleichbleibend hohe Qualität zu garantieren, hat Deutschland die Aufbereitung durch Gesetze geregelt. Wie erwähnt müssen Unternehmen, die sich um die Versorgung der Menschen mit Trinkwasser kümmern, zahlreiche Bestimmungen und Normen einhalten, die die Wasserqualität sicherstellen sollen. Die wichtigste einzuhaltende Norm dabei ist die deutsche Trinkwasserverordnung (TVO).
So hat das Bundesministerium für Gesundheit genau festgelegt, welche Verfahren und Stoffe für die Aufbereitung und Desinfektion des Trinkwassers eingesetzt werden dürfen. Eines der häufigsten zum Einsatz kommenden Verfahren ist das Entfernen von natürlich enthaltener Kohlensäure. Hierzu leitet man das Wasser durch sogenannte Riesler. Während das Wasser in den Geräten herunterrieselt, nimmt die gereinigte Luft überschüssige Kohlensäure auf. Sollte das Grundwasser einen erhöhten Wert an Eisen oder Mangan enthalten, wird auch der Überschuss dieser Mineralien entfernt.
Das hat jedoch vor allem ästhetische Gründe. Denn ein hoher Eisengehalt im Trinkwasser sorgt dafür, dass es leicht bräunlich wird, was nicht nur beim Trinken unangenehm wirkt, sondern auch zum Verfärben von Wäsche beitragen kann. Um auch kleinste Verunreinigungen entfernen zu können, wird das Wasser durch Sandfilter oder Aktivkohle geleitet.
Weitere Methoden
Es gibt verschiedene Methoden der Trinkwasseraufbereitung, von denen die meisten hochkomplex sind. Neben Kohlensäureentfernung durch Riesler und die Filtrierung durch Sand oder Kohle sind folgende Methoden gängig:
- Belüftung: Beim Belüften des Rohwassers werden Schwefelwasserstoff und Kohlensäure aus dem Wasser ausgetrieben. Zudem bewirkt die Belüftung, dass im Wasser gelöstes Mangan und Eisen zu kleinen Flocken oxidiert, welche später über Filter austreten.
- Enthärtung: Ist das Wasser zu hart, können Wasserwerke dieses durch Ionenaustausch oder Entcarbonisierung enthärten. Bei letzterer kommt beispielsweise Kalkmilch zum Einsatz, mit deren Hilfe im Wasser verbliebenes Calciumcarbonat entfernt werden kann. Der Ionentausch ersetzt Härtebildner wie Magnesium und Calcium durch Natriumionen.
- Desinfektion: Manchmal ist die Desinfektion des Rohwassers unumgänglich, um potenziell enthaltene Keime abzutöten beziehungsweise um das Verkeimen auf dem Weg zu den Haushalten zu verhindern. Hierzu kommt neben Chlor und UV-Strahlen auch Ozon zum Einsatz.
Trinkwasser und Kläranlagen
In Deutschland dienen Kläranlagen der Reinigung des Abwassers, jedoch nicht der direkten Trinkwassergewinnung. Während des Reinigungsprozesses können mithilfe von unterschiedlichen Verfahren die im Abwasser zurückgebliebenen Stoffe entfernt werden. Das gesäuberte Wasser kommt nach der Reinigung in den Vorfluter. So heißen Gewässer - meistens Bäche oder Flüsse - die in der Nähe einer Kläranlage verlaufen. Auf diese Weise kann die Natur selbst für die weitere Reinigung des Klärwassers sorgen. Regelmäßige Kontrollen stellen sicher, dass keine Schadstoffe aus der Kläranlage austreten.
Wassertransport und -versorgung
Nach der Aufbereitung ist das Wasser endlich bereit für den Transport in die Haushalte. Damit die Wege möglichst kurz bleiben, ist die deutsche Wasserversorgung regional organisiert. Mehr als 6.200 Unternehmen und über 60.000 darin beschäftigte Menschen sind dafür zuständig, sauberes und frisches Wasser in die Leitungen zu pumpen. Jährlich stellen sie etwa 5,2 Milliarden Kubikmeter frisches Wasser bereit, wie das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit offenlegt (PDF-Doc).
Würde man alle Wasserleitungen aneinanderreihen, ergäben sie eine Länge von 530.000 Kilometern. Weil Wasser für das menschliche Leben notwendig ist, beschäftigt sich in Deutschland die öffentliche Daseinsvorsorge sowohl mit der Versorgung als auch mit der Abwasserbeseitigung. In anderen Worten: Der Staat ist für die Aufbereitung und Bereitstellung von frischem Trinkwasser zuständig. Somit obliegt den Gemeinden die Zuständigkeit für die Versorgung mit Trinkwasser.
Auf dem Land beliefern eher kleine Unternehmen der Wasserwirtschaft eine vergleichsweise kleine Einwohnerzahl, während in den Ballungszentren der Großstädte und Metropolen besonders viele Einwohner durch relativ wenige Unternehmen versorgt werden müssen. Die Struktur der Besiedlung eines Landes spiegelt sich also in der Struktur der Wasserversorger wider.
Instandhaltung der Leitungen
Damit das Trinkwasser qualitativ hochwertig und sauber bleibt, müssen auch die Wasserleitungen in Ordnung sein. Je nach Zusammensetzung des örtlichen Trinkwassers bestehen diese aus unterschiedlichem Material. In den meisten Fällen ist dieses aber Kunststoff oder Kupfer. Der Installateur weiß in der Regel, welche Leitungen wo einzusetzen sind, weil er beim örtlichen Wasserversorgungsunternehmen registriert ist. Die richtigen Rohre einzusetzen ist deshalb wichtig, damit diese nicht vorzeitig korrodieren und die Korrosionsprodukte an das Wasser abgeben.
Wie erfolgreich ist die Wasseraufbereitung?
Im internationalen Vergleich gilt die Trinkwasserqualität hierzulande als sehr hoch. Jedoch erfasst die vorgeschriebene Routinekontrolle nicht alle potenziell gefährdenden Stoffe, weshalb auch in Deutschland ein gewisses Restrisiko besteht. Gelegentliche Skandale wie die Belastung des lokalen Trinkwassers mit der Chemikalie PFOA verdeutlichen dies.
Doch erneut sei unterstrichen: Deutschland gehört zu den wenigen Ländern, in denen man überall vollkommen unbedenklich Leitungswasser trinken kann.