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Studieren im Ausland mit Erasmus+

Studieren im Ausland? Heutzutage ist dies eine Selbstverständlichkeit, die immer mehr Studierende in Anspruch nehmen. Bei vielen wurde dies erst durch das EU-Förderprogramm „Erasmus+“ möglich. Doch was genau verbirgt sich hinter der Bezeichnung? Was macht das in diesem Jahr 35-jähriges Jubiläum feiernde Programm so besonders? Und profitieren tatsächlich nur Studenten?
KMI, 23.06.2022
Studentin im Hofe des Palazzo dell’Archiginnasio in Bologna

RossHelen, GettyImages

Das EU-Förderprogramm ERASMUS+ ist jetzt 35 Jahre alt geworden. Gegründet am 15. Juni 1987 als "EuRopean Community Action Scheme for the Mobility of University Students“ sollte es europaweite Zusammenarbeit in der Bildung ermöglichen und diese durch Auslandsaufenthalte europäischer Studenten fördern. Das Akronym erinnert daher an den Humanisten Erasmus von Rotterdam (1466-1536), einen der Vorreiter der europäischen Aufklärung Mittlerweile hat das Programm sein Ziel mehr als erreicht und bereits etwa zehn Millionen Menschen aus allen Bildungsschichten einen solchen Aufenthalt im Ausland ermöglicht.

Um dafür zu sorgen, dass zukünftig noch mehr Menschen von dem Programm profitieren können, wird das Bildungsprogramm zunehmend finanziell unterstützt. Wurden von 2014 bis 2020 noch knapp 15 Milliarden bereitgestellt, sind es jetzt von 2021 bis 2027 mit knapp 28 Milliarden Euro fast doppelt so viel. In dem aktuellen Programm von 2021 sollen nun vermehrt Schwerpunkte auf Chancengerechtigkeit, Inklusion und Vielfalt sowie das Thema Nachhaltigkeit gelegt werden. So wird es beispielsweise besonders gefördert, wenn man „auf nachhaltigem Weg“ mit Bus oder Bahn in sein Zielland anreist.

Mehr als ein Austauschprogramm für Studenten

Schon in den 1970er Jahren gab es die Idee, die Bildung an Europas Universitäten einheitlicher zu machen und gemeinsame Studienprogramme zu fördern. Daraus entstand im Jahr 1987 das Förderprogramm „Erasmus – lebenslanges Lernen“ als studentisches Austauschprogramm. Dieses hat sich seitdem immer weiterentwickelt und aus Erasmus, dem einfachen Austauschprogramm für europäische Studierende, entstand im Jahr 2014 „Erasmus+“.

Dieses vereint nun zusätzlich verschiedene weitere Förderprogramme, wie „Leonardo da Vinci“ für berufliche Bildung, „Comenius“ für Schulbildung, „Grundtvig“ für Erwachsenenbildung oder „Jugend in Aktion“, in sich. Außerdem wird neben der Bildung erstmals sogar Sport gefördert, wodurch unter anderem Doping bekämpft, duale Ausbildung von Sportlern sowie körperliche Betätigung und sozialer Zusammenhalt unterstützt werden sollen.

Nicht nur für Studierende

Damit richtet sich Erasmus+ heutzutage nicht mehr nur an Studierende, sondern an viele verschiedene Zielgruppen: von Schülern und Jugendlichen, über die Studenten, Jungunternehmer, Auszubildende oder Praktikanten bis zum Personal und Lehrkräften an Hochschulen. Zudem werden nicht nur Einzelpersonen, sondern auch ganze Organisationen gefördert.

Das Programm ist dabei nicht nur für Europa oder die europäischen Bürger gedacht, sondern offen für Teilnehmer aus allen Ländern. So nehmen neben den 27 Mitgliedsstaaten der EU auch die Nicht-EU Länder, Island, Liechtenstein, Nordmazedonien, Norwegen, Serbien und die Türkei teil.

Trotz dieser unterschiedlichen Zielgruppen und obwohl es keine Altersbegrenzung gibt, sind der Hauptanteil der Teilnehmer junge Erwachsene zwischen 19 und 30 Jahren. Ein Hauptaspekt des Förderprogramms sind noch immer junge Studierende, die in vielerlei Hinsicht von einer Teilnahme profitieren. Und das nicht nur durch eine finanzielle Unterstützung, sondern auch durch einmalige Auslandserfahrungen, wie dem Kennenlernen fremder Kulturen, dem Knüpfen neuer Freundschaften oder der Verbesserung der Sprachkenntnisse. Das alles soll zudem für bessere Karrierechancen und Berufsaussichten nach dem Studienabschluss sorgen.

Wie funktioniert Erasmus?

Aber wie wird man überhaupt Erasmus-Student? Eine wichtige Voraussetzung für diese Förderung ist zum einen, dass man sich mindestens im dritten Semester des Bachelor- oder im ersten Semester des Masterstudiums befindet. Außerdem muss man ein sogenanntes „Learning Agreement“ unterzeichnen, in dem man sich bereit erklärt, bestimmte Leistungen im Ausland zu erbringen. In der Regel umfasst dies eine bestimmte Anzahl von Vorlesungen und bestandenen Klausuren. Welche Veranstaltungen und Prüfungen man dafür belegt, kann man aber selber wählen. Je nach Hochschule ist außerdem manchmal der Nachweis der erforderlichen Sprachkenntnisse nötig.

Und wie genau wird man dann unterstützt? Zuerst einmal fallen jegliche Studiengebühren und Kosten für den Zugang zu Bibliotheken oder Labors, die normalerweise im Ausland gezahlt werden müssten, weg. Zusätzlich kann man eine finanzielle Unterstützung zwischen 150 und 500 Euro pro Monat erhalten. Diese ist aber abhängig von dem Land, in das man reisen möchte. Weil sich die Lebenshaltungskosten je nach Land unterscheiden, hat die europäische Kommission die Zielländer abhängig von den Kosten in drei Ländergruppen eingeordnet und die Zahlungen an diese angepasst. Die Zuschüsse können aber auch höher ausfallen, wenn man beispielsweise mit Kind oder als Erster in der Familie studiert.

Insgesamt muss ein solcher Auslandsaufenthalt mindestens drei und darf maximal 12 Monate dauern. Danach muss das Geld dann nicht zurückgezahlt werden und eine solche Förderung ist sogar mehrmals möglich.

Wer sind die Anlaufstellen in Deutschland?

Bei uns in Deutschland haben es sich vier sogenannte „Nationale Agenturen“ zur Aufgabe gemacht, das europäische Erasmus Programm umzusetzen. Das bedeutet, sie beraten bei der Planung der Auslandsprojekte, bei der Bewerbung oder Antragstellung. Auch das Geld, das durch die EU über Erasmus bereitgestellt wird, wird durch die Agenturen verteilt.

Die nationalen Agenturen in Deutschland sind der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD), der für Erasmus an Hochschulen zuständig ist, der Pädagogische Austauschdienst (PAD) für den schulischen Bereich sowie das Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) für berufliche Bildung und Erwachsenenbildung und die Organisation der Jugend für Europa (JFE), die Jugendarbeit und junge Menschen unterstützt.

Insgesamt hat sich aus einem „einfachen“ Austauschprogramm für europäische Studierende damit ein internationales Bildungs-Förderprogramm entwickelt, von dem heute nicht nur europäische Studenten durch länderübergreifende Studienprogramme profitieren, sondern auch Menschen mit ganz verschiedener Herkunft, Bildungsstand und Berufen. Genauso kommt auch der EU der internationale Austausch und die Verständigung in Europa zugute.

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