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Warum essen wir nach dem Sport oft mehr?

Ob Joggen, Schwimmen oder Radfahren – machen wir Sport, verbraucht der Körper viel von der Energie, die wir übers Essen aufgenommen haben. Verbrauchen wir dabei mehr als wir essen, nehmen wir ab. Das macht den Sport gerade für Menschen mit Übergewicht interessant, die Gewicht verlieren möchten. Doch oft reicht die körperliche Bewegung alleine nicht aus, um abzunehmen. Denn viele essen durch den Sport mehr als üblich. Aber warum?
ABO, 24.06.2021

Sport macht oft erst recht Appetit.

thinkstock.com, Ridofranz

Laut einer Statistik der Deutschen Adipositas Gesellschaft sind in Deutschland rund zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen übergewichtig. Vielen Betroffenen fallen durch das erhöhte Gewicht alltägliche Aktivitäten wie der Einkauf, der Gang zum Arzt oder das Treppensteigen sehr schwer und sie haben ein großes Risiko für Krankheiten wie zum Beispiel Diabetes-Typ 2, Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, Bluthochdruck oder Schlaganfälle.

Sport gegen die Kilos?

Aus diesen und weiteren Gründen nehmen sich viele Betroffene vor, abzunehmen: Laut Untersuchungen wollten im letzten Jahr rund sieben Millionen Menschen in Deutschland an Gewicht verlieren. In der Theorie ist das ganz einfach:  Wenn man mehr Energie verbraucht, als man durchs Essen zu sich nimmt, schwinden die Fettpolster. Das funktioniert besonders gut mit körperlicher Bewegung, denn durch Sport werden mehr Kalorien verbraucht als im Sitzen, Stehen oder Liegen.

Das Problem: Der Sport macht oft erst recht Appetit. Dadurch essen wir oft mehr als wir sollten und nehmen dann trotz Training zu anstatt ab. Warum das so ist, haben nun Forscher um Karsten Köhler von der Technischen Universität München unter die Lupe genommen. Sie wollten prüfen, wie die körperliche Bewegung unser Ernährungsverhalten beeinflusst. „Im Sportkontext haben wir das Phänomen, dass Menschen nach körperlicher Bewegung zu viel essen“, erklärt Köhler. „Wir wollten deshalb anhand eines hypothetischen Experiments herausfinden, warum Menschen nach dem Sport mehr essen als wenn sie keinen Sport treiben.“

Nach einem anstrengenenden Training essen wir oft mehr als wir sollten und nehmen dann sogar zu anstatt ab.

thinkstock.com, ntonio_Diaz

Wie wirkt sich Sport auf uns aus?

Dazu baten die Experten rund 40 normalgewichtige Frauen und Männer im Alter zwischen 19 und 29 Jahren zunächst einen Fragebogen auszufüllen. Darin sollten sie angeben, wie sie ihren Hunger und ihre Sättigung einschätzen und welche Nahrungsmenge und Speisen sie bevorzugt essen. Die Vorlieben wurden dabei sowohl für das Essen direkt nach dem Sport als als auch für einen Verzehrvier Stunden später ermittelt.

Nach der Beantwortung des ersten Fragebogens absolvierte die eine Hälfte der Teilnehmer ein 45-minütiges Training auf einem Fahrradergometer und die andere machte in der gleichen Zeit eine Ruhepause. Direkt im Anschluss füllten die Testpersonen den Fragebogen ein zweites Mal und nach 30 Minuten Pause dann noch ein drittes Mal aus. Dieses Experiment wurde später mit allen Probanden wiederholt, wobei die Teilnehmer die Gruppen wechselten - alle, die trainiert hatten, machten die Pause und andersherum.

Training weckt Verlangen nach Essen

Dabei zeigte sich: Tatsächlich beeinflusste die Bewegung die Lust aufs Essen der Teilnehmer. Im Vergleich zur Ruhepause sorgte der Sport dafür, dass die Probanden angaben, größeren Mengen essen zu wollen, sowohl unmittelbar nach dem Training als auch 30 Minuten danach. Gleiches galt auch für den Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme. Die Testpersonen der Sportler-Gruppe wollten lieber sofort etwas essen.

Damit bestätigen die Ergebnisse dass sich das Essverhalten tatsächlich durch den Sport verändert. „Auf Basis der Studie konnten wir erstmals zeigen, dass sich bestimmte Eigenschaften, wie die Menge und die ‚Dringlichkeit‘, mit der eine Person essen möchte, über den Verlauf einer körperlichen Belastung verändern“, fasst Köhler zusammen.

Gezieltere Hilfe für Abnehmwillige

Diese Erkenntnis könnte es in Zukunft leichter machen, Menschen mit Übergewicht beim Abnehmen zu helfen. „In Anbetracht der Tatsache, dass die Gewichtsabnahme für viele ein Hauptmotiv für das Sporttreiben ist und ein Nichterreichen der gewünschten Gewichtsabnahme den Ausstieg aus dem Sport wahrscheinlich macht, könnten unsere Erkenntnisse die langfristige Einhaltung von Trainingsprogrammen verbessern und zu günstigen gesundheitlichen Ergebnissen über die Gewichtsabnahme beitragen“, folgert der Experte.

Die Betroffenen können für einen besseren Abnehmrrfolg zum Beispiel aufgeklärt werden, dass eine Stunde Sport je nach Art und Intensität nur 200 bis 800 Kilokalorien verbrennt und man sich deshalb nicht mit sehr viel mehr Essen als üblich dafür „belohnen“ sollte, dass man aktiv war. „Letztendlich muss man die richtige Balance finden. Aber der Sport darf auf keinen Fall als Entschuldigung herhalten, mehr zu essen“, resümiert Köhler.

Was eignet sich nach dem Sport?

Außerdem ist fürs Abnehmen auch entscheidend, dass „Richtige“ zu essen. Insbesondere sehr fettige oder süße Speisen sind Kalorienbomben und machen oft nur kurzfristig satt. Nach dem Sport empfiehlt es sich deshalb, statt Fast Food und Süßigkeiten eher Gemüse sowie etwas Eiweißhaltiges zu essen. Nach Ausdauersport ist außerdem Vollkorngetreide hilfreich. Das Eiweiß unterstützt das Muskelwachstum, was wiederum den Energieverbrauch fördert.

Zudem sättigen die proteinhaltigen Lebensmittel schnell und füllen die Energiereserven auf. So kann man beispielsweise Naturjoghurt essen oder Gemüse mit Quarkdip und dazu eventuell Haferflocken oder Vollkornbrot kombinieren. Isst man dabei langsam, spürt man auch eher, wann das Sättigungsgefühl einsetzt.

Zudem raten Experten dazu, beim Sport und danach viel Wasser und keine alkoholischen Getränke zu trinken. Dadurch verringert sich das Hungergefühl und der Körper bekommt die beim Schwitzen verlorene Flüssigkeit wieder, ohne dass man etwa durch das Bier oder den Wein mehr Kalorien zu sich nimmt. Um die Wahl und Menge der Lebensmittel und Getränke besser im Blick zu behalten, kann es helfen, ein Ernährungstagebuch zu führen, indem man täglich dokumentiert, wann und wo man etwas isst und wie viel davon.

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