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Warum kann unsere Haut jucken?

Wir alle kennen das unangenehme Gefühl: Die Haut juckt und wir wollen nur, dass es möglichst schnell wieder aufhört. Denn bei anhaltendem Jucken fällt es uns besonders schwer, dem Impuls zu widerstehen, an der Stelle zu kratzen. Vor allem Menschen mit Neurodermitis leiden stark darunter, aber auch Menschen ohne Vorerkrankungen kennen etwa juckende Insektenstiche. Doch wodurch wird der Juckreiz eigentlich ausgelöst?
CKR, 17.12.2023
Symbolbild Juckreiz
Neurodermitis und Ekzeme werden meist von einem hartnäckigen Juckreiz begleitet. Auslöser ist dabei ein Bakterium.

© tylim / GettyImages

Wenn uns eine Mücke sticht oder wir eine Brennnessel berühren, kann ein fieser Juckreiz auftreten. Das dürfte den meisten von uns schon einmal passiert sein. Aber warum juckt es uns eigentlich? Der biologische Prozess dahinter funktioniert in beiden Fällen nach einem ganz ähnlichen Prinzip, wie Studien zeigen. Demnach reizen chemische Substanzen im Speichel der Insekten oder im Sekret der Pflanzen die Nervenenden in unserer Haut. Diese transportieren das Signal an unser Gehirn und lösen so einen Juckreiz aus. Die Nerven können dabei sowohl indirekt über das Immunsystem oder direkt durch die Substanzen der Insekten und Pflanzen gereizt werden.

Auch ein Wollpullover kann fies jucken. Dass diesem Juckreiz ebenfalls ausgeschiedene Substanzen eines Lebewesens zugrunde liegen, ist jedoch unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist hierbei ein anderer, eher mechanischer Auslöser: Da Wollfasern relativ grob und rau sind, können sie die Haut kratzen und so direkt die Nervenenden reizen. Es handelt sich dabei um dieselben Nervenzellen, die auch Signale von Berührungen, Hitze und Schmerz erkennen.

Staphylococcus aureus sekundärelektronenmikroskopische Aufnahme
Staphylococcus aureus ist ein kugelförmiges Bakterium, das fast überall in der Natur vorkommt, auch auf der menschlichen Haut und der Schleimhaut, wo es aber meist keine Krankheitssymptome auslöst.

© U. S. Department of Agriculture

Was steckt hinter dem Jucken bei Hauterkrankungen?

Ebenfalls oft mit einem anhaltendem Juckreiz und einer Überempfindlichkeit verbunden sind Hauterkrankungen wie Ekzeme und Neurodermitis. Dafür mitverantwortlich ist ein bakterieller Erreger, wie ein Forschungsteam an der Harvard Medical School kürzlich herausgefunden hat. Demnach ist bei Menschen mit chronischen Hauterkrankungen wie Ekzemen, Schuppen- oder Borkenflechte das Gleichgewicht der natürlicherweise auf unserer Haut lebenden Mikroben gestört, wodurch sich das gängige Hautbakterium Staphylococcus aureus stärker ausbreiten kann.

Dieser Mikroorganismus scheidet ein bestimmtes Enzym aus, die Protease V8, das eine Kettenreaktion auslöst: V8 aktiviert das bis dahin ruhende Protein PAR1 auf der Oberfläche von Nervenfasern in unserer Haut. Die Nerven senden dann genau wie bei Insektenstichen, Brennnesseln und Wollpullis ein Signal an unser Gehirn, das den Reiz als Jucken interpretiert.

Doch was hat die Mikrobe davon? Möglich wäre es zum Beispiel, dass die Bakterien das vom Juckreiz ausgelöste Kratzen zu ihrem Vorteil nutzen können: „Der Juckreiz-Kratz-Zyklus könnte den Mikroben zugutekommen und ihre Ausbreitung zu entfernten Körperstellen und anderen Wirten ermöglichen“, vermuten die Forscher. Ob das Jucken und Kratzen dem Bakterium aber tatsächlich hilft, müssen weitere Studien zeigen.

Was bringen diese Erkenntnisse?

Möglicherweise ist das Bakterium Staphylococcus aureus mit dieser speziellen Juck-Technik aber nicht allein. Bei vielen Kranheitserregern, darunter Pilze, Viren und Bakterien, ist zwar bekannt, dasss sie von Juckreiz begleitet werden, aber wie sie Juckreiz verursachen, ist nicht klar. In zukünftigen Arbeiten wollen die Forscher daher untersuchen, ob und wie neben S. aureus auch andere Mikroben einen Juckreiz bei uns Menschen auslösen können.

Neue Erkenntnisse könnten dann auch dabei helfen, neue Therapien gegen den Juckreiz zu entwickeln. In ersten Tests bei Mäusen haben die Forscher bereits herausgefunden, dass ein als Gerinnungshemmer zugelassenes Medikament den Juckreiz lindert, indem es das vom Bakterium aktivierte Protein PAR1 hemmt. Mit diesem Wissen könnten nun auch neue Medikamente und Cremes gegen das Jucken bei Hauterkrankungen entwickelt werden, die auf demselben Wirkstoff beruhen.

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