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Was ist ein Betriebsrat? Rechte, Pflichten, Gründung

Nahezu die Hälfte der in Deutschland in der Privatwirtschaft beschäftigten Personen werden laut dem Statistischen Bundesamt durch Arbeitnehmervertretungen repräsentiert. Eine entscheidende Rolle spielt dabei vor allem die Größe des Betriebes. Während in Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern ein Betriebsrat in Deutschland nahezu obligatorisch ist, gibt es bei den Unternehmen mit 5 bis 50 Mitarbeitern bei nur neun Prozent davon einen Betriebsrat. Doch was macht ein Betriebsrat eigentlich genau? Welche Rechte und welche Pflichten hat er und was ist bei der Gründung zu beachten?

Ein Betriebsrat kümmert sich vor allem um die sozialen und wirtschaftlichen Interessen der Belegschaft und dient als Vermittler zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgeber.

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Was ist ein Betriebsrat?

Bei dem Betriebsrat handelt es sich um eine von der Belegschaft eines Unternehmens gewählte Vertretung, die die wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vertreten soll. Im Alltag besteht die Aufgabe im Wesentlichen darin, die Wahrung der Rechte von Angestellten sicherzustellen und den Betriebsalltag durch entsprechende Mitgestaltungsrechte mitzubestimmen.

Die Geschichte des Betriebsrats in Deutschland ist eng mit der Demokratiebewegung verknüpft. Die ersten entsprechenden Entwicklungen hierzulande gab es im Zuge der Novemberrevolution im Jahr 1918. Die ersten Gesetze dazu gab es schließlich im Jahr 1920. Nachdem die Betriebsräte in der Zeit des Nationalsozialismus verboten wurden, gehören sie seit dem Jahr 1952 durchgängig zum deutschen Unternehmensbild.

Die entsprechenden Regelungen zu den Betriebsräten finden sich im Betriebsverfassungsgesetz, das schon zahlreiche Reformen und Änderungen erlebt hat. Dort ist auch festgehalten, dass Unternehmen ab fünf Mitarbeitern eine Mitarbeitervertretung wählen dürfen. In diesem Fall werden die Aufgaben nur von einem einzigen Kollegen übernommen. Doch je größer ein Betrieb ist, desto größer ist auch die Anzahl der Betriebsräte.

Der Betriebsrat darf von allen Personen ab 18 Jahren im Unternehmen gewählt werden. Dabei ist es unerheblich, ob es sich dabei um Vollzeitkräfte, Teilzeitkräfte, Aushilfen oder Auszubildende handelt. Auch Leiharbeiter haben ein Wahlrecht, wenn sie seit mehr als drei Monaten im Unternehmen beschäftigt sind. Lediglich leitende Mitarbeiter dürfen nicht an der Wahl teilnehmen.

Welche Aufgaben hat ein Betriebsrat?

Die Aufgaben eines Betriebsrates sind sehr vielfältig und unterscheiden sich von Unternehmen zu Unternehmen im Detail sehr stark. Generell kümmert er sich vor allem um Themen wie Arbeitsschutz, Sicherheit am Arbeitsplatz sowie Umweltschutz.

Er dient als Vermittler zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgeber. In dieser Funktion holt er zum einen Informationen über den aktuellen Stand des Unternehmens ein und informiert die Mitarbeiter davon und trägt zum anderen Anregungen und Vorschläge der Mitarbeiter an die Führungskräfte weiter.

Zu den vorherrschenden Themen in den meisten Unternehmen Deutschlands gehören vor allem Arbeits- und Pausenzeiten, die Anordnung von Überstunden, bestimmte Urlaubsregelungen wie etwa eine Urlaubssperre und auch die Gestaltung der Arbeitsräumlichkeiten. In den letzten Jahren hat vor allem auch das Thema private Internetnutzung im Betrieb an Bedeutung gewonnen.

Eine wichtige Rolle nimmt der Betriebsrat immer dann ein, wenn Mitarbeiter versetzt oder gekündigt werden sollen. Grundsätzlich ist eine Kündigung nur nach einer vorherigen Anhörung durch den Betriebsrat möglich. In bestimmten Fällen darf er Widerspruch gegen die geplante Kündigung einlegen. Geht es um betriebsbedingte Entlassungen, prüft der Betriebsrat die Auswahl der betroffenen Mitarbeiter vor allem nach sozialen Gesichtspunkten.

So einfach wie im angloamerikanischen Raum funktioniert „hire and fire“ in Deutschland nicht. Dafür sind unter anderem auch die Betriebsräte verantwortlich.

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Welche Rechte und Pflichten hat ein Betriebsrat?

Der Betriebsrat hat per Gesetz wesentlich mehr Rechte als andere Arbeitnehmer. Er darf alle Missstände im Betrieb beanstanden und darauf drängen, dass diese beseitigt werden. Das kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn sich das Unternehmen wissend nicht an das Arbeitszeitengesetz hält.

Um die Sachlage in Einzelfällen besser beurteilen zu können, hat der Betriebsrat darüber hinaus das Recht, einen fachkundigen Sachverständigen in ein bestimmtes Thema miteinzubeziehen. Das könnte beispielsweise dann der Fall sein, wenn es um komplizierte Fragen im Zusammenhang mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) geht. Zusammengefasst hat ein Betriebsrat vor allem die folgenden Rechte:

  • Informationsrecht (zum Beispiel bei der Personalplanung)
  • Beratungsrecht (zum Beispiel bei der Durchführung von Betriebsänderungen)
  • Anhörungsrecht vor Ausspruch einer Kündigung
  • Vetorecht bei personellen Einzelmaßnahmen
  • Mitbestimmungsrecht (zum Beispiel bei Arbeitszeit und Urlaub)

Damit sich Arbeitgeber nicht so einfach von einem unliebsamen Betriebsrat trennen können, genießen diese einen gesonderten Kündigungsschutz von einem Jahr. Doch mit den vielen Rechten gehen selbstverständlich auch einige Pflichten einher. Manche davon sind gesetzlich festgelegt, andere ergeben sich aufgrund der entsprechenden Situation im jeweiligen Unternehmen.

Zu den wesentlichen Pflichten gehören unter anderem:

  • Die Vertretung der Beschäftigten gegenüber dem Arbeitgeber
  • Die Teilnahme an Betriebsratssitzungen und Monatsgesprächen mit dem Arbeitgeber
  • Ein Verbot parteipolitischer Betätigung
  • Verschwiegenheitspflicht (zum Beispiel bei Betriebsgeheimnissen und personellen Angelegenheiten)
  • Der Besuch von Fortbildungsmaßnahmen
  • Aktive Vorschläge zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten

Was gibt es bei der Gründung eines Betriebsrates zu beachten?

Grundsätzlich sind alle Arbeitnehmer dazu berechtigt, einen Betriebsrat zu gründen. Es müssen allerdings mindestens fünf wahlberechtigte Personen im Betrieb vorhanden sein. Das sind alle Beschäftigten, die das 16. Lebensjahr bereits vollendet haben und am Tag der Wahl im Betrieb angestellt sind.

Für das Amt kandidieren dürfen alle, die länger als sechs Monate im Betrieb tätig und wahlberechtigt sind. Eine erstmalige Wahl kann jederzeit durchgeführt werden. Da der Betriebsrat alle vier Jahre gewählt wird und der Termin dafür fix vergeben ist (2022, 2026, 2030…), kann es sein, dass die erste Amtszeit kürzer ausfällt.

Wer eine Wahl organisieren möchte, muss dafür einen Wahlvorstand aus drei wahlberechtigten Arbeitnehmern bilden. Dabei handelt es sich um jenes Gremium, das die Wahl in weiterer Folge durchführen wird. Es können auch mehr Personen im Wahlvorstand sein, die Anzahl muss jedoch immer ungerade sein. Drei wahlberechtigte Kollegen laden zur Betriebsversammlung ein und bringen Vorschläge für die Zusammensetzung des Wahlvorstandes ein. Erhält ein Vorschlag die Mehrheit der anwesenden Belegschaft, darf er die Wahl durchführen.

Fazit: Der Betriebsrat gibt Sicherheit

Ein engagierter Betriebsrat ist dazu in der Lage, die individuelle Situation von einzelnen Beschäftigten im Unternehmen, aber auch die allgemeinen Bedingungen der kompletten Belegschaft zu verbessern. Er gibt den Angestellten die Sicherheit, dass ihnen im Zweifelsfall jemand zur Seite steht, wenn sie diskriminiert oder ungerecht behandelt werden.

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