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Chemische Reaktionen: Gestaltung, Umgestaltung

Was heißt »Reaktion«?

Eine chemische Reaktion ist eine Stoffumwandlung, deren Produkt andere Eigenschaften hat als die Ausgangsstoffe haben, die man auch »Edukte« nennt. Beim Ablauf einer Reaktion können sich verschiedene Begleiterscheinungen zeigen: Energie in Form von Wärme kann freigesetzt oder verbraucht werden, Rauch und/oder Gase können sich entwickeln, Stoffe sich absetzen, Licht kann ausgesandt werden, oder es sind Geräusche zu hören.

Manchmal ist das Ergebnis einer Reaktion nicht direkt zu beobachten, da Aussehen, Geruch etc. der beteiligten Stoffe sich nicht geändert haben. Erst wenn geeignete Hilfssubstanzen verwendet werden – z. B. Indikatorpapiere oder Nachweisreagenzien –, zeigt ein Farbumschlag, dass eine Reaktion stattgefunden hat. Andere Reaktionen sind allerdings sehr wohl zu bemerken und mitunter sehr eindrücklich, etwa Explosionen von Sprengladungen oder Treibstoff. Eine chemische Reaktion meint also etwas anderes als in der Umgangssprache: Im Alltag reagiert man auf Situationen oder Ereignisse.

Laufen Reaktionen immer gleich schnell ab?

Ganz und gar nicht! Chemische Reaktionen können sehr langsam oder sehr schnell ablaufen. Ein Beispiel einer langsamen Reaktion ist das Verrosten von Eisen. Eine schnelle Reaktion ist dagegen diejenige von Kalium in Wasser: Sie verläuft unter Abgabe von Licht und Wärme, zusätzlich entwickelt sich Rauch. Noch schneller ist die Explosion von Schwarzpulver bei einem Feuerwerk oder von Benzin im Automotor.

Die Geschwindigkeit einer Reaktion hängt immer sowohl von den beteiligten Substanzen als auch von den Umgebungsbedingungen wie Temperatur oder pH-Wert (Säuregehalt) ab. Allgemein gilt, dass Reaktionen umso schneller ablaufen, je höher die Temperatur ist. Der schwedische Chemiker Svante Arrhenius (1859–1927) fand hierzu eine heute nach ihm benannte Gleichung. Anwenden kann man sie z. B. beim Entkalken eines Wasserkochers: Mischt man den Essig mit heißem Wasser, löst sich der Kalkbelag um ein Vielfaches schneller als in kalter Essiglösung.

Was passiert bei einer chemischen Reaktion?

Atome gehen neue chemische Bindungen ein – werden zu Molekülen oder Teilchenverbänden –, lösen bisherige Bindungen oder es geschieht beides zugleich. Es gibt verschiedene Wege, wie sich Atome binden können. Dabei spielen elektrische Anziehungskräfte, aber auch das Bestreben der Atome, ihre Elektronenschalen möglichst vollständig zu besetzen, eine Rolle. Doch nicht nur Atome, auch Moleküle können miteinander reagieren.

Die Elektronen gruppieren sich immer so, dass sie solche Plätze in den Schalen einnehmen können, die möglichst nah am Atomkern liegen. »Tun« sich nun Atome mit anderen »zusammen« – gehen sie eine chemische Bindung ein –, so können besonders viele Elektronen auf solche bevorzugten Plätze gelangen. Je nachdem, wie die Elektronenschalen bei den Bindungspartnern besetzt werden, kann es zu ganz unterschiedlichen Bindungsformen kommen. Es gibt die Atom- oder kovalente Bindung, die Ionenbindung und die Metallbindung. Erstere beruht darauf, dass Elektronen quasi beiden Bindungspartnern gleichzeitig gehören. Die Ionenbindung rührt von der elektrischen Anziehung zwischen geladenen Atomen (»Ionen«) her. Die Metallbindung ist ein Spezialfall der kovalenten: Hier sind die Elektronen der äußeren Schalen der Atome im ganzen Metallkörper frei beweglich und gehören allen Atomen gemeinsam. Bei allen drei Bindungstypen ist der gebundene Zustand für die beteiligten Atome und Moleküle energetisch günstiger als der ungebundene.

Damit lässt sich verstehen, was bei einer Reaktion im Einzelnen geschieht, z. B. bei der Bildung von Kochsalz (Natriumchlorid): Kommen sich ein Natrium- und ein Chloratom nahe genug, so ist es für beide energetisch günstiger, wenn ein Elektron das Natriumatom verlässt – wodurch dieses zu einem positiv geladenen Ion wird – und zum Chloratom hinüberwechselt. Aus dem Chloratom ist jetzt ein negatives Chlorion geworden. Allein durch den Elektronenwechsel kommt es bereits zur chemischen Bindung. Diese wird noch dadurch verstärkt, dass sich die entgegengesetzt geladenen Ionen elektrisch anziehen. Verbinden sich nicht nur einzelne, sondern sehr viele Natrium- und Chlorionen miteinander, so entsteht ein Salzkristall.

Welche Typen von Verbindungen gibt es?

Moleküle und Teilchenverbände. Beide Verbindungsarten unterscheiden sich durch ihren Aufbau.

In Molekülen sind Atome desselben Elements oder verschiedener Elemente zu kleinsten Einheiten – eben den Molekülen –zusammengetreten. Innerhalb eines Moleküls sind die Atome fest aneinander gebunden, und zwar mittels kovalenter Bindung. Ein Teilchenverband dagegen besteht aus einer großen Zahl von Atomen, die durch Ionen- oder Metallbindung miteinander verbunden sind.

Bestehen die Moleküle aus nur einem Element, dann spricht man von Elementmolekülen, ein Beispiel ist das Sauerstoffmolekül. Bestehen Moleküle dagegen aus verschiedenen chemischen Elementen, werden sie Verbindungsmoleküle genannt, wie im Beispiel des Wassermoleküls, das aus Wasserstoff und Sauerstoff gebildet wird. Auch Teilchenverbände bestehen aus einem einzelnen Element oder aus einer Elementmischung. Graphit ist z. B. ein Teilchenverband, der sich nur aus dem Element Kohlenstoff zusammensetzt, Kochsalz ein Teilchenverband aus mehreren Elementen: aus Natrium und Chlor.

Was hält Eis zusammen?

Es sind sog. Wasserstoffbrückenbindungen. Wie andere Feststoffe besteht auch Wassereis aus einem regelmäßigen Gitter, dessen Grundbaustein in diesem Fall das Wassermolekül (H2O) ist. Zwischen den Wasserstoffatomen eines Moleküls und und dem Sauerstoffatom eines benachbarten Moleküls herrscht eine im Vergleich zur Bindung im Kochsalz schwache elektrische Anziehung, die aber bei einer Temperatur von 0 °C oder darunter ausreicht, damit sich die Wassermoleküle zu einem Gitter zusammenfinden.

Was hatte Goethe mit Chemie zu tun?

Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) war nicht nur Dichter, sondern sah sich selbst auch als Naturwissenschaftler und beschäftigte sich u. a. mit chemischen Reaktionen. Diese hatte ein Chemiker vor ihm als »Wahlverwandtschaften« von Stoffen bezeichnet, die sich »zueinander hingezogen« fühlen. Goethe griff dies auf und übertrug es in seinem Roman »Die Wahlverwandtschaften« auf zwischenmenschliche Beziehungen. Und auch der Vers »Gestaltung, Umgestaltung, Des ewigen Sinnes ewige Unterhaltung« (Schlussszene Faust II) spiegelt Goethes Weltbild und Naturverständnis wider, das geistige wie natürliche Stoffe in ewiger Umwandlung begriff.

Wussten Sie, dass …

in vielen Gemüsegärten ein guter Säureindikator wächst? Der Saft von gekochtem Rotkraut (Rotkohl) färbt sich rot, wenn die Flüssigkeit leicht sauer ist. Wird das Kraut in einer basischen Umgebung gekocht (z. B. mit Natron), färbt sich die Flüssigkeit blau, es wird zum Blaukraut.

man die Reaktionsgeschwindigkeit mithilfe von sog. Katalysatoren erheblich erhöhen kann?

fast alle Lebensvorgänge wie Atmung, Verdauung oder die Umsetzung des genetischen Codes auf chemischen Reaktionen beruhen?

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