Zahllose Artikel beschäftigen sich mit Geschenkideen. Doch ob DIY oder gekaufte Geschenke, ob ein Gutschein für ein Event oder ein Parfüm – über alles sind schon zahllose Worte verloren worden. Weniger häufig wird dabei über das Schenken oder Geschenke an sich geschrieben. Daher hier ein Beitrag zur allgemeinen Natur dieser schwierigen, aber auch ungemein schönen Sache.
Die Psychologie des Schenkens
Zunächst sollte die Frage im Mittelpunkt stehen, warum sich Menschen überhaupt Geschenke machen. Ginge es nicht auch ohne? Dann fielen etliche lästige Aufgaben weg: Kein Einkaufsstress mehr in der Weihnachtszeit, kein Rätselraten über mögliche Vorlieben, kein Einpacken – für manche Geschenkemuffel könnte das Ganze einfach ausfallen. Sie freuen sich weder über das Schenken noch über das Empfangen von Aufmerksamkeiten.
Doch genau darum geht es: Um Aufmerksamkeiten. Schenken scheint eine doch so wichtige Rolle zu spielen, dass Soziologen und Psychologen sich in ihrer wissenschaftlichen Arbeit mit dem Thema auseinandersetzen. Ein Experte auf dem Gebiet ist zum Beispiel Holger Schwaiger. Tatsächlich ist das Thema von einer solchen Wichtigkeit, dass Soziologen ganze Theorien dazu entwickelt haben, wie etwa die sogenannte Schenkökonomie.
Die Kultur des Schenkens
Die Kultur des Schenkens, so wird die Schenkökonomie auch genannt, ist eine gänzlich unromantische Angelegenheit. Beispiel gefällig? Kein Problem. Für Schenkökonomen erfolgt lediglich ein Austausch zwischen einer Ware und einer nicht materiellen Leistung, beispielsweise durch Loyalität oder ähnliche Gegenleistungen. Folgt man der Theorie, so schenkt Mensch nur, weil es von ihm erwartet wird.
Eine Streitfrage
Etwas menschenfreundlicher und weniger provokativ ist die Ansicht des Philosophen Karl Schmids, dass es beim Schenken darum ginge, erst sich und dann Anderen eine Freude zu machen. Allerdings beinhaltet das Machen von Geschenken dabei durchaus ein altruistisches Element. Denn für Erwachsene verbindet sich mit dem Schenken ein Risiko: Ob daraus Anerkennung oder Ablehnung erfolgen, ist ungewiss. Und auch ein non- oder paraverbales Signal kann dem Schenkenden eine sehr deutliche Reaktion geben. Manchmal sogar deutlicher als offensichtliche Ablehnung. So sagt ein Schweigen in diesem Fall mehr als tausend Worte.
Dass man sich indes selbst eine Freude machen möchte, mag egoistisch sein, aber modern gesprochen handelt es sich hierbei um eine Win-Win-Situation.
Die Entwicklung des Menschen und das Präsent
Das Beschenken entwickelt sich übrigens im Laufe des Menschenlebens weiter. Es ist alles, nur nicht statisch. Beobachten Sie einmal Kinder beim Geschenke machen, zum Beispiel beim Überreichen einer Zeichnung mit einer Sonne, ein paar Strichmännchen und einem Haus aus Wachsmalfarbe. Schon kurze Zeit später wird das Kind die Gabe völlig vergessen haben – der Empfänger wohl kaum, und dabei muss es sich nicht unbedingt um die nächsten Verwandten handeln.
Die Entwicklung passt in das kognitive Entwicklungsmodell nach Jean Piaget. So erklärt es sich auch, dass Erwachsene ganz andere Erwartungen haben, wenn sie Präsente empfangen und selbst welche verteilen. Denn die Beziehungsgeflechte zwischen menschlichen Wesen nehmen an Komplexität zu. Anders als bei den Kindern, die die Situation gleich vergessen, hinterlassen Geschenke bei Erwachsenen stets einen positiven oder negativen Eindruck – ein ganz neutraler ist ja fast nicht möglich.
Wie und was soll ich schenken?
Mit diesem Vorwissen könnte man fast schon zu viel Angst haben, um an dem Geschenkekreislauf teilzunehmen. Aber Ablehnung ist auch keine Möglichkeit. Schließlich würde auch darin eine Aussage stecken, die bei Ihren Nächsten kaum auf positive Rückmeldungen stoßen dürfte.
Aber wenn schon schenken, dann richtig. Die Frage nur: Wie? Nun, zunächst sollten Sie bedenken, dass es prinzipiell darum geht, anderen Menschen Aufmerksamkeit zu zeigen. Denn das Geschenk kann noch so teuer, kreativ und toll sein, wenn es nicht zum Empfänger passt: Es wird nicht gefallen.
Aufmerksamkeit bedeutet also auch Beobachtung. Und zwar Beobachtung unter Einbeziehung Ihrer ganzen Fähigkeiten. Sehen Sie z.B., dass Ihre Liebsten besonders gern Bücher eines speziellen Autors lesen, bestimmte Sportarten lieben oder gern in der Natur sind, lohnt es sich, genau darauf einzugehen.
Trend Erlebnisgeschenke
Seit einigen Jahren liegen Erlebnis Geschenke total im Trend. Begründet liegt das wahrscheinlich in der Tatsache, dass vielen Menschen materielle Dinge immer weniger wichtig sind, während Quality Time immer bedeutender wird. Statt also ein Statussymbol oder einen eigentlich nicht benötigten Gegenstand wie eine Vase zu verschenken, schenkt man mit einem Erlebnis Geschenk wertvolle Zeit. Der Beschenkte kann diese entweder alleine oder mit der schenkenden Person verbringen, je nachdem, um welches Erlebnis Geschenk es sich handelt. Das Tolle daran ist, dass dabei die Hobbies und Interessen des Beschenkten berücksichtigt werden können. Egal, ob eine Ballonfahrt, Fallschirmspringen, eine Quad-Tour, eine Wellness-Massage oder ein Fotoshooting, Erlebnis Geschenke gibt es in allen möglichen Bereichen – und sie ermöglichen es, der beschenkten Person ein tolles Erlebnis zu bescheren, bei dem diese das Leben so richtig genießen kann.
Nicht nur Anlässe wählen
Kennen Sie das? Geschenke kommen von allen Seiten zu den typischen Anlässen wie Geburtstagen oder Weihnachten, aber nie kommt zwischendurch ein kleines Präsent. Sollten Sie diese Verhaltensweise auch eher suboptimal finden, so sind Sie wahrscheinlich darüber im Bilde, dass kleine Geschenke die Freundschaft erhalten. Besonders bei Partnern bietet es sich an, einfach ein Lebensmittel mitzubringen, das diese lieben. Vielleicht ein spezielles Eis, eine Biersorte oder einfach nur Körner- statt Weißbrötchen?
Damit zeigen Sie, dass Sie die Vorlieben des Partners mitbekommen haben und wertschätzen. Insofern handelt es sich genau dabei um eine der eben schon benannten Aufmerksamkeiten.
Beschenken Sie sich selbst!
Denken Sie neben den Geschenken für andere Menschen auch mal an Geschenke für sich selbst. Damit ist nicht gemeint, dass Sie jeden Tag ins Geschäft rennen müssen oder Ihre Maus vom Bestellen in Online-Shops glühen muss. Setzen Sie sich selbst Ziele – und wenn Sie diese geschafft haben, kaufen Sie sich ein kleines Präsent als Belohnung. Es ist in der Neurologie nachgewiesen worden, dass wir auf diese Art Motivation für die nächsten Aufgaben schaffen können.
Dies mag tatsächlich egoistisch sein, aber Sie haben ja ein Anrecht darauf, auch sich selbst etwas Gutes zu tun. Außerdem schweben die meisten Aufgaben, die Sie haben, ja nicht im luftleeren Raum. Auch andere Menschen können von Ihrer Motivation profitieren!
Fazit
Schenken ist also eine sozial komplexe Angelegenheit und sollte mit Bedacht geschehen. Wer aber die Erkenntnisse aus diesem Artikel berücksichtigt, wird seltener Geschenk-Bruchlandungen erleiden!