Lexikon
deutsche Kunst
Plastik
Das plastische Schaffen der ottonischen Zeit wie der mittelalterlichen Kunst überhaupt lässt sich nicht ohne weiteres in Skulptur und Kunsthandwerk scheiden. Hauptwerke der ottonischen Plastik sind die Madonna des Essener Münsterschatzes, die Bronzearbeiten der Bernwardskunst in Hildesheim (Domtüren, Bernwardssäule), Relieftüren des Doms in Augsburg und die Türen von St. Maria im Kapitol zu Köln. Ebenso vielfältiges Material (Bronze, Holz, Stuck, Stein, Gold) bevorzugte die salische Plastik: Externsteine; Madonna im Liebig-Haus in Frankfurt; Imad-Madonna in Paderborn. Besondere Bedeutung erlangte die Goldschmiedekunst des Rhein-Maas-Gebiets, deren Blüte in der Zeit nach 1150 lag: Altar des Nikolaus von Verdun in Klosterneuburg bei Wien; Dreikönigsschrein in Köln. Angeregt von der französischen Kathedralskulptur, entwickelte sich die deutsche Großplastik aus säulenhafter Bindung zu figürlicher Darstellung. Hauptwerke der spätromanischen Bildnerei sind die Apostel- und Prophetenfiguren der Georgenchorschranken des Bamberger Doms mit gedrungenen Körpern und ausdrucksvollen Gebärden.
Am Anfang der
Gotik
stand der Ritterliche Stil, der mit den Figuren des Straßburger Ecclesia-Meisters (1220–1230) begann und sich von der Typenhaftigkeit der französischen Klassik durch Neigung zur Übersteigerung unterscheidet. Außerdem wurde in Deutschland die Einzelfigur stärker betont und aus der Gruppe durch individuelle Merkmale herausgehoben. In Bamberg entstanden in den Gestalten Adam und Eva die ersten großplastischen nackten Figuren in der deutschen Kunst. Einen großartigen Abschluss fand diese Stilepoche in den Werken des Naumburger Meisters mit den Stifterfiguren im Westchor und Passionsszenen am Westlettner, die sich durch starke Individualität und dramatisch-leidenschaftliche Gebärdensprache auszeichnen. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts drang in die deutsche spätgotische Kathedralplastik das französische System der Figureneihe ein (Zyklen in Straßburg und Freiburg). In der sich gabelnden Stilentwicklung des 14. Jahrhunderts entstanden viele Madonnenfiguren der eleganten, höfischen Richtung, Andachtsbilder mit den ikonographisch neuen Typen der Christus-Johannes-Gruppe, des Schmerzensmannes, der Pietà und der Schutzmantelmadonna wurden geschaffen. Innerhalb der Freiplastik setzte sich besonders die Holzskulptur durch; sie wurde zur volkstümlichsten Kunstgattung der Spätgotik. Grabmäler, Altäre und Chorschranken der Spätgotik tragen ein polyphones Gepräge. Die monumentalen Hochaltäre von M. Pacher, B. Notke, V. Stoß, T. Riemenschneider u. a.. verneinen die isolierte und autonome Form zugunsten der verschränkten und verflochtenen Figurenfülle. Süddeutsche Hauptmeister der spätgotischen Plastik waren in Schwaben J. Syrlin der Ältere, in Franken A. Kraft, P. Vischer und dessen Söhne (Sebaldusgrab, Nürnberg).Im 18. Jahrhundert verbanden sich Plastik, Architektur und Deckenmalerei zu festlichen Raumschöpfungen: Die Plastik wurde ein Teil der Architektur. Bedeutende Architekten vereinten die Begabung des Baumeisters, Bildhauers und Malers in einer Person (Brüder Asam). Die klassizistische Bildhauerei erstrebte eine vereinheitlichende Gestaltung der Oberfläche (J. H. von Dannecker, G. Schadow und C. D. Rauch). Bei M. Klinger finden sich Tendenzen, die den Jugendstil vorbereiteten.
Die plastischen Aufgaben im 20. Jahrhundert wurden u. a. durch die Programme der Künstlergruppen Brücke und Der Blaue Reiter formuliert. Den
Expressionismus
in der deutschen Plastik vertraten E. Barlach und W. Lehmbruck; die ersten ungegenständlichen Formgebilde schufen H. Arp und R. Belling. Die Brücke zwischen den Kriegen schlugen G. Kolbe, G. Marcks, E. Matar und E. Scharff. Nach dem Krieg dominieren abstrakte Tendenzen, so im Werk von O. H. Hajek, K. Hartung, E. Hauser und N. Kricke. Kinetische Lichtplastiken schufen die Gruppe Zero (H. Mack, O. Piene, G. Uecker), A. Luther und A. Wildung. M. Buthe vertritt die Kunst des Environments, N. Lang der Spurensicherung, K. Rinke widmet sich der Prozesskunst und Körperdemonstrationen. Zentrale Figur des zeitgenössischen Kunstbetriebs war J. Beuys, der mit seinem Begriff der „sozialen Plastik“ Kunst und Leben gleichsetzte.Die Bildhauerei in der DDR vollzog in der Nachkriegszeit den Schritt zur Abstraktion nicht, sondern beharrte auf der demonstrativen Gebärde, wie sie die öffentlichen Aufgaben erforderten.
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