Lexikon
griechische Kunst
Altgriechische Kunst
Seit man erkannt hat, dass die Träger der mykenischen Kultur Griechen waren, gilt die mykenische Kunst (16.–12. Jahrhundert v. Chr.) als erste Phase der griechischen Kunst; dennoch muss die mykenische Kunst wegen ihrer bronzezeitlichen Eigenart und des totalen Zusammenbruchs der mykenischen Kultur um 1200 v. Chr., dem erst nach über 100-jährigem kulturellem Tiefstand ein allmählicher Neubeginn folgte, für sich betrachtet werden. Abgesehen von der neugriechischen Kunst, lassen sich so im engeren Sinne zur griechischen Kunst gehörig nur jene Werke bezeichnen, die im 1. Jahrtausend v. Chr. und in den ersten drei Jahrhunderten n. Chr. entstanden. Ihre Gesamtheit wird nach Perioden unterteilt in protogeometrische und geometrische Kunst (1050–700 v. Chr.), archaische Kunst (700– 480 v. Chr.), klassische Kunst I und II (480– 410; 410–323 v. Chr.), hellenistische Kunst (323–31 v. Chr.) und die griechische Kunst der römischen Kaiserzeit (31 v. Chr.–331 n. Chr.).
Form- und wesensbestimmend war für die griechische Kunst der Götterglaube; Kunst war sichtbarer Teil der Religion und trat erst im Hellenismus in den Dienst der z. T. gottähnlich verehrten Herrscher.
Die
protogeometrische und geometrische Kunst
erhielt ihre Bezeichnung nach der Art der Schmuckmuster der Vasenmalerei im 11. bis 8. Jahrhundert v. Chr. Die Keramik war der wichtigste künstlerische Ausdrucksträger dieser Zeit. Mit abstrakten Zierformen (Schachbrett- und Mäandermuster) wurden die Gefäßkörper teppichartig überzogen. Figürliche Darstellungen fanden erst im 8. Jahrhundert v. Chr. Eingang und ordneten sich hier den geometrischen Formprinzipien ebenso unter wie in der gleichzeitigen Kleinplastik aus Bronze und Elfenbein.Gegen Ende der geometrischen Zeit begegnete die griechische Welt bei ihrer Ausdehnung der Kunst des Orients. Dabei löste sich die strenge Formensyntax auf: Orientalische Sagenmotive, besonders Greife und andere Fabelwesen, wurden übernommen.
In der
archaischen Kunst
wurden Statue, Relief und Tempel in unermüdlicher künstlerischer Erprobung ausgebildet und die Grundlagen zur späteren Klassik geschaffen. Mit dem Beginn der Großplastik ging der monumentale Tempelbau einher (Samos, Olympia, Athen, Selinunt), der im Osten dem ionischen, im Mutterland und im Westen vorwiegend dem dorischen Stil verpflichtet war. Die Bauplastik (Metopen, Giebelfeldfiguren, Friese, dazu Kleinformen wie Löwenwasserspeier u. Ä.) fand weite Anwendung.Plastische Leitformen der Archaik waren der Kuros als nackte schreitende Jünglingsstatue und die Kore als reich gekleidete Mädchenfigur.
Die erste Phase der
klassischen Kunst
(480–460 v. Chr.), die Zeit des sog. Strengen Stils, ist geprägt von der großen Auseinandersetzung mit Persien. Neue Besinnung auf den Daseinsgehalt und ein stärkeres Schicksalsbewusstsein ist den Götterbildern abzulesen, die jetzt ihre klassische Form erhalten (Poseidon vom Kap Artemision, Bronzeoriginal; Athene des Myron, Appollon vom Westgiebel in Olympia). Den Höhepunkt der Frühklassik, aus der eine Reihe von Meistern bekannt ist, darunter Polygnot und Kritios, markieren die Skulpturen des Zeustempels von Olympia. Phidias war der Hauptmeister des Parthenon zu Athen, berühmt als der große Götterbildner (Athene, Zeus, Apollon) seiner Zeit. Durch den Argiver Polyklet (Doryphoros, Diadumenos) und die Athletenstatuen des Myron (Diskobol) wurde das Menschenbild für die gesamte Antike vorbildhaft mit Bewegungsrhythmus, Kontrapost und Ponderation gestaltet. In der vom Parthenon beeinflussten attischen Kunst steht hingegen die schicksalsbestimmte Menschlichkeit im Vordergrund. Im Tempelbau wurde die völlige Harmonisierung der Proportionen erreicht (Parthenon 448– 432; sog. Theseion, um 440 v. Chr.; Poseidontempel von Paestum, um 450 v. Chr.); daneben entstanden neue Architekturformen (korinthischer Stil). Die attischen Grabreliefs (Grabmal der Hegeso in Athen, der Mnesarete in München) sowie die Bauplastik am Erechtheion (Karyatiden der Korenhalle) und am Niketempel (Fries der Balustrade, um 410 v. Chr.) leiten über zur späten Klassik des 4. Jahrhunderts v. Chr., die hauptsächlich von Praxiteles, Skopas und Lysippos geprägt wurde.Die
hellenistische Kunst
setzte gegen Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr. ein und entwickelte sich mit besonderen Stilmerkmalen bis zum Ausgang des 1. Jahrhunderts v. Chr. Psychologisierung des Porträts, Ausstrahlung der Plastik in den Raum und Auflösung des klassischen Formenkanons sind ihre Hauptkennzeichen. Barocke Formen und die Darstellung extremer Situationen vereinigen sich besonders im Großen Fries des Pergamon-Altars (um 180 v. Chr.), in dem die hellenistische Plastik kulminiert. Bedeutend sind auch die wahrscheinlich in einer rhodischen Schule entstandenen Skulpturen der Nike von Samothrake und der Aphrodite von Melos. Letzte Steigerung hellenistischer Formprinzipien verkörpert die Gruppe des Laokoon und seiner Söhne (50–25 v. Chr.). Zu reicher Entfaltung gelangte die Profanarchitektur (Theater, Bäder, Markthallen u. a.).Mit dem Übergreifen der hellenistischen Kunst auf Rom und Italien wirkte die griechische Kunst befruchtend auf die römische Kunst ein und brachte in Verbindung mit italienischer Wesensart auch auf dem Gebiet der Malerei und Mosaikkunst bedeutende Leistungen hervor. Für den großen Bedarf der Römer an griechischen Kunstwerken arbeitete in Athen die Schule der Neuattiker; auch fanden griechische Bildhauer den Weg nach Rom und bereiteten dort den Boden für den augusteischen und trajanischen Klassizismus.
- Einleitung
- Altgriechische Kunst
- Griechische Kunst des Mittelalters
- Neugriechische Kunst
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