Lexikon

Theologie

[
griechisch
]
die wissenschaftliche Lehre von Gott. Das Wort entstammt der giechischen Philosophie (Platon) und bezeichnete dort, wie später auch in der römischen Stoa, die kritische Mytheninterpretation, die als Aufgabe einer Rede von den Göttern angesehen wurde.
Auch im Christentum bedeutete Theologie zunächst „über Gott sprechen“ und dabei die Größe und Herrlichkeit Gottes zu loben (theologia gloriae). Die Apostel Paulus und Johannes legten in ihren Briefen bereits erste systematische Überlegungen zu den Grundbegriffen des christlichen Glaubens dar; doch erst im Mittelalter erfolgte die Ausbildung einer Theologie als systematisierte Rede von den Glaubensinhalten der christlichen Religion. Maßgeblichen Anteil daran hatte Thomas von Aquin und die von ihm entfaltete Scholastik. Ausgehend von der Offenbarung Gottes in den heiligen Texten wollte die scholastische Theologie mit Hilfe logischer Schlussfolgerungen (Syllogismen) und widerspruchsfreier Systematisierung von Glaubensaussagen den inneren Zusammenhang des Glaubens aufdecken und dadurch die Wahrheit Gottes auch mit den Mitteln der Vernunft darlegen. Ihren Ausdruck fand die Scholastik in den sog. „Summen“ (lateinisch summae, „Zusammenfassungen“). Zugleich verlagerte sich der Ort der theologischen Rede von der christlichen Gemeinde über die Klöster in die neu gegründeten Universitäten, womit die unmittelbare Verbindung von Theologie und Kirche gelöst wurde.
Im Zuge der Aufklärung verlor die Theologie ihre Funktion als Leitwissenschaft. Musste sich wissenschaftliche Erkenntnis bis dahin theologischen Aussagen unterordnen, kam es seit der Neuzeit zu einer verstärkten Aufnahme von Methoden anderer Wissenschaften (zunächst Geschichtswissenschaft, Archäologie, Philologie, heute auch Soziologie und Psychologie) in die Theologie, so dass sich schon früh eine innere Differenzierung theologischer Teildisziplinen entwickelte. Die biblische Theologie (Altes Testament, Neues Testament) beschäftigt sich unter Zuhilfenahme von Geschichtswissenschaft, Archäologie und Philologie mit der biblischen Geschichte und den biblischen Texten. Die historische Theologie vermittelt die Geschichte der Kirchen und die Theologiegeschichte seit Herausbildung des Christentums. Die systematische Theologie ordnet und hierarchisiert in ihren Teildisziplinen Ethik/Moraltheologie, Fundamentaltheologie und Dogmatik die theologisch ausgearbeiteten Aussagen, während die praktische Theologie sich vor allem mit den Fragen der Vermittlung des Glaubens in Kirche und Gemeinde beschäftigt (Liturgiewissenschaft, Pastoraltheologie, Seelsorge).
Das Spannungsfeld zwischen Kirchlichkeit, Wissenschaftlichkeit und Bindung an den Glauben ist je nach Konfession unterschiedlich stark ausgeprägt. In den orthodoxen Kirchen bilden die biblischen Texte und die in den ökumenischen Konzilien bis zum 8. Jahrhundert ausgebildeten Lehren die Hauptquellen theologischer Erkenntnis. Für die katholische Theologie gewinnt die die Tradition der Kirche eine besondere Bedeutung, da diese neben der Bibel als zweites Fundament des Glaubens gilt. Durch die hierarchische Struktur des katholischen Lehramtes, an dessen Spitze die uneingeschränkte Autorität des Papstes steht, hat die katholische Kirche immer wieder die Bindung der Theologie an das kirchliche Lehramt verlangt. Demgegenüber fordert die protestantische Theologie die Unabhängigkeit von kirchlicher Beeinflussung. Dies geht auf die Lehren der Reformation zurück, die allein die biblischen Texte als Quelle des Glaubens anerkennen wollte und daher die Autorität von Tradition und kirchlichem Lehramt verneinte.
Auch in anderen Religionen findet Theologie statt, wenn man den Begriff in einem weit gefassten Sinn allein als „Rede von den Göttern“ versteht. Eine Systematisierung und Verwissenschaftlichung von Theologie hat sich jedoch nur im Christentum ausgebildet. Im Judentum fand erst nach der Zerstörung des zweiten Tempels (70 n. Chr.) eine gewisse Vereinheitlichung der bis dahin sehr verschiedenen Vorstellungen über Gott und das Verhältnis Gottes zur Welt und seinem Volk statt. Trotzdem kam es nur selten zu einer Formulierung von dogmatischen Glaubensgrundsätzen, da es im Judentum in der Regel kein autoritatives Lehramt gibt. Versuche im 19. und 20. Jahrhundert, den jüdischen Glauben systematisch zu erfassen, orientierten sich stark an den Vorgaben der christlichen Theologen und geben meist nur eine bestimmte Richtung jüdischen Glaubens wieder.
Im Islam hat es ebenfalls keine systematische Zusammenführung von Aussagen über Gott (Allah) und über den Glauben gegeben. Die islamische Religion kennt aber die Wissenschaft vom Wort, die jedoch eher apologetischen, die Grundzüge des Islam verteidigenden Charakter hat. Eine kritische Aufarbeitung der eigenen Tradition und der Texte findet hingegen nicht statt; theologische Aussagen werden dagegen in Schriften über die Grundlagen der Rechtsfindung angestellt. Die Antworten können aber je nach islamischer Tradition (Sunniten, Schiiten u. a.) und der befragten Rechtsschule unterschiedlich ausfallen, so dass von „der“ islamischen Theologie nicht gesprochen werden kann.
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