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Trauma: Wenn die Seele leidet

Krieg, Gewalt, ein Autounfall oder der Tod eines geliebten Menschen: Extremsituationen wie diese lassen uns die Kontrolle verlieren und machen uns hilflos. Die psychischen und körperlichen Folgen eines solchen Traumas können schwerwiegend sein. Doch was genau bedeutet das für Betroffene? Und was macht ein Trauma mit unserem Gehirn?
AMA, 19.10.2022
Symbolbild Trauma

Tunatura, GettyImages

Einige von uns haben wahrscheinlich schon einmal eine traumatische Situation erlebt. Doch nicht allen Menschen gelingt es gleichermaßen, das Erlebte zu verarbeiten und ihren Alltag wieder aufzunehmen. Manche leiden auch lange Zeit nach dem Trauma noch an Folge-Erkrankungen wie einer posttraumatischen Belastungsstörung, die auch mit Depressionen oder Suchtproblemen einhergehen kann.

Eine Wunde in der Seele

Das Wort Trauma stammt aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt Wunde. Der Begriff beschreibt zutiefst erschütternde Ereignisse, die unser Leben oder unsere Gesundheit bedroht haben. Die Bandbreite solcher Ereignisse ist groß: Von Kriegen, Gewalttaten und Naturkatastrophen über Sport- und Verkehrsunfälle bis hin zu schweren Krankheiten. Eine Situation kann uns auch traumatisieren, wenn wir mitansehen, wie sie einem uns nahestehenden Menschen widerfährt. 

Betroffene einer Traumafolgestörung empfinden starke Angst und Hilflosigkeit und können die entsetzliche Situation auch lange nachdem sie vorüber ist, nicht verarbeiten. Warum die einen eine solche Störung entwickeln und die anderen Schritt für Schritt mit dem Erlebten abschließen, hat verschiedene Gründe. Das Risiko für ernste Trauma-Folgen ist zum Beispiel dann größer, wenn bereits andere psychische Erkrankungen wie Angststörungen vorliegen, oder wenn das soziale Umfeld nicht stabil genug ist, um den Betroffenen aufzufangen.

Therapiesitzung
Der Begriff posttraumatische Belastungsstörungen wurd zuerst im Zusammenhang mit den Problemen davon betroffener Soldaten breiter diskutiert. Ein echter Fortschritt, den im Ersten Weltkrieg wurden viel Traumatisierte noch als Hysteriker oder Feiglinge verleumdet.

Courtney Hale, GettyImages

 In der Vergangenheit gefangen

Nach einem traumatischen Erlebnis Albträume, Furcht oder ein ständiges Wiedererleben des Ereignisses zu erfahren, ist zunächst eine normale Reaktion unserer Psyche und unseres Körpers auf die erlebte Extremsituation. Wenn diese Zustände jedoch auch nach mehreren Monaten nicht abklingen, sondern eher noch weitere Einschränkungen hinzukommen, kann das auf eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) hindeuten.

Diese ist zusätzlich zu den bereits genannten Symptomen auch davon geprägt, dass Betroffene von erschreckend real erscheinenden Flashbacks geplagt werden können. Oft wollen sie daher alles vermeiden, was sie an das Trauma erinnern könnte, zum Beispiel bestimmte Orte oder Situationen. Außerdem fühlen sie sich womöglich emotional abgestumpft und ziehen sich zunehmend zurück. Die PTBS zeigt sich auch dadurch, dass sich Betroffene in einem ständigen Alarmzustand befinden und ihre Umgebung unwillkürlich auf Gefahren hin absuchen. Die extremen Belastungen der PTBS können im Verlauf auch mit Depressionen, Angststörungen, Essstörungen, Drogensucht oder anderen gesundheitlichen Problemen einhergehen.

Das Gehirn verändert sich

Ein Trauma kann so belastend sein, dass es manchmal sogar Spuren im Gehirn hinterlässt. Unser Körper ist in einem solchen Fall durch das hohe Niveau an Stresshormonen übererregt und dadurch in durchgehender Alarmbereitschaft. Das kann in der Hirnregion des Hippocampus, die für das Gedächtnis zuständig ist, zu Störungen führen. Die Folge sind Erinnerungslücken und Probleme beim Erlernen neuer Informationen.

Eine weitere betroffene Hirnregion ist die Amygdala, die Gefühle speichert. Auch sie ist als Folge eines Traumas womöglich übererregt und kann die Sinneseindrücke, die wir während des traumatischen Erlebnisses wahrgenommen haben, nicht richtig abspeichern. Sie zersplittern in viele Einzelteile und verfolgen uns als immer wieder auftauchende Bruchstücke des Traumas, zum Beispiel als Bilder oder Gefühle. Diese Flashbacks entfremden uns von der Realität und haben weitere Folgen im Gehirn: Das Sprachzentrum ist beeinträchtigt und wir nehmen Außenreize schnell als bedrohlich wahr.

Wo bekomme ich Hilfe?

Bei manchen klingen diese Belastungsreaktionen nach einigen Tagen, Wochen oder Monaten ab. Halten sie jedoch an, kann womöglich eine psychotherapeutische Betreuung sinnvoll sein. Bei einer Traumatherapie lernen Betroffene, die Ereignisse zu verarbeiten, als Teil von sich zu begreifen und wieder in ein normales Leben zurückzukehren.

In akuten Phasen der Überforderung und Hilflosigkeit bis hin zu Suizidgedanken sollten Betroffene nicht zögern, sich an einen Notdienst wie die Telefonseelsorge zu wenden – entweder online oder unter 0800 1110 111 beziehungsweise 0800 1110 222.

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