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Sauropoden: Wieso wurden Langhals-Saurier so groß?

Sauropoden wie Brachiosaurus, die Titanosaurier oder Diplodocus waren die größten Tiere, die jemals an Land gelebt haben. Der Riesenwuchs dieser 30 Meter langen und bis zu 70 Tonnen schweren pflanzenfressenden Dinosaurier ist in der Erdgeschichte unerreicht und andere Landtiere, selbst große Raubdinosaurier wie T-Rex, können da nicht mithalten. Doch warum wurden Sauropoden überhaupt so groß? Und wie schaffte ihr Körper diesen Riesenwuchs?
AMA, 21.11.2022
Zwei ausgewachsene Brachiosaurier

ALLVISIONN, GettyImages

Sauropoden konnten so hoch wie ein fünfstöckiges Gebäude, so lang wie zwei aneinandergereihte Busse und so schwer wie zwölf Afrikanische Elefantenbullen werden. Obwohl die langhalsigen Saurier eine vielfältige Gruppe verschiedener Arten bildeten, sahen sie dennoch alle ähnlich aus: Langer Hals und Schwanz, kleiner Kopf und Beine wie Säulen. Diese Merkmale sollten es ihnen ermöglichen, zu den größten Landtieren aller Zeiten heranzuwachsen.

Was brachte ihnen die enorme Größe?

Der Riesenwuchs hatte einen entscheidenden Grund: Er schützte die Sauropoden vor Raubsauriern. Selbst der berühmt-berüchtigte Tyrannosaurus rex war ein Winzling im Vergleich zu den Langhälsen, die vereinzelt über 70 Tonnen auf die Waage bringen konnten. Der T-Rex wog „gerade einmal“ acht Tonnen. Raubsaurier konnten durch diesen Größenunterschied nur schwer einen wirklich effektiven Biss landen und zerkratzten bei einem Angriff wohl höchstens die Haut eines Sauropoden. Die Langhälse waren damit so gut wie immun gegen Räuber.

Ein weiterer Vorteil der Größe lag darin, dass diese pflanzenfressenden Giganten mit ihrem langen Hals sehr effektiv an Nahrung herankamen. Arten mit aufrechtem Hals konnten die Baumkronen abweiden, an die sonst kein Saurier herankam. Solche mit waagerechten Hälsen nutzten die enorme Reichweite, um eine große Fläche abzugrasen, ohne sich dabei viel bewegen zu müssen.

Wie konnten Sauropoden so groß werden?

Kein anderes landlebendes Tier wurde je so groß wie einst die Sauropoden. Andere Tierarten kommen nicht einmal grob in die Nähe ihres extremen Riesenwuchses. Aber woran liegt das? Die frühen Vorfahren dieser Dinosaurier trugen eine einzigartige Kombination aus Merkmalen in sich, die ihnen – und zwar nur ihnen – den Gigantismus erst ermöglichte.

Ein Merkmal dieser Kombination bestand darin, dass die Sauropoden nicht kauten. Das mag zwar auf den ersten Blick irrelevant wirken, triggerte aber eine Kaskade an Anpassungen, die schließlich zum Riesenwuchs führten. Da Sauropoden nicht kauten, brauchten sie auch keine starken Kaumuskeln oder große Zahnreihen. Das sparte Platz und Gewicht, wodurch ihr Kopf klein und leicht bleiben konnte. Ein kleiner Kopf ermöglicht wiederum die Entwicklung eines langen Halses, da dieser einen großen Kopf schlicht nicht tragen könnte. Außerdem befand sich im Hals ein System aus Luftsäcken, der ihn leichter machte.

Diplodocus an einem Wasserloch
Auch beim Diplodocus dürften die stiftartigen Zähne nicht zum Kauen gedient haben. Die lange Schnauze und kammartig angeordneten Zähne dienten möglichweise dazu, Äste abstreifen, um das Laub zu lösen. Auch für das Abweiden von Unterwasserpflanzen entlang von Flussufern wäre diese Kombination geeignet.

Warpaintcobra, GettyImages

Der lange Hals war es schließlich, der den Sauropoden einen entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Pflanzenfressern verschaffte. Da sie dank seiner Hilfe Nahrung von Bäumen abweiden und am Boden in einem großen Radius fressen konnten, nahmen sie mehr Energie aus der Umgebung auf als andere pflanzenfressende Dinosaurier – und wurden dadurch größer als sie. Die unzerkaute Nahrung verarbeiteten sie, indem die Pflanzenreste sehr lange im geräumigen Verdauungstrakt der Tiere verweilten und sich dort zersetzten.

So schnell wie möglich hoch hinaus

Ein weiterer Trick, der den Gigantismus der Sauropoden unterstützte, war die Art, wie sie Nachwuchs bekamen. Große Sauropoden legten wahrscheinlich bis zu 400 Eier pro Jahr. So gab es immer reichlich Nachschub an neuen Tieren, falls die Population der erwachsenen Sauropoden mal eingebrochen sein sollte. Und dieser Nachschub kostete die Langhälse wenig Energie. Nachdem sie die Eier abgelegt hatten, verließen sie die Nester nämlich und überließen die Jungtiere sich selbst, ähnlich wie bei modernen Meeresschildkröten.

Um ihre Jugendzeit zu überleben, in der ihre Größe sie noch nicht schützen konnte, setzten die Jungtiere auf einen weiteren Trick, der für Gigantismus essenziell ist: Sie wuchsen sehr schnell. Schätzungen zufolge legten Jungtiere der Sauropoden jedes Jahr zwischen 500 Kilogramm und zwei Tonnen Gewicht zu.

All diese Anpassungen – fehlender Kauapparat, kleiner Kopf, langer Hals, Luftsäcke, zahlreiche Nachkommen, schnelles Wachstum – verhalfen den Riesen der Dino-Zeitalter zu diesen enormen Größen. Das erklärt auch, warum es selbst unter optimalen Umweltbedingungen außer ihnen keinem anderen Tier gelang, so groß zu werden. Andere Arten haben schlicht nicht das Glück, all diese Eigenschaften in derselben perfekten Kombination vorzufinden.

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