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Seit wann schreit man „Zeter und Mordio“?

Heutzutage ruft man »Hilfe!« oder funkt SOS, im Mittelalter schrie man »Zetermordio«. Es war in deutschen Landen vorgeschrieben, dass das Opfer einer Straftat, etwa eines Überfalls oder einer Vergewaltigung, einen Hilferuf ausstoßen musste, damit die Strafverfolgung im rechtlichen Sinne eingeleitet werden konnte. Nachbarn oder Zeugen des Geschehens waren verpflichtet, auf einen solchen Alarm hin unverzüglich zu Hilfe zu eilen. Das ostmitteldeutsche »Zeter!«, wovon sich auch die Worte »zetern« und »Gezeter« ableiten, war eines dieser »Notsignale«: Es leitet sich wahrscheinlich ab von »ze aehte her« - »zur Verfolgung herbei«. Der Hilferuf »Mordio« wiederum, bis ins 19. Jahrhundert gebräuchlich, leitet sich von »Mord« her.

Zusammengezogen zu »Zetermordio«, eröffneten beide Rufe, vom Ankläger in den Gerichtsaal gerufen, formal eine mittelalterliche Gerichtsverhandlung über Raub oder Diebstahl, Mord oder Notzucht. Schon in Eike von Repgows »Sachsenspiegel« von 1224, dem berühmten Gesetzbuch des Mittelalters, wird diese Form der Anklage beschrieben: »So laufe er vor den Richter und schreie Zeter gegen den gemeinen Mörder.«

Gebräuchlich war »Zetermordio« vor allem im allemannisch-rheinischen Gebiet, im Hessischen rief man »heila«, im Fränkischen »wapen« oder »waffen«, im Niederdeutschen parallel »to jodute« - »zum Kampf heraus«, was an den in italienischen Opern (z. B. Verdis »Troubadour«) gebräuchlichen Ruf »allarmi« - »zu den Waffen« erinnert. Im 19. Jahrhundert bildete sich dann die Redensart »Jemand schreit Zeter und Mordio« heraus.

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