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Sieben Wochen Verzicht: Wie fasten die Deutschen?

Die Fastenzeit hat begonnen. Viele Menschen nutzen die sieben Wochen von Aschermittwoch bis Ostern, um sich im Verzicht zu üben. Ob klassisch ohne Alkohol und Schokolade oder in neuer Form wie einem bewussteren Konsum oder "sieben Wochen Offline". Wie die Deutschen in diesem Jahr fasten wollen und warum, hat eine Umfrage geklärt.
MAH / DAK Gesundheit

Fasten liegt nicht nur bei Leuten mit Gewichtsproblemen weiter im Trend.

thinkstock / Liv Friis-Larsen

Warum fasten wir? Ob Islam, Judentum oder Christentum – gefastet wird in allen Religionen der Erde. Die vierzigtätige Fastenzeit, wie wir sie zwischen Karneval und Ostern kennen, entstand in Anlehnung an Jesus‘ vierzigtätigen Aufenthalt in der Wüste: Er fastet alleine auf dem Berg der Versuchung und musste den Lockungen des Teufels widerstehen. Im Laufe der Jahrhunderte nutzten die Christen diese Fastenzeit als Bußzeit und zur Vorbereitung auf das Hochfest Ostern.

Willkommener Anlass zum Verzicht

Aber heute nutzen längst auch viele Nichtchristen die Fastenzeit als Anstoß und Anlass, einige Wochen Verzicht zu üben, um Konsum und Verhalten bewusster wahrzunehmen.

Immerhin fast 60 Prozent der Deutschen haben schon einmal längere Zeit bewusst auf etwas verzichtet, zeigt eine aktuelle Forsa-Umfrage im Auftrag der Krankenkasse DAK.

Am beliebtesten ist dabei der Verzicht auf Alkohol und Süßes. Vielleicht gerade, weil der ein oder andere dem ausschweifenden Karnevalsfest gefrönt hat und sich sechs Tage lang von Bier und Kamelle ernährt hat. Da kommt der Aschermittwoch gerade recht, wenn sich der Körper nach Pause und Abstinenz sehnt. Aber auch weniger Rauchen und weniger Fleisch essen rangieren weit oben auf der Skala der Dinge, die viele sich für die Fastenzeit vornehmen.

Pause für die Rushhour-Generation

„Besonders beliebt ist das Fasten in der so genannten Rushhour-Generation der 30- bis 44-Jährigen“, erklärt Expertin Silke Willms von der DAK-Gesundheit. In dieser Altersgruppe gaben knapp 70 Prozent der Befragten an, schon einmal gefastet zu haben. Wie der Name schon verrät, ist gerade das Leben von Menschen in diesem Alter von einer Fülle von Zielen geprägt: Familie gründen, erfolgreich werden, Rente sichern. Und alles im Schnelldurchlauf.

Dabei kommt dann oft einiges andere zu kurz, beispielsweise die Familienzeit, Entspannung und die gesunde Ernährung. Ein Grund mehr für eine überforderte Generation, kurz innezuhalten und sich für einige Wochen für eine bewusstere Lebenszeit zu entscheiden.

Warum wird gefastet?

Was aber ist die Motivation für das Fasten? Religiös begründet ist dies in Deutschland nur noch bei wenigen. Weitaus häufiger sind dagegen persönliche Gründe. Vor allem Frauen nutzen das Fasten, um ihrer Gesundheit etwas Gutes zu tun: Immerhin zwei Drittel von ihnen gaben an, gezielt aus gesundheitlichen Gründen bei Genussmitteln und Konsumgütern kürzer zu treten. Bei Männern sieht das nur jeder Zweite so.

Aber egal ob für die Gesundheit oder einfach um es mal auszuprobieren: „Wer eine persönliche Fastenzeit einlegt, sollte dies immer aus eigener Überzeugung tun“, erklärt Willms. „Wenn es mein eigener Wunsch ist, steigen die Chancen zum Durchhalten. Bei einem Erfolg kann die erlebte Selbstwirksamkeit auch auf andere Lebensbereiche übertragen werden.“

Einfach leben

Inzwischen gibt es auch einen neuen Trend beim Fasten: den Verzicht auf Fernsehen, Handy, Computer und Co.. Eine vorübergehende mediale Enthaltsamkeit scheint gerade in Zeiten des ständigen Online- und Erreichbarseins immer beliebter zu werden. Das zeigt sich auch in der Umfrage: Immerhin 33 Prozent der Befragten würden am ehesten den Fernseher auslassen und 27 Prozent können sich vorstellen, in der Fastenzeit auf Handy, Smartphone oder Internet zu verzichten.  

Gerade für Jugendliche und junge Erwachsene kann dieses Opfer allerdings eine schwierige, aber auch wertvolle Erfahrung sein. Denn gerade sie verbringen oft Stunden am Tag vor den Bildschirmen beim Spielen, Chatten oder Surfen und nehmen die reale Umwelt kaum mehr wahr. Die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (lfm) ruft beispielsweise zum Handyfasten auf, um so die eigene Nutzung bewusst zu reflektieren.

Warum nicht mal Fasten für die Umwelt?

Man kann nicht nur seinem eigenen Körper etwas Gutes tun, sondern auch der Natur. Sparen Sie doch einfach mal CO2, Plastik oder Strom. Das kann beispielsweise bedeuten, das Auto häufiger stehen zu lassen und per Fahrrad, Bus oder Bahn zur Arbeit oder zum Einkaufen zu fahren. Oder Sie achten beim Einkaufen bewusster darauf, regionale oder biologische Produkte zu wählen.

Aber auch durch unseren Konsum insgesamt  haben wir Einfluss auf den weltweiten Verbrauch, denn jede Hose und jedes Smartphone, die produziert und von uns gekauft werden, produzieren Unmengen an CO2 und verbrauchen Energie, Rohstoffe und Wasser. Eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Thema „Nachhaltigkeit“ während der Fastenzeit kann daher zu einem Anstoß werden, die kostbaren Güter der Erde dauerhaft in Maßen zu nutzen. 

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