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Skitourismus im Harz

Der Schnee glitzert im Sonnenlicht, hügelige Ski-Pisten winden sich durch urige Wäldchen, Kinder jauchzen vergnügt auf ihren Schlitten. Solche Bilder gehen einem durch den Kopf, wenn man an den letzten Skiurlaub in den Alpen denkt. Aber auch deutsche Mittelgebirge wie das Sauerland oder der Harz waren lange Zeit beliebte Skigebiete. Doch angesichts des Klimawandels und milder Winter stellt sich die Frage: Geht das auch noch im Harz oder sind die Zeiten vorbei?
JFR, 20.01.2022

Auch deutsche Mittelgebirge wie der Harz waren lange Zeit beliebte Skigebiete. Wie lange noch?

GettyImages, 7000

Das Skifahren im Harz hat eine lange Tradition. Im Winter 1890 konnten Schüler in Braunlage – einer Stadt im Harzer Landkreis Goslar – Skifahren sogar als Unterrichtsfach belegen. Heutzutage ist das Harzgebiet im Winter das perfekte Reiseziel für Tagestouristen aus Mitteldeutschland. Ein Tag reicht da allemal, denn von den wenigen Pisten, die es gibt, haben meist nicht alle geöffnet. Der Grund dafür ist auch gleichzeitig das Kernproblem der Harzer Wintertourismus: zu wenig Schnee.

Tief verschneiter Brockengipfel. Zukünftig auch im Winter ein Bild mit Seltenheitswert?

GettyImages, Iceman_76

Im Harz wird es immer weniger schneien

Im Jahr 2013 wurde das Skigebiet auf dem Wurmberg – mit 971 Meter das höchstgelegene Skigebiet im Harz – für rund zwölf Millionen Euro ausgebaut. Das ist ganz schön viel Geld, wenn man bedenkt, dass in schlechten Wintern die Pisten an vielen Tagen wegen Schneemangel und zu hohen Temperaturen schließen müssen. Schon jetzt haben die Betreiber der Skipisten mit der Häufung von zu warmen Wintern zu kämpfen. In den nächsten Jahrzehnten wird sich die Lage aber noch verschlimmern.

Der höchste Punkt des Harz ist der Brocken mit 1.142 Metern, die Harzer Skigebiete wie der St. Andreasberg oder der Wurmberg liegen entsprechend tiefer. Doch für Schneesportgebiete unterhalb 1.500 Metern wird eine dauerhafte Schneedecke zum Ausnahmefall werden. Das haben europäische Klimaexperten, darunter auch der Deutsche Wetterdienst, in einem Positionspapier aus dem Jahr 2019 festgehalten, das die Auswirkungen des Klimawandels auf den Wintersport thematisiert. Weiterhin prognostizieren sie, dass sich die Zeit, in der Schnee im Spätwinter fällt, um Wochen verkürzen wird. Zudem werden auch die Anzahl und Dauer von Tagen an denen eine künstliche Beschneiung möglich ist, verringert.

Schnee war im Harz nicht nur am Wurmberg in den letzten Jahren Mangelware.

GettyImages, Heiko119

Die Schneekanone ist keine langfristige Lösung

Doch ist es nicht längst Zeit, den Einsatz von Schneekanonen generell zu überdenken? Einst zur Verlängerung der Skisaison gedacht, ist der Einsatz von Schneekanonen in manchen Skigebieten an keinem Tag mehr wegzudenken. In Italien etwa sind fast 90 Prozent der Pistenfläche künstlich beschneit. Ganz so schlimm sieht es im Harz zwar nicht aus, doch der Gebrauch von Schneekanonen wird auch hier scharf kritisiert. Da wäre zum Beispiel der horrende Wasserverbrauch: In einer Saison werden pro Hektar künstlich erzeugtem Schnee mehr als 4.700.000 Liter Wasser verbraucht. Außerdem erhöht der künstliche Schnee die Menge des Schmelzwassers und greift somit in den Wasserhaushalt des hiesigen Ökosystems ein.

Doch der Gebrauch von Schneekanonen ist nicht nur unökologisch, sondern ab einem bestimmten Zeitpunkt einfach nicht mehr möglich: Für den Einsatz von Schneekanonen müssen die Temperaturen unter minus vier Grad Celsius liegen, die im Harz wegen der geringen Höhenlage seltener erreicht werden als zum Beispiel in den Alpen.

Die Schneekanonen können zwar auch bei höheren Temperaturen eingesetzt werden, doch die Voraussetzung dafür ist eine niedrige Luftfeuchtigkeit. Denn dann können die von der Schneekanone in die Luft gesprühten Wassertröpfchen besser verdunsten, weil die Luft mehr Wasser aufnehmen kann. Die Verdunstung eines Teils des Wassertröpfchens entzieht der Umgebung Wärme und sodass sich der andere Teil des Wassertröpfchens abkühlt und zu Eiskristallen gefriert. In den Harzer Skigebieten herrscht allerdings eine eher hohe Luftfeuchtigkeit, sodass der Einsatz von Schneekanonen weiterhin von der niedrigen Temperatur abhängt.

Rappbode-Talsperre mit der 2017 eröffneten Fußgängerhängebrücke.

GettyImages, Iurii Buriak

Der Harz hat mehr zu bieten als künstlichen Schnee

Es wird natürlich auch in 20 Jahren noch Tage unter minus vier Grad Celsius mit Schneefall geben, doch diese Tage werden eben immer seltener und warme Winter werden wahrscheinlicher. Es ist also keine Frage ob, sondern wann sich die Inbetriebnahme der Skipisten im Harz schlicht nicht mehr lohnt.

Doch zum Glück sind die Ski-Gondeln nicht das einzige Zugpferd im Harzer Wintertourismus. Von der Brockenwanderung über die Megazipline, die über die Rappbode-Talsperre führt, bis hin zu tollen Strecken für Mountainbikern oder Kulturangeboten in den fünf Klöstern des Harz: Es gibt genügend Gründe für Touristen in den Harz zu fahren, für die keine Schneekanonen angeworfen werden müssen.

Welche Rolle der Harzer Wintertourismus in Zukunft spielen wird, fasst Oliver Junk, Präsident des Harzklubs – einem Verein für Wandern, Naturschutz und Heimatpflege im Harz – so zusammen: "Wir werden nicht mehr das Geld verdienen mit dem Wintersport, deshalb müssen wir uns hin zu einem Ganzjahrestourismus entwickeln. Das gelingt uns schon sehr gut. Überall steigen die touristischen Zahlen. In Zukunft wird der Wintersport immer öfter nur die Sahne auf dem Kaffee sein."

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