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Was bei Donald Trumps Wiederwahl droht

Heute entscheidet sich in den USA, ob Kamala Harris oder Donald Trump in das Weiße Haus einziehen. In Umfragen liegen die beiden Präsidentschaftskandidaten nahezu gleichauf und liefern sich auch in den wichtigen „Swing-States“ ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Sollte Trump gewinnen, hätte das aber nicht nur für die USA weitreichende Folgen. Was hat Trump bei einer Wiederwahl vor? Und was können Folgen für Europa sein?
NPO, 05.11.2024
Donald Trump speaking with attendees at the Republican Jewish Coalition's 2023 Annual Leadership Summit at the Venetian Convention & Expo Center in Las Vegas, Nevada
Glaubt man seinen Äußerungen, weiß Donald Trump für den Fall seiner Rückkehr ins Weiße Haus schon genau, wo es lang gehen soll.

Vier Jahre lang war der Geschäftsmann und ehemalige TV-Host Donald Trump der Präsident der USA. Doch als er im November 2020 abgewählt wurde, weigerte er sich, dies anzuerkennen. Er sprach von einer „gestohlenen Wahl“, versuchte mit politischem Druck und gerichtlichen Maßnahmen die offizielle Anerkennung des Wahlergebnisses zu verhindern und stachelte schließlich am 6. Januar 2021 einen gewaltbereiten Mob zum Sturm auf das Capitol auf – den Sitz des US-Parlaments.

Zurzeit laufen mehrere Gerichtsverfahren gegen den Ex-Präsidenten – unter anderem wegen Steuerbetrugs und weiterer Finanzdelikte, aber auch wegen seiner Rolle an besagtem 6. Januar. Dennoch – für viele Europäer schwer nachzuvollziehen – kann Donald Trump sich erneut zur Wahl als US-Präsident stellen und wird von vielen Anhängern der Republikaner und seiner „MAGA“-Bewegung fast schon fanatisch verehrt.

Als Meister der Selbstdarstellung präsentierte sich Donald Trump im Oktober 2024 als Aushilfe in einer McDonalds-Filiale und verkündete anschließend auf X in Großbuchstaben: „Wenn ich Präsident bin, werden die Eismaschinen bei McDonalds wieder gut funktionieren!“ Wie ernst gemeint diese Aussage ist, sei dahingestellt. Jedoch verheißen einige andere seiner Wahlversprechen weitaus schwerwiegendere Folgen.

 Keine „Aufpasser“ mehr

Schon in Trumps Wahlkampfreden geben vielen Experten Anlass zur Sorge. Denn relativ unverblümt kündigt der ehemalige und möglicherweise auch zukünftige US-Präsident schwerwiegende Eingriffe in grundlegende demokratische Rechte und Institutionen an – von „Bereinigungen“ der Justizbehörden über Einschränkungen der Pressefreiheit bis hin zum Einsatz des Militärs gegen unliebsame politische Gegner, die er jüngst als „Feinde des Volkes“ titulierte.

Das Problem: In seiner ersten Amtszeit wurde Trump noch durch weniger radikal gesinnte, vernünftigere Regierungsvertreter und Mitarbeiter des Weißen Hauses an zu unbesonnenen, impulsiven Handlungen gehindert. Viele dieser ehemaligen Mitarbeiter Trumps haben sich allerdings inzwischen gegen ihn gestellt und warnen sogar vor einer Wiederwahl. Trump sei „ein Faschist bis ins Mark“, sagt kürzlich der ehemalige Marinegeneral John Kelly, einst Stabschef des Weißen Hauses unter Trump.

Sollte Trump erneut US-Präsident werden, könnte er seine radikalen Impulse weit stärker ausleben als zuvor, denn ihm werden die „Aufpasser“ in seinem Umfeld fehlen. Stattdessen wird erwartet, dass sich Trump dann primär mit Politikern umgibt, die ähnlich radikal denken wie er selbst oder die sich nicht trauen, ihm im Zweifelsfall zu widersprechen.

Schwächung der Justiz, der Bildung und des Umweltschutzes

Schwerwiegende Eingriffe könnte Donald Trump unter anderem im Justizsystem vollziehen. Er möchte Richter und Staatsanwälte entlassen, die nicht bereit sind, seiner politischen Agenda zu folgen – und die es daher lnach seiner Meinung auf eine Zerstörung Amerikas abgesehen hätten. Auch das Wahlsystem könnte durch eine republikanische Regierung unter Trump weiter erodieren. Schon jetzt wurden in vielen republikanisch regierten US-Bundesstaaten die für die Organisation und Überwachung der Wahlen verantwortlichen Beamten gegen Trump-Anhänger ausgetauscht. Ob nach einer weiteren Amtszeit Trumps überhaupt noch faire Wahlen möglich sein werden, ist offen.

In Sachen Bildung spricht sich Trump unter anderem für eine Abschaffung des Bildungsministeriums aus. Das Bildungsministerium ist vor allem dafür zuständig, finanzielle Unterstützung für staatliche Schulen bereitzustellen, die insbesondere für Kinder aus einkommensschwachen Familien und für Kinder mit Behinderungen essenziel sind. Wird ihnen weitere Unterstützung entzogen, könnte dies die Bildungs- und Aufstiegschancen vieler Kinder gerade auch aus Minderheiten, einschränken.

Weltweite Folgen könnten dagegen die von Trump angekündigten Maßnahmen im Energie- und Klimabereich haben: Beispielsweise möchte er von Joe Biden beschlossene Gesetze gegen den Klimawandel zurücknehmen und die Öl- und Gasproduktion in den USA ankurbeln. Auch ein erneuter Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen – wie schon während seiner ersten Amtszeit – ist durchaus wahrscheinlich.

Hohe Zölle für eine stärkere US-amerikanische Wirtschaft?

In seinem Wahlkampf hat Trump auch umfangreiche Zölle angekündigt. Konkret möchte er Zölle von 60 Prozent auf alle Einfuhren aus China und 10 bis 20 Prozent auf alle anderen Importe erheben – betroffen wären auch Waren aus Deutschland. Durch solche Zölle werden ausländische Waren teurer, was die inländisch hergestellten Waren schützen soll. „Donald Trump verfolgt mit seinen Zöllen das Ziel, die heimische Produktion zu stärken, also eine Importsubstitution anzuregen“, erklären Sebastian Dullien von der Hans-Böckler-Stiftung und seine Kollegen.

Allerdings: Anders als von Trump propagiert, würden höhere Zölle seinen Wählern kaum zugutekommen – eher im Gegenteil. Denn typischerweise schlagen die Hersteller von Importprodukten die höheren Kosten durch die Zölle auf den Preis ihrer Waren auf. Die Folge: Etwaige Zollerhöhungen durch Trump würden sich durch steigende Preise bemerkbar machen. Für die meisten US-Haushalte wäre dies demnach keine finanzielle Entlastung.

Doch auch der US-Wirtschaft insgesamt könnten höhere Zölle nach Ansicht vieler Experten eher schaden als nutzen. Denn wenn US-Bürger Waren wegen der durch den Zoll erhöhten Preise nicht mehr bezahlen können, kaufen sie weniger und die Kaufkraft sinkt. Dadurch wird auch die Wirtschaft der USA insgesamt geschwächt.

Würde China auf die erhöhten Zölle mit Vergeltungsmaßnahmen reagieren, könnte die Wirtschaft der USA zusätzlich Schaden nehmen. „Bemerkenswert ist, wie hart die US-Ökonomie in diesem Szenario getroffen wird. In der Spitze würde das BIP der Vereinigten Staaten 5 Prozent niedriger ausfallen als in der Situation ganz ohne neue Zölle“, erklären Dullien und seine Kollegen.

Schrumpfende Wirtschaft auch für Deutschland

Sollte Trump gewählt werden und die Zollerhöhungen umsetzen, wäre allerdings nicht nur die US-amerikanische Wirtschaft, sondern auch die deutsche und europäische Wirtschaft betroffen. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt – also die wirtschaftliche Leistung eines Landes – könnte dann Schätzungen zufolge um mehr als ein Prozent sinken.

„Erschwerend für die deutsche Wirtschaft käme hinzu, dass der Zollschock in einem Moment droht, in dem sich die Industrie nicht vollständig von dem Energiepreisschock infolge der russischen Invasion der Ukraine erholt hat und aufgrund der aggressiven Industriepolitik Chinas und der USA ohnehin unter Druck steht“, sagt Dullien. „Eine Möglichkeit für Deutschland und Europa gegenzusteuern wäre, eine expansivere Finanzpolitik zu betreiben, etwa durch ein schnelles Umsetzen eines kreditfinanzierten öffentlichen Investitionsprogramms.“

Deal mit Putin und keine Unterstützung für Selenskyj

Trumps Haltung gegenüber dem Ukrainekrieg ist nicht so eindeutig wie gegenüber dem Handel. Allerdings ist von Trump schon aus seiner ersten Amtszeit eine große Nähe und Sympathie für den russischen Präsidenten Wladimir Putin und andere autokratische Regierungschefs bekannt. Er soll auch nach seinem Ausscheiden aus dem Amt mehrfach mit Putin telefoniert haben.

Zwar sagte Trump in einem Interview mit CNN: „Wenn ich Präsident bin, werde ich diesen Krieg an einem Tag, in 24 Stunden, beendet haben.“ Aber wie genau er den Krieg beenden möchte, sagt Trump nicht. Es wird befürchtet, dass Trump bei einer Wiederwahl jegliche finanzielle und kriegsmaterielle Unterstützung für die Ukraine einstellt oder einen Deal mit Russlands Präsident Putin eingehen könnte.

Ein Austritt der USA aus der NATO unter Trumps Präsidentschaft wird für unwahrscheinlich gehalten. „Wahrscheinlicher scheint, dass er analog zu seiner ersten Amtszeit auch weiterhin starken Druck auf die NATO-Partner ausüben würde, um diese zu höheren Verteidigungsausgaben zu zwingen,“ schreibt die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg. Denn mit einem Austritt würden die USA wichtigen politischen Einfluss aufgeben.

Welche dieser und weiterer Wahlversprechen und Maßnahmen Donald Trump bei einer möglichen Wiederwahl jedoch tatsächlich umsetzen würde, bleibt ungewiss. Sicher ist, dass seine Präsidentschaft erhebliche Folgen sowohl für die USA selbst als auch für den Rest der Welt hätte.

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