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Verdauung im Dünndarm: Komplexe Zerlegungsarbeit

Was hat der Dünndarm zu tun?

Ihm unterliegt die Hauptverdauungsarbeit. Der aus dem Magen ankommende Speisebrei stellt eine Mischung aus intakten und halbverdauten Kohlenhydraten, Eiweißen, Fetten, Nukleinsäuren, Vitaminen und Mineralien dar. Sein Hauptbestandteil ist jedoch Wasser. Er ist zudem sehr sauer. Nach seinem Übertritt in den Zwölffingerdarm wird der Speisebrei durch alkalische Sekrete, nämlich durch den Verdauungssaft aus den Darmdrüsen des Zwölffingerdarms sowie den bikarbonatreichen Bauchspeicheldrüsensaft neutralisiert. Dadurch ändert sich der pH-Wert von zwei (stark sauer) auf Werte zwischen pH sieben und pH neun (neutral bis leicht alkalisch). Dieses Milieu begünstigt die Arbeit der Verdauungsenzyme. Die Nährstoffe können aufgespalten werden und ins Blut übergehen. Die glatte Muskulatur in der Dünndarmwand unterstützt den Verdauungsprozess.

Wie werden die Nahrungsbestandteile zerlegt?

Die chemische Verdauung erfolgt durch die Enzyme im Bauchspeicheldrüsensaft und die Saumzellenenzyme der Epithelzellen, welche die Dünndarmschleimhaut bedecken.

Komplexe Kohlenhydrate: Komplexe Kohlenhydrate, z. B. Stärke, bestehen aus der Verknüpfung vieler Einfachzucker (Glucose). Bei der Verdauung wird zunächst das riesige Stärkemolekül in kleinere Bruchstücke zerlegt. Bei diesem Prozess entsteht der Zweifachzucker Maltose. Diese Verbindung wird anschließend weiter in einzelne Glucosemoleküle aufgespalten. Auch andere, mit der Nahrung aufgenommene Zweifachzucker wie Rohrzucker (Saccharose) und Milchzucker (Lactose) werden in die Einfachzucker Glucose und Fructose bzw. Glucose und Galactose aufgespalten.

Eiweiße: Eiweiße sind langkettige Verbindungen von Aminosäuren. Zu Beginn des Verdauungsprozesses werden die Eiweiße in kürzere Einheiten, die Peptide, zerlegt. Dieser Prozess beginnt schon im Magen. Danach erfolgt die schrittweise weitere Aufspaltung durch Verdauungsenzyme (Peptidasen) in einzelne Aminosäuren.

Fettsäuren und Monoglyceride: Die Galle, die gleichzeitig mit dem Bauchspeicheldrüsensaft in den Dünndarm gepresst wird, ist unverzichtbar für die Fettverdauung. Die Gallensäuren emulgieren größere Fettkügelchen und spalten sie in winzige Fetttröpfchen auf. Die zahlreichen kleinen Fetttröpfchen bilden eine große Oberfläche für die Wirkung des Enzyms Pankreaslipase, die das Fett in seine Bestandteile zerlegt. Fette und Öle bestehen aus größeren Molekülen, den Triglyceriden. Jedes Triglycerid ist aus Glycerin und drei Fettsäuren zusammengesetzt. Unter dem Einfluss der Lipasen werden die Triglyceridmoleküle jeweils in zwei Fettsäuren und ein Monoglycerid – die Verbindung zwischen einem Glycerinmolekül und einer Fettsäure – aufgespalten.

Nukleinsäuren: DNA (Desoxyribonukleinsäure) und RNA (Ribonukleinsäure) sind riesige, komplexe Moleküle. In einem ersten Schritt werden sie in immer noch große Einheiten, die als Nukleotide bezeichnet werden, aufgespalten. Diese werden dann in ihre Untereinheiten, die aus stickstoffhaltigen Basen, Pentosen (Zucker) und Phosphaten bestehen, zerlegt.

Was passiert mit den entstandenen Nahrungsmolekülen?

Glucose und andere Einfachzucker, Aminosäuren und die Spaltprodukte der Nukleinsäuren gelangen über die Saumzellen des Dünndarmepithels in deren Blutkapillarnetz und mit dem Blut über die Leberpfortader in die Leber, wo sie weiterverarbeitet werden. Fettsäuren und Monoglyceride verbinden sich mit Gallensäuren, Cholesterin und Eiweißen und bilden Molekularverbände, genannt Mizellen. Diese stellen einen Kontakt zwischen den gespaltenen Fettbausteinen und der Oberfläche der Epithelzellen her. Fettsäuren und Monoglyceride gehen aus den Mizellen in die Epithelzellen der Dünndarmzotten über, wo sie wieder zu Triglyceriden zusammengesetzt werden. Diese gelangen in die Lymphgefäße der Darmzotten. Von dort werden sie über größere Lymphgefäße in den Blutkreislauf eingeleitet.

Auch Mineralien wie Eisen und Kalzium und die meisten wasserlöslichen Vitamine gehen in das Blutkapillarnetz der Dünndarmzotten über. Das Vitamin B12 kann allerdings nur mithilfe des vom Magen gebildeten Intrinsic factor resorbiert werden. Die fettlöslichen Vitamine lösen sich in den Mizellen auf und werden zusammen mit den Fettsäuren resorbiert.

Muss sich der Dünndarm auch bewegen?

Ja. Ein gewisser Anteil der Verdauungsarbeit findet mechanisch statt. Eine örtlich begrenzte Kontraktion der Ringmuskulatur verursacht eine Darmbewegung, die als Segmentation bezeichnet wird. Sie bewegt Speisebrei und Dünndarmsaft hin und her, vermischt den Speisebrei mit den Enzymen und bringt in den abschließenden Verdauungs- und Resorptionsphasen den Speisebrei in Kontakt mit den Saumzellen. Eine abwechselnde Kontraktion der Ringmuskulatur und der Längsmuskulatur produziert peristaltische Kontraktionswellen, die den Speisebrei durch den Dünndarm in Richtung Dickdarm drücken.

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