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E-Mobilität: Amsterdam unter Strom
In deutschen Städten herrscht dicke Luft - und das nicht erst seit gestern. In vielen Ballungsgebieten der Republik werden die zulässigen Grenzwerte für Stickstoffdioxid seit Jahren deutlich überschritten. Vor allem die Verbrennungsmotoren von Autos und Motorrädern verpesten die Luft mit diesem gesundheitsschädlichen Gas und lassen die Feinstaubwerte in den Städten nach oben schnellen. Feinstaubalarm, das ist mancherorts fast schon zum Normalzustand geworden.
Aus diesem Grund hat die EU-Kommission inzwischen sogar ein Verfahren gegen Deutschland eingeleitet. Doch wie es scheint, sehen die Deutschen nur langsam ein, dass sich etwas ändern muss. So sorgte kürzlich etwa die Entscheidung der Stadt Stuttgart, der stark belasteten Luft von 2018 an mit kurzfristigen Fahrverboten für bestimmte Dieselfahrzeuge entgegenzuwirken, für einen heftigen Aufschrei in der Bevölkerung.
4.000 Ladestationen bis 2018
Doch während sich hierzulande manch einer noch über angeblich zu strenge Maßnahmen aufregt, zeigt ein Blick zu unseren niederländischen Nachbarn in Amsterdam: Es geht auch anders. Als für das Jahr 2010 die neuen, verschärften Grenzwerte der Europäischen Union zur Vermeidung von Luftverschmutzung angekündigt wurden, da legte die Hauptstadt direkt los - und rief die Initiative "Amsterdam Elektrisch" ins Leben.
Seitdem hat Amsterdam konsequent die Elektromobilität forciert. Zunächst sorgte die Stadt für die nötige Infrastruktur und errichtete Jahr für Jahr neue Ladestationen. Bei uns stehen die Stromtankstellen höchstens lückenhaft zur Verfügung, im Amsterdamer Stadtgebiet gab es im Jahr 2015 bereits 1.200 davon. Im kommenden Jahr sollen es 4.000 sein. Damit die Autos dort mit sauberem Strom geladen werden können, investierte Amsterdam zudem in zahlreiche Projekte zum Einsatz erneuerbarer Energien.
Mit E-Auto geht’s schneller
Gleichzeitig motivierte die Stadt ihre Bürger dazu, die neuen Möglichkeiten tatsächlich zu nutzen. Dabei ging sie gewissermaßen nach dem Prinzip Zuckerbrot und Peitsche vor: Sie stellte Gelder zur Verfügung, um den Kauf von Elektro-PKW zu subventionieren. Außerdem lockte sie mit kostenlosen Ladezeiten, platzierte E-Autos auf der Warteliste für Anwohner-Parkplätze ganz oben und beschleunigte die Fahrzeugzulassung.
Nutzer von Verbrennungsfahrzeugen hingegen müssen auf eine Neuzulassung für den City-Bereich inzwischen mitunter Jahre warten - und dürfen auch dann längt nicht mehr überall fahren. Denn in Amsterdam gelten strenge Abgasgrenzen für die Innenstadt. Es wurden Umweltzonen errichtet und Fahrverbote beschlossen.
Stromtaxis mit Privilegien
Angesichts dieser Entwicklungen wundert es nicht, dass sich Amsterdam auch zu einer Metropole der Elektrotaxis entwickelt. Dank städtischer und staatlicher Zuschüsse beschließen immer mehr Unternehmen, ihre Flotte mit elektrisch angetriebenen Fahrzeugen aufzurüsten - oder setzen wie die 2011 gegründete Firma "Taxi Electric" gleich nur noch auf Elektroantrieb.
Durch die Förderungen von bis zu 10.000 Euro pro Auto sowie die geringeren Wartungskosten reduzieren sich die Fahrtkosten pro Kilometer im Vergleich zu konventionell angetriebenen Taxis erheblich. Ein weiterer Pluspunkt: Am Flughafen und am Bahnhof dürfen die E-Taxis an besonders günstig gelegenen Wartebereichen auf Kundschaft warten.
Bei den Fahrgästen kommen die Stromtaxis offenbar gut an: "An den Reaktionen unserer Kunden ist zu erkennen, dass wir auf dem richtigen Weg sind, denn die Nachfrage nach emissionsfreien Fahrzeugen wächst stetig. Für uns sind Elektrofahrzeuge die Zukunft", hieß es vor zwei Jahren etwa in einer Mitteilung der Taxizentrale TCA, zu deren Flotte schon damals immerhin 50 Elektroautos gehörten.