Wasser, Wind und Einsamkeit
Walter Hoerenz ist wohl ein Unikat: Deutschlands letzter Leuchtturmwärter hat 37 Jahre lang seinen Dienst auf der vorpommerschen Ostsee-Insel Hiddensee versehen. Keiner seiner Kollegen hat es in der Geschichte der deutschen Seefahrt so lange auf einer Station ausgehalten, er hatte aber auch das Glück, Deutschlands erste Leuchtturmwärterin, seine Frau Ingeborg, ab 1961 an der Seite zu haben. 1998 wurde er mit 65 Jahren feierlich vom Wasser- und Schifffahrtsamt in Stralsund verabschiedet, nach fast vierzig Jahren in einem Beruf, den es heute gar nicht mehr gibt.
Herr Hoerenz, überwiegt bei Ihnen der Stolz, als letzter Leuchtturmwärter in die Analen eingegangen zu sein oder die Trauer, dass es Ihren ehemaligen Job inzwischen gar nicht mehr gibt?
Am Tage meines Ausscheidens empfand ich sowohl Stolz, der „Letzte“ in Deutschland gewesen zu sein, der diesen Beruf wahrscheinlich auch am längsten ausgeübt hat, aber auch Wehmut, dass wieder ein Beruf - noch dazu ein so schöner und romantischer - der allgegenwärtigen Automatisierung zum Opfer gefallen ist.
Herr und Frau Hoerenz, Sie haben Ihr ganzes Leben an der Küste verbracht, könnten Sie sich vorstellen, in die Berge zu ziehen?
Die Berge sind mal im Urlaub eine Abwechslung, aber uns würde die Weite fehlen, der Wind und der Blick über die weite See. Wegen der Abgeschiedenheit sind wir zwar von der Insel wieder aufs Festland in die Nähe von Stralsund gezogen, aber so leben wir immer noch in der Nähe des Wassers. Bei schönem Wetter sehen wir die Insel und den Leuchtturm - Herz, was willst du mehr!
Wie würden Sie Ihre Beziehung zum Wasser beschreiben?
Unsere Beziehungen zum Wasser sind schon in der Kindheit geprägt worden, da wir beide am Wasser aufgewachsen sind. Wir halten uns einfach gerne am Wasser auf, auch auf Reisen zieht es uns oft auf Inseln, speziell auf die Kanaren, Madeira und Zypern. Wir mögen das Weite, das Wasser und die Seeluft.
Sehen Sie Ihren ehemaligen Arbeitsplatz eher als Land- oder als Wasser-Arbeitsplatz an?
Rügen war von unserem Arbeitsplatz aus fast immer zu sehen, trotzdem mussten wir das Schiff benutzen, um aufs Festland oder nach Rügen zu kommen - so gesehen war es ein Wasser-Arbeitsplatz. Aber Hiddensee ist groß genug - also doch ein Land-Arbeitsplatz!