1980 hatte ich das Glück die Band ATHLETICO SPIZZ`80 im Londoner Marquee Club zu sehen. Das tollste an dieser beweglichen Gruppe war die ständige Umbenennung. Das ging von SPIZZOIL über SPIZZENERGI (mit dem tollen Hit „Where`s Captain Kirk?“), bis zu jenem Zeitpunkt ATHLETICO SPIZZ`80. Grundidee dieses ständigen, freiwilligen Umbetitelns war das sich Entziehen gegenüber einem fest gezurrten Labeling, um somit keine starr abgepackte Marke werden zu können. Ein feiner Zug weit vor den Zeiten der jetzigen Kettenprodukt- Monopolisierung. Ein quasi voraus geschautes „No Logo“ als praktischer Vorgang.
Das Echo weilt aber auch in eigenen Breiten: Wechselpseudonymer Nummer eins im hiesigen Kartoffelland ist fraglos Jan Phillip Eißfeldt a.k.a. Jan Delay a.k.a. Eizi Eiz a.k.a.(n`t get no satisfaction). Eben-noch-hier-und-jetzt-schon-da. Ein neuer Jan ein neuer Anfang. Chefstyler, Headliner und Sportsfreund Delay schickt sich an mit seiner aktuellen Soloplatte „Mercedes Dance“ einen neuen großen Haken zu schlagen. Sich nicht greifen lassen. Hermaphrodit statt Hirnaffendieter. Die enorme Drehung gelingt ohne leichte Verluste aber mit schwerer Losung. Und jetzt alle auf einmal und dann komplett zusammen: Reggae ist tot, Funk ist dran! In Edeltuning! Mit Hilfe einer richtigen Band bestehend aus einigen funkelnden Profis, ist hier erlesenster Edelstoff aufgeschichtet worden. Mercedes. Gute alte S-Klasse. Wieder so ein riesiges Monster geschaffen. Quer, gleichzeitig, direkt und nach Stilvorlagen von Helge Schneider bis Bob Dylan. Unser Echtwagenfahrer und Polyesterfeind, halb B-Boy und halb Boheme, mag die Haltung von Punk und den Style vom Jazz, die Bässe von Reggae und die Beats vom Rap. Größter Fehler wäre seiner Meinung nach ein gemeinsamer Track mit Björk.
Seine Themen holt sich Jan Delay vor der Haustür ab, denn: nach siebzig Jahren Grobmotorik weiß man hinreichend um die Auswirkung auf das Kartoffelland, wo es statt Davis-Miles einen Lagen-Klaus hat und wo der Flavour braun und der Groove der Marsch ist unter den Weißbesockten und Karottenbejeansten. Das sind dann die, die FDP wählen und nebenher den „Schuh des Manitu“ zur Furore verhelfen, es sind die, die keine Experimente und kein Risiko wollen und es sind die, die jedes leidenschaftliche Feuer löschen mit sicherer Rente und Verträgen bei der Allianz. Und deshalb plätschert nur Langeweile aus ihrem C-Rohr. Freiwillige Angstbrigaden mit verstopften Löschschläuchen voller Kompromisse. Einige Anderswillige können nun nicht mehr. Sie wurden zu Kirchturmkandidaten heran gezüchtet, die den Fight gegen die Power oder gegen die Schrott-Pcs mit Fragezeichenanleitungen nur verlieren konnten, wenn sie nicht vorher noch die Panzerfaust aus dem Carport geholt haben.
Mit angewiderter Miene und doch frohem Blickwinkel aus der Beobachtung der ganz normalen Fratze, welche sich zivile Bevölkerung nennt, bastelt sich Jan Delay seine Spiegel und ruft auf zur Beteiligung.
Will er am Ende vielleicht doch, dass wir seine Lieder singen? Wichtiger scheint ihm aber die Frage wieso Geld mehr zählt als Würde? Erster Preis ist das Palituch seiner Majestät und ein Tanz im offenen Mercedes.
Glück auf!
Schorsch Kamerun