“Non scholae, sed vitae discimus”, sagt der Lateiner. Und wer das in “Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir” übersetzen kann, gilt gemeinhin als klassisch gebildet. “Klassisch” gebildet bezieht sich durchaus auf das klassische Altertum. Alte Sprachen wie Latein oder Griechisch und das Büffeln von Zitaten und entlegenem Bildungsgut galten bislang als wichtiger Bestandteil einer fundierten Allgemeinbildung. Wenn wir das Eingangszitat allerdings wörtlich nehmen, stellt sich die Situation für viele Experten wie folgt dar: Mit Latein und Griechisch allein lässt sich im Informations- und IT-Zeitalter kein Blumentopf mehr gewinnen. Wie sehen die Alternativen der Bildung im 21. Jahrhundert aus? Faktenwissen, IT-Qualifikationen oder doch das tradierte, “klassische” Wissensgut?
Klassische Bildung als Basis?
Johann Wolfgang von Goethe hat der Nachwelt nicht nur zeitlos schöne Gedichte und Dramen wie “Prometheus” oder den “Faust” hinterlassen, sondern gemeinsam mit dem Philosophen und Sprachforscher Wilhelm von Humboldt im späten 18. Jahrhundert so etwas wie den Begriff einer klassischen Bildung geprägt. Umfassend soll der Mensch gebildet sein, und das hieß, dass die Schüler in den Naturwissenschaften genauso unterrichtet werden sollten wie in den Sprachen und den schönen Künsten.
“Edel sei der Mensch, hilfreich und gut!”, fordert Goethe in seinem Gedicht “Das Göttliche”. Und formuliert damit die erhofften Nebenwirkungen einer humanistischen, also einer auf das Bestreben nach einer echten Menschlichkeit ausgerichteten Bildung. Der humanistische Bildungsbegriff wurde aber in einer Zeit formuliert, als nur wenige Menschen eine höhere Schulbildung genießen durften und das Ideal einer Universalbildung schon allein deshalb leichter angestrebt werden konnte, weil das verfügbare Wissen der Goethe-Zeit nur einen Bruchteil des Wissens der Gegenwart ausmachte.
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass acht Stunden Latein und sieben Stunden Griechisch wöchentlich nicht unbedingt aus Kindern bessere Erwachsene machen. Heftig wird darüber diskutiert, was der Nachwuchs künftig wissen sollte – durchaus sehr kontrovers. So fürchten die einen, dass die humanistische Bildung zugunsten modernen Wissens von den Schulbänken ferngehalten werden könnten. Andere wiederum erlauben sich die ketzerische Frage, ob es nicht besser sei, deutsche Geschichte auf Englisch zu lernen, statt römische auf Deutsch.