Die Kreuzzüge
Ein byzantinisches Hilfeersuchen an Papst
Gregor VII. 1074 blieb unerfüllt, da Gregor im Machtkampf mit dem deutschen König
Heinrich IV. gebunden war. Schließlich rief der Nachfolger Gregors, Papst
Urban II., nach einem neuerlichen Hilfeersuchen auf der Synode zu Clermont-Ferrand 1095 zum Krieg gegen die Ungläubigen und zur Befreiung und Verteidigung Jerusalems auf. Damit hoffte er, sich gegenüber den weltlichen Mächten als Führer des Abendlandes zu positionieren. Die nun losbrechende Kreuzzugsbewegung war allerdings nicht im Sinne von Byzanz, das lediglich eine disziplinierte Hilfstruppe für einen begrenzten Feldzug in Kleinasien erwartet hatte.
Durch Hunderte von Predigern verbreitet, traf der Kreuzzugsaufruf Urban II. beim einfachen Volk auf fruchtbaren Boden. Ungeordnete und begeisterte Massen unter
Peter von Amiens (
† 1115) zogen ins Heilige Land und wurden 1096 vernichtend geschlagen. Im selben Jahr formierten sich vier Heereszüge aus nord- und südfranzösischen, lothringischen, flämischen, englischen und normannischen Rittern unter Führung
Gottfrieds von Bouillon u.
a. zum
1. Kreuzzug (1096
–1099). Aus Versorgungsgründen marschierten die Ritter zeitlich gestaffelt auf unterschiedlichen Wegen. 1097 trafen sie schließlich in Konstantinopel ein, wo sie einen Lehenseid auf Kaiser
Alexios I. Komnenos schwören mussten. 1099 eroberten die Kreuzfahrer Jerusalem und richteten unter der muslimischen und jüdischen Bevölkerung ein Blutbad an. Auf die Eroberung folgt die Errichtung eines christliches Königreiches mit kleineren
Kreuzfahrerstaaten.
Als der Kreuzfahrerstaat Edessa 1144 von den Seldschuken erobert wurde, rief
Bernhard von Clairvaux zu einem
2. Kreuzzug (1147
–1149) auf. Der deutsche König
Konrad III. und der französische König
Ludwig VII. zogen mit zwei Heeren in engem zeitlichen Abstand ins Heilige Land. Das Unternehmen endete mit einer militärischen Katastrophe und Edessa blieb in der Hand der Seldschuken. Gleichzeitig fand 1147 ein sog.
Wendenkreuzzug gegen die Slawen Mecklenburgs und Pommerns statt.
Die Eroberung Jerusalems durch Sultan
Saladin (1187) gab Anlass zum
3. Kreuzzug (1189
–1192), zu dem Kaiser
Friedrich I. aufbrach und an dem sich auch der englische König
Richard Löwenherz und König
Philipp II. August von Frankreich beteiligten. In England und Frankreich wurde eine Kreuzzugssteuer zur Finanzierung des Unternehmens erhoben. Der den Landweg wählende Kaiser ertrank 1190 in Kleinasien. Engländer und Franzosen, die den Seeweg gewählt hatten, konnten 1191 Akko erobern und den Küstenstreifen von Tyros bis Jaffa sichern, so dass die Kreuzfahrer wieder eine begrenzte territoriale Basis erhielten.
Der 4. Kreuzzug (1202–1204) blieb ohne deutsche Beteiligung und wurde von der Stadtrepublik Venedig unterstützt, die erhebliche ökonomische Interessen im Nahen Osten hatte. Der venezianische Doge Enrico Dandolo zwang die Kreuzfahrer zunächst zur Eroberung der christlichen Stadt Zara (Zadar) an der dalmatinischen Küste, die dadurch in venzianischen Besitz kam. Auch die Eroberung Konstantinopels 1204, mit der der 4. Kreuzzug endete und wo das Lateinische Kaiserreich errichtet wurde, waren im venzianischen Machtinteresse.
Die Plünderung Konstantinopels
Die Plünderung Konstantinopels
Voller Abscheu berichtet Niketas Choniates über die Eroberung und Plünderung Konstantinopels durch die Kreuzfahrer im Jahr 1204. Den von ihnen eingesetzten Patriarchen schildert er als unwürdigen Barbaren:
"...Aus Venetia (kam) ein gewisser Thomasios, um Patriarch von Konstantinopel zu sein. Er war von mittlerer Größe und feister als ein Mastschwein. Sein Gesicht schabte er sich ebenso wie die anderen Männer seines Volkes mit dem Messer glatt und zupfte peinlich genau die Haare seiner Brust aus, genauer als ein aufgelegtes Pechpflaster es hätte tun können. Er trug ein Gewand, das aussah, als wäre es seiner Haut angewebt, und das jeden Tag am Unterarm neu zusammengenäht wurde. Er drehte einen Ring an seinem Finger und zog manchmal auch aus Leder verfertigte und in einzelne Fingerlinge gespaltene Handschützer an.
Der Priesterschaft, die neben ihm am Opfertisch beschäftigt war, sah man an, dass sie aus der gleichen Töpferei stammte. Sie glichen in Kleidung und Lebensweise ... ganz ihrem Oberhaupt.
Von der Startlinie an, wie man so sagt, zeigten die Lateiner die ihrem Volke eigentümliche Goldgier und dachten sich einen neuartigen Weg aus, um zu Gold zu kommen, etwas, was noch keinem einzigen der vielen Plünderer der Kaiserstadt eingefallen war. Und zwar öffneten sie in dem Heroon, welches rings um die große Kirche der Jünger Christi angelegt ist, die Kaisergräber, plünderten des Nachts sämtliche aus und steckten in ihrer verworfenen Ruchlosigkeit alles, was etwa noch in ihnen war, Goldschmuck, Perlen, strahlende Edelsteine, in ihre Taschen."
Den
5. Kreuzzug brach Kaiser
Friedrich II. 1227 zunächst krankheitsbedingt ab. Dies führte zum Konflikt mit Papst
Gregor IX., der den Kaiser bannte. Dennoch zog Friedrich ins Heilige Land (1228) und schloss einen Vertrag mit dem Sultan
Al-Kamil über die Abtretung Jerusalems, das aber 1244 wieder verloren ging.
Sultan warnt Ludwig IX.
Sultan warnt
Ludwig IX.
Sultan Al Malik antwortet auf einen
drohenden Brief des französischen Königs Ludwig IX.,
der zwischen 1248 und 1254 den 6. Kreuzzug führte und bei einem weiteren
Kreuzzug gegen Tunesien 1270 zu Tode kommt:
Dein Brief ist eingetroffen, in dem du mir mit der Masse deiner
Heere und der Zahl deiner Tapferen drohst. Wir sind aber ein kriegerisches
Volk; keiner unserer tapferen Streiter fiel, ohne dass wir ihn ersetzt hätten,
und kein Feind hat je gewagt, uns anzugreifen, ohne dass wir ihn ausgelöscht
hätten. Verblendeter! Könnten deine Augen die Schärfe unserer
Schwerter erkennen, die Wucht unserer Verwüstungen, die Burgen und Küsten,
die wir eroberten, die Länder, die wir früher oder jetzt verwüsteten.
- du bissest dir vor Reue in die Finger! Vom Schicksal ist es dir bestimmt,
an einem Tag zu stürzen, der uns zu Nutzen beginnt und dir zu Schaden
endet. Dann verfluchst du dich, 〉und die Frevler sollen wissen, welches
Ende ihrer harrt〈 ... Wir beziehen und auf Gottes Wort, des immer Wahrhaftigen: 〉Wie
oft hat eine kleine Schar eine große Schar mit Gottes Erlaubnis besiegt,
und Gott ist mit den Ausdauernden〈 und auf das Wort der Weisen: 〉Wer
sich überhebt, stürzt〈; so wird deine Anmaßung dich fällen
und dich ins Unglück stürzen. Sei gegrüßt."
Der 6. Kreuzzug (1248
–1254) war der erste Kreuzzug des französischen Königs
Ludwig IX. In Ägypten konnte 1249 Damiette kampflos eingenommen werden. Vor Kairo wurde der König mit seinem Heer 1250 gefangen gesetzt. Gegen ein hohes Lösegeld und die Rückgabe Damiettes kam Ludwig aber frei. Auf dem
7. Kreuzzug 1270 erlag Ludwig IX. vor Tunis einer Seuche.
1291 wurde durch die muslimische Eroberung Akkos die letzte christliche Bastion im Heiligen Land beseitigt.
Dem Kreuzzugsgedanken waren inzwischen vom Papsttum neue Stoßrichtungen gegeben: 1209 wurde gegen die
Albigenser, 1232 gegen die
Stedinger Bauern zum Kreuzzug aufgerufen. Von dem 1198 im Heiligen Land gegründeten
Deutschen Orden wurde der Kampf gegen die noch nicht christianisierten
Pruzzen und Litauer an der Ostgrenze des Reiches gleichfalls im Zeichen des Kreuzes geführt.